Im Schatten der Mitternachtssonne
Du magerst ab und verlierst deine weiblichen Reize, noch ehe du gelernt hast, damit umzugehen. Es gibt wenig Gründe, Zarabeth, warum ein Mann dich kaufen sollte. Du hast ihm wenig zu bieten. Nein, ich muß dich wohl oder übel behalten, bis du gelernt hast, deine Hände und deinen Mund zu benutzen, bis zu gelernt hast, mich so in dir aufzunehmen, daß ich vor Lust beinahe verrückt werde von deinen zärtlichen Worten und Liebkosungen.«
»Darauf kannst du lange warten, denn dazu bin ich nicht bereit. Mein Körper läßt mich zwar manchmal im Stich, aber ich werde nicht von dir lernen, Magnus. Ich werde nicht zulassen, daß du wieder in mich dringst.«
»Wir werden sehen. Behalte deine bösen Worte für dich. Du brauchst jetzt Ruhe.«
Mehr war nicht zu sagen. Sie fühlte sich matt und leer, kampfesmüde. Sie schloß die Augen und drückte ihr Gesicht in die Kissen.
»Meine Mutter hat dir die Salbe geschickt. Sie hat sie selbst gemacht. Damit hat sie die Wunden von uns Kindern eingerieben. Sie heilt und lindert die Schmerzen.«
»Wieso hat deine Mutter gewußt, daß die Salbe gebraucht wird?«
Einen Moment war er um eine Antwort verlegen. »Weil unsere aufgebraucht war. Und einer ihrer Haussklaven brachte zufällig einen frischen Topf vorbei. Eigentlich ist sie zu schade, um sie an eine Sklavin zu verschwenden.«
»Wisch sie wieder ab. Ich habe dich nicht darum gebeten.«
»Nein, du hast mich noch nie um etwas gebeten.« Er beugte sich vor und riß die Decke weg. Sie schrie auf und versuchte sich aufzurichten. Er legte seine flache Hand auf ihre Hüfte und drückte sie nach unten. »Ich will dich ansehen. Es wäre grausam, dich jetzt zu nehmen. Und ich hätte nicht viel Freude an deinem Wimmern und deinem Geschrei.«
Magnus wußte, er mußte damit aufhören. Sie hatte seinen Stolz verletzt, aber nun verletzte er sie, und sie konnte sich nicht wehren. Er wurde ebenso gemein wie Ingunn. Er betrachtete ihre weißen Hinterbacken, glatt und wohlgerundet, und er spürte sie unter seinen Händen. Er betrachtete ihre langen, schlanken, muskulösen Beine. Er sah sie auf dem Rücken liegen, fühlte sich tief in ihr, ihre Beine um seine Hüften geschlungen, und er stöhnte vor Lust auf und wollte immer in ihr bleiben, immer und immer . . .
Er zog ihr die Decke wieder bis zu den Hüften hoch. Seine Hände zitterten. »Ich möchte, daß du jetzt ruhst, Zarabeth. Du bleibst hier liegen, bis ich dir sage, daß du aufstehen kannst. Ein Mädchen wird dir zu essen bringen, und dann schläfst du.«
»Ich habe keinen Hunger.«
An der Tür blieb er stehen. »Du wirst mager, und kein Mann möchte sich an den Knochen einer Frau wund scheuern. Du wirst essen, oder ich stopfe es dir eigenhändig in deinen mageren Schlund.«
Als Anna, Rollos elfjährige Nichte, ihr später etwas zu essen brachte, lag Zarabeth im Tiefschlaf. Anna kehrte zu Magnus zurück.
»Ich habe sie nicht geweckt, Herr.«
»Ist in Ordnung, Anna. Bring Lotti das Tablett und achte darauf, daß sie genug ißt. Wenn du mit ihr sprichst, mußt du daran denken . . .«
»Ich weiß. Ich muß sie direkt anschauen, damit sie meine Mundbewegungen sehen kann.«
Magnus fuhr ihr grinsend durch das weizenblonde Haar. »Du bist ein kluges Mädchen, Anna.«
Der Abend zog sich träge dahin. Mehrmals erhob er sich, um nach Zarabeth zu sehen, und fand sie jedesmal schlafend vor. Dennoch war er besorgt. Jeder bemerkte seine Unruhe. Die Männer diskutierten über die Mordanschläge auf dem Gehöft von Ingolfsson, einem kleineren Anwesen im Süden, zwei Tagesreisen mit dem Boot entfernt. Ingolfssons Töchter waren geschändet, die jüngeren Söhne getötet worden. Haftor Ingolfsson war zur Zeit des Überfalls mit den meisten seiner Männer auf der Jagd, um Fleisch für die Wintervorräte zu besorgen. Bei seiner Rückkehr fand er sein Anwesen verwüstet, seine Söhne erstochen, das Vieh dahingeschlachtet, seine Sklaven verschleppt. Die Kunde dieses grausamen Verbrechens verbreitete sich schnell, und jeder war tief erzürnt und empört über die gesetzlosen Banditen, die weiterhin unbehelligt in den Wäldern hausten.
Es wurde eine Sonderversammlung des Thing einberufen, die in drei Tagen in Kaupang stattfinden sollte, um zu beschließen, welche Maßnahmen zur Erfassung der Mörder getroffen werden sollten.
Später am Abend saß Magnus in seinem prächtigen Stuhl mit den reich geschnitzten Armlehnen und dachte darüber nach, wie sehr sein Leben in Unordnung geraten war.
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