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Im Schatten der Vergeltung

Im Schatten der Vergeltung

Titel: Im Schatten der Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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zollen sollte. Offenbar muss ich deiner Erinnerung etwas auf die Sprünge helfen. Sagt dir der Name Archibald McCorkindale etwas?«
    Maureen lächelte. Ja, tatsächlich, sie lächelte, stellte Louisa konsterniert fest. Sie selbst zitterte vor Angst, war jeden Moment darauf gefasst, Murdoch könne sich erheben und sie beide verprügeln. Sie wünschte, sie würde die Kraft aufbringen, einfach aufzustehen und das Zimmer zu verlassen. Ihre Beine waren jedoch wie gelähmt, die Füße schienen am Boden festzukleben. Tief im Inneren spürte Louisa, dass es etwas gab, das für Maureen sehr wichtig war. Würde sie jetzt das Geheimnis dieser klugen, und stolzen Frau erfahren?
    Erregt zerrte Murdoch an den Fesseln. Die Muskeln an seinen Oberarmen waren bis zum Zerreißen gespannt.
    »Was für ein Frage- und Antwortspielchen soll das werden? Ich sehe keine Veranlassung, auch nur ein weiteres Wort mit dir zu wechseln. Louisa? Entferne dieses Weib sofort aus dem Zimmer! Du tust sofort, was ich dir befehle!«
    »Nein, ich möchte hören, was sie zu sagen hat«, antwortete Louisa leise. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie Murdoch widersprochen, und er konnte nichts, aber auch gar nichts, dagegen tun. Es war ein gutes Gefühl.
    »Schottland! Culloden!«, wiederholte Maureen. »Und die Zeit danach. Ich erinnere dich an das dreckige Abkommen mit McCorkindale. Du und deine Männer haben McCorkindales Tochter mehrfach vergewaltigt, und im Gegenzug hast du ihn nicht als Verräter an die englische Gerichtsbarkeit ausgeliefert.«
    »Nein!« Mit einem Schrei sprang Louisa auf und schlug die Hände vor den Mund. »Das hat er nicht getan!« Mit flackerndem Blick, in dem die Bitte auf eine Leugnung dieser Anklage lag, starrte sie Maureen an.
    »Er hat es getan, Louisa«, sagte Maureen ruhig. »O ja, er und zwei andere Männer haben ein jungfräuliches Mädchen geschändet. Eine ganze Nacht lang, und ich will jetzt die Namen der beiden anderen wissen.«
    Kraftlos sank Louisa in den Stuhl zurück. In ihrem Kopf rauschte das Blut, und sie befürchtete, jeden Moment ohnmächtig zu werden. Warum zweifelte sie keinen Moment an Maureens Behauptung? Sie war schließlich nur eine Frau, die sie kaum kannte, die, auf der Suche nach Arbeit und Brot, erst vor kurzer Zeit in ihr Haus gekommen war. Die Antwort war so einfach, dass Louisa sie wusste, denn sie kannte Murdoch, konnte sich nur zu gut vorstellen konnte, dass ihr Mann einer solcher Tat fähig war.
    »Mein Gott!« In diesem Moment erwachte Louisa aus der Erstarrung, die sie seit dem Unfall umklammert hatte. Mit welchem Monster war sie verheiratet?
    Murdoch hatte keine Ahnung, wie die Erzieherin von den Vorkommnissen, an die er seit Jahren keinen Gedanken mehr verschwendet hatte, Kenntnis erhalten hatte. Er wusste, dass ihn niemand wegen einer Tat, die im Krieg geschehen war, zur Verantwortung ziehen würde. Er war schließlich ein hoher Offizier und das Mädchen nur eine aufsässige und verräterische Schottin gewesen. Das Opium wirkte, seine Schmerzen schwanden, er konnte aber noch klar denken.
    »Jetzt erinnere ich mich tatsächlich an den halsstarrigen Schotten, aber die Sache ist über dreißig Jahre her. Was hast du damit zu tun?«
    »Das geschändete Mädchen war meine Mutter.«
    Nach dieser Eröffnung herrschte minutenlanges Schweigen. Selbst Louisa schien nicht sonderlich überrascht. Sie rechnete mit dem Schlimmsten, so wie immer alles, das mit Murdoch zu tun gehabt hatte, schlimm gewesen war. Unverwandt hielt Maureen ihren Blick auf seine Gestalt gerichtet, kein Zucken in ihrem Gesicht verriet ihre innere Anspannung.
    »Ich will die Namen der anderen beiden Männer wissen«, brach sie schließlich das Schweigen.
    »Warum sollte ich tapfere und aufrichtige Offiziere, die einst an meiner Seite gekämpft haben, verraten?«, fragte Murdoch mit einem gehässigen Unterton. »Du kommst einfach in mein Haus, erzählst mir eine haarsträubende Geschichte und erwartest, ich glaube dir ohne weiteres. Gut, du kennst Tatsachen, aber das hat nichts zu sagen. Hast du Beweise, dass deine Mutter sich nicht von irgendeinem hergelaufenen schottischen Strolch hat schwängern lassen?«
    Mit einem empörten Schrei sprang Louisa auf und schlug ihm auf die Wange. Die Reaktion kam so heftig und für sie unerwartet, dass sie sich wieder zitternd in den Stuhl fallen ließ. Maureen schenkte ihr einen anerkennenden Blick.
    »Wie kannst du so etwas sagen?«, hauchte Louisa.
    »Das ist sein Charakter«, entgegnete

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