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Im Schatten der Schlange

Im Schatten der Schlange

Titel: Im Schatten der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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fröstelte. Die Kälte kam von unten herauf.
    »Seid vorsichtig! Da ist ein Loch im Boden«, sagte er zu den Gefährten. Dann starrte er hoch und sah den Körper der Frau über der Öffnung hängen. Sie trug ein bis zu den Füßen reichendes dunkles Kleid, wie er es noch nie gesehen hatte. Sie war bestimmt von höherer Herkunft, eine Häuptlingstochter möglicherweise. Ihre Hände hingen an einem Strick, der irgendwo an der fernen Decke befestigt war.
    »Könnt Ihr mir helfen?« fragte sie bittend. »Was ist mit Barynnen geschehen?«
    »Der ist beschäftigt«, erklärte Nottr, »mit hohen Gästen…«
    »Ja«, fiel Urgat ein. »Und uns wähnt er in sicherem Gewahrsam.«
    »Oh, dann nutzt den Augenblick… rasch…!« drängte sie.
    Nottr trat ganz an den Rand der Öffnung, und er wäre nach vorn gekippt, wenn Lella ihn nicht gehalten hätte. Er versuchte nach der Frau zu greifen, doch der Abstand war zu groß, und Lella und Baragg konnten ihn nur mit Mühe halten, zumal sie selbst nicht besonders gut auf den Beinen standen.
    »Wo ist dieser Strick befestigt?« fragte er keuchend.
    »Ganz oben«, erwiderte sie mit einer Spur von Mutlosigkeit.
    »Wie kann man da rauf?«
    »Das weiß ich nicht.«
    Er wandte sich an die übrigen. »Seht nach, ob es hier irgend etwas gibt, mit dem wir an sie rankommen können.«
    Die Männer suchten den Raum ab, doch außer Schellen und Ketten an den Wänden fanden sie nichts. Es war offenbar eine Art Kerker.
    »Nichts, Nottr«, meldete Keir bedauernd.
    »Vielleicht ist der Strick nicht echt«, meinte einer der Caer. »Gebt ihr doch auch was von dem Kraut! Selbst wenn sie nicht runter kann, wird sie sich viel besser fühlen…«
    »Keine dumme Idee«, meinte Calutt.
    »Und wie, denkst du, soll ich ihr das geben?« Nottr schüttelte den Kopf.
    »Wie weit kommst du mit dem Schwert an sie ran?«
    Nottr zog Seelenwind aus der Hülle und angelte damit nach der Frau. Er stocherte in die Röcke, wobei sie einmal aufschrie, als die Spitze der Klinge mit ihren Füßen in Berührung kam, aber nach einigen mühseligen Augenblicken kam sie ins Schwingen. Sie stöhnte, weil der Strick durch die Bewegung tiefer in ihre Handgelenke schnitt. Ein halbes Dutzend mal schwang sie hin und her, dann bekam Nottr sie am Fuß zu fassen. Seine ganze Viererschaft klammerte sich an ihn, um beide zu halten.
    Calutt spießte ein Opisblatt auf die Spitze der Klinge, doch Nottr konnte es nicht bis zu ihrem Mund hochbringen. Erst als Lella auf Nottres Schultern kletterte, brachten sie die Klinge hoch genug, und die Frau kaute gehorsam. Gleich darauf verlor sie die Kontrolle über sich, und Nottr hatte Mühe, sie festzuhalten. Erst auf die Zurufe aller kam sie wieder zur Besinnung, allerdings ebenso unvollkommen wie die Männer unter ihr. Und dann glitten ihre Hände plötzlich durch die Fesseln, als wären sie gar nicht da. Die Männer unter ihr fielen zuerst zu Boden, dadurch landete sie sanft genug, daß es nur mit ein paar Beulen abging. Sie begriff auch nicht, was geschehen war, nur daß diese Barbaren sie gerettet hatten und daß sie sich in einem sehr undamenhaften Zustand befand.
    »Ihr seid eine Caer«, sagte der Caer.
    Die Frau entpuppte sich als eine sehr junge Lady. »Ich bin Joise O’Crym. Und wenn ich je diesen Scharlatan in meine ungefesselten Hände kriege…!«
    Aber der Opis ließ ihr Blut nicht allzu zornig aufwallen. Es war einfach zu schwierig, genügend Gedanken zu sammeln und nicht zu vergessen, daß man wütend war, auf wen man wütend war und warum man wütend war – wenn man sich gleichzeitig auf Dinge konzentrieren mußte, die man üblicherweise ohne große Aufmerksamkeit tat: aufrecht gehen zum Beispiel. Und wenn man gleichzeitig Fragen beantworten mußte.
    »Warum hängst du hier?« fragte Urgat.
    »Ich hänge nicht. Ich bin gehangen.«
    »Warum bist du gehangen?«
    »Weil Barynnen ein Narr ist«, erwiderte sie heftig und mit schwerer Zunge. »Ein Idiot! Ein…!«
    »Wie bist du in die Fänge des Priesters geraten?« fragte Nottr mitfühlend.
    »Er ist kein Priester«, erklärte sie. »Er ist ein O’Crym…«
    »Ein Hochländer«, entfuhr es einem der Caer.
    »Die Schande aller Hochländer«, meinte ein zweiter.
    »Kein Priester?« entfuhr es Nottr.
    »Kein Priester?« staunte Calutt.
    »Nein. Und wie ich in seine Fänge geraten bin? Durch ein altes Herkommen. Ich bin sein Weib.«
    Ihre Befreier starrten sie ungläubig an.
    »Dein eigener Mann wollte dich opfern?« würgte Urgat

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