Im Schatten der Vergeltung
heute würde sie so schnell nicht wieder bekommen. »Allerdings kann ich mich mit einigen seiner Ansichten und Meinungen nicht identifizieren.«
»Ansichten? Soviel mir bekannt ist, ist er ein Mensch, der über Kunstverständnis verfügt und gute Musik zu schätzen weiß. Darüber hinaus ist er gebildet und belesen.«
»Diese Art von Ansichten meinte ich nicht. Es ist vielmehr seine ... nun ... sagen wir Meinung über bestimmte Vorgänge in der Welt, die ich weder teilen noch akzeptieren kann.«
Wie erhofft hatte Maureen das Interesse des Prinzen geweckt. Sein Lächeln schwand, er kniff die Augen zusammen und beugte sich vor.
»Meint Ihr etwa politische Ansichten? Darüber solltet Ihr Euch nicht Euren hübschen Kopf zerbrechen.«
Maureen war dankbar, dass der Prinz, der manchmal schrecklich träge, fast schon schwer von Begriff war, die Sache auf den Punkt brachte.
»Wenn sich Äußerungen gegen meinen Souverän richten, so kann ich diese nicht unkommentiert zur Kenntnis nehmen.«
Zischend zog der Prinz die Luft ein.
»Ihr erhebt schwerwiegende Anschuldigungen gegen Foster, Mylady! Verfügt Ihr über Beweise?«
Maureen seufzte und hob mit einer hilflosen Geste die Hände und sah Prinz George unschuldig an.
»Außer dem, das meine Ohren gehört haben, leider keine. Darf ich Euch etwas fragen, Hoheit?« Der Prinz gewährte es ihr mit einer großzügigen Handbewegung. »Habt Ihr regelmäßigen Kontakt mit Sir Foster?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich sehe ihn eigentlich nur, wenn er meinen Vater aufsucht. Seit Foster irgendein so ein Dorf im Parlament vertritt, verkehrt er häufig im Palast.«
Bedächtig legte Maureen die Fingerspitzen übereinander und verharrte einige Zeit in Schweigen, dann hob sie den Kopf, sah dem Prinz fest in die Augen und fragte: »Der König vertraut ihm, nicht wahr?« Prinz George bestätigte mit einem Kopfnicken und gerunzelter Stirn, und Maureen fuhr fort: »Weiß Euer Vater, dass Foster für ein schnelles Ende des Krieges in den Kolonien ist?«
»Würden wir das nicht alle begrüßen?«, kommentierte der Prinz.
»Sicher, aber auch unter der Forderung einer bedingungslosen Kapitulation Englands mit allen Konsequenzen?«, fragte Maureen.
Prinz George fuhr wie von einer Nadel gestochen aus dem Sessel hoch. Maureen versuchte ruhig zu atmen, um sich ihre Freude nicht anmerken zu lassen. Ihr Plan schien zu funktionieren.
»Sir Foster steht auf Seiten des Feindes?« Mit hochrotem Kopf marschierte der Prinz im Raum auf und ab. »Dann stimmt es also, dass er Kontakt zu Henry Clinton aufgenommen hat?«
Maureen zuckte zusammen. Weitete sich ihr Schuss ins Blaue in den Stich ins Wespennest aus? Sie hatte über Sir Henry Clinton gelesen. Der Mann hatte als Generalmajor viele Jahre in den Kolonien verbracht. Seit Ausbruch der Unstimmigkeiten mit der britischen Krone führte er seine Truppen erfolgreich durch mehrere Schlachten. 1776 wurde er für seine Verdienste bei der Schlacht von Long Island, bei der er General George Washington besiegt und die Stadt New York eingenommen hatte, zum Generalleutnant befördert und geadelt. Dann kam es zu Meinungsverschiedenheiten mit seinem Stellvertreter Cornwallis, die darauf beruhten, dass Clinton die Besiegten human und gerecht behandelte, was gegen die Wünsche des Königs sprach, der alle Verräter tot sehen wollte. Clinton kehrte nach England zurück, wo er sich einem Untersuchungskomitee stellen musste, das ihm jedoch keine vernichtenden Beweise für einen Verrat vorhalten konnte. Auf Grund seiner Verdienste und des Schwurs, sich als Landedelmann aus der Politik zurückzuziehen, verließ Clinton als freier Mann London. Das Misstrauen war allerdings gesät, und Clinton stand unter ständiger Beobachtung. Böse Stimmen gingen sogar so weit zu behaupten, Clinton würde Männer um sich scharen, um den König zu stürzen. Maureens Herz schlug aufgeregt und unregelmäßig. Sie hatte nicht gewusst, dass Foster im Verdacht stand, mit Clinton in Kontakt zu stehen. »Ihr werdet Foster beobachten und mir unverzüglich Meldung über weitere verräterische Äußerungen machen«, unterbrach die befehlende Stimme des Prinzen Maureens Gedanken.
»Ich soll für Euch spionieren?«
»Warum so harte Worte, Lady Sybil?« Nun lächelte der Prinz wieder charmant. »Es könnte durchaus sein, dass Foster Euch Dinge anvertraut, die nicht für andere Ohren bestimmt sind. Ihr müsst nur besonders höflich zu ihm sein.«
Er zwinkerte ihr verschwörerisch zu, wobei sich
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