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Im Schatten der Mitternachtssonne

Im Schatten der Mitternachtssonne

Titel: Im Schatten der Mitternachtssonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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wüßte, daß ich hier bin, würde er mich töten!«
    »Wenigstens bin ich kein Verräter. Wenn ich sterben muß, so habe ich wenigstens keine Schmach und keine Schuld auf mich geladen.«
    »Du eingebildeter Dummkopf!« Sie schlug hart zu. Egills Kopf schnellte nach hinten, aber er wich nicht von der Stelle. Er griff sie auch nicht an. Seine Haltung wurde nur noch fester, und er blickte sie voll Verachtung an.
    »Verdammt noch mal, du bist frei. Ich habe dem König ein Vermögen an Silbermünzen für dich bezahlt. Es ist mir gleichgültig, ob du mit mir kommst oder nicht. Ich habe meine Pflicht getan.« Sie fuhr herum, hielt inne und drehte sich langsam wieder ihm zu. »Hör zu, Junge: Ich war die Gefährtin deines Vaters, ich habe sein Haus geführt, er konnte mir unbesorgt die Verwaltung von Malek überlassen. Es war mein Hof ebenso wie seiner! Ich war ihm mehr als eine Ehefrau sein konnte, denn ich bin sein Fleisch und Blut. Ich habe mich um alles auf Malek gekümmert, selbst um seine Frauen, und dennoch hat er mich für die dreckige Hure weggeworfen. Und dann noch die Schwester der Hure, diese erbärmliche Mißgeburt! Da hockt sie hinter dir, genau wie ihre Schwester sich hinter Magnus versteckt und ihm Lügen über mich erzählt hat!
    Und dann hat sie mich auch noch beschuldigt, ich hätte sie verprügelt und schlecht behandelt. Alles Lügen, alles, was sie gesagt hat, war gelogen. Bleib bei ihrer schwachsinnigen Schwester, Egill! Mir ist es egal.« Sie trat einen Schritt auf Lotti zu und hob die Hand.
    »Tu das nicht«, sagte Egill. »Faß sie nicht an, oder du wirst dafür bezahlen. Ich bin kein Kind mehr. Mein Vater hat mich gelehrt, Menschen zu beschützen, die schwächer sind als ich. Lotti ist nicht nur in meiner Obhut, sie gehört zu mir.«
    Ingunn starrte den Jungen an. Ihm war ernst mit dem, was er sagte. Er würde sie sogar angreifen, sie, die sich nach Dallas Tod seiner angenommen hatte, die ihn wie ihren eigenen Sohn behandelt hatte. Plötzlich ertrug sie das alles nicht mehr. Tränen stürzten ihr aus den Augen, sie schluchzte laut auf, drehte sich auf dem Absatz um und verließ das Haus. Abrupt blieb sie stehen, unfähig weiterzugehen. Bei Thor, würde das nie aufhören? Wieder war sie unschlüssig, zornig auf den Jungen, wußte aber, was sie zu tun hatte, ja, sie wußte es. Sie hatte keine Wahl.
    König Guthrums Finger glitten über die reich geschnitzten Armlehnen seines Stuhles. Vor ihm stand Magnus Haraldsson, den er ohne Zögern vorgelassen hatte. Der Mann hatte sein Vertrauen, soweit irgendein Mann sein Vertrauen genoß. Außerdem war er höchst neugierig, welches Anliegen er vorzubringen hatte.
    »Soso«, meinte er gedehnt, die Augen auf seine Hände und die Eichenschnitzereien gerichtet. »Der Junge ist dein Sohn. Er kam mir irgendwie bekannt vor; Aslak erging es nicht anders. Ja, er sieht dir ähnlich. Seine Tante hat ihn mir abgekauft und hat ihn mitgenommen. Das war erst gestern. Ich nehme an, er ist bereits außer Landes.«
    »Und das kleine Mädchen? Ihr Name ist Lotti.«
    »Ja, ich erinnere mich an die Kleine. Die Frau wollte sie nicht haben, obgleich selbst meine liebe Cecilia wußte, daß die beiden Kinder unzertrennlich waren. Sie waren beinahe wie Zwillinge. Vermutlich hat meine, ehm, Nichte Cecilia sie behalten.«
    Guthrum hörte Zarabeths scharfes Einatmen und wandte sich an sie.
    »Jetzt erkenne ich dich. Du bist die Frau, der Magnus vor einigen Monaten das Leben gerettet hat, die Frau, von der wir glaubten, sie habe Olav den Eitlen vergiftet. Merkwürdig, ja, sehr merkwürdig.«
    »Was meint Ihr, Sire? Ich habe meinen Ehemann nicht vergiftet.«
    »Ja, alle wissen jetzt, daß man dich zu Unrecht dieses Mordes beschuldigt und verurteilt hat. Toki hat ihn umgebracht. Keiths Frau. Sie lebt nicht mehr.« Er rieb die Hände aneinander, sichtlich zufrieden mit dieser Lösung.
    Magnus blickte dem König forschend ins Gesicht, nachdenklich über die Launen des Schicksals. Wäre er damals nicht zurückgekehrt, wäre Zarabeth für ein Verbrechen hingerichtet worden, das sie nicht begangen hatte. Toki war die Schuldige, und nun war sie tot. Bei den Göttern, das war mehr, als ein Mann sich erklären konnte.
    Zarabeth brachte einige seiner Gedanken zum Ausdruck, als sie mit ungläubiger Stimme fragte: »Tot? Hat Toki ihre Untat gestanden?«
    König Guthrum schüttelte den Kopf. »Nein. Ihr Ehemann berichtete dem Ältestenrat, daß sie die Mörderin seines Vaters war, nicht du, Zarabeth.

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