Im Schatten der Vergeltung
seine langen, weißen Schneidezähne in seine Unterlippe gruben. Über die Ungehörigkeit dieses Vorschlags erhob sich Maureen langsam.
»Bei allem Respekt, Eure Hoheit, aber ich werde mich nicht zu solch niedrigen Diensten herablassen, auch nicht für Euch. Es schmerzt mich, dass ich offenbar den Eindruck erweckt habe, zu so etwas in der Lage zu sein. Bisher dachte ich, Ihr schätzt mich als ältere Freundin und als Dame.« Maureens Augen waren hart wie Stein, sie atmete flach und machte keinen Hehl daraus, wie sehr sie sich durch das Ansinnen des Prinzen gekränkt fühlte.
»Mylady, es lag nicht in meiner Absicht, Euch zu beleidigen! Ich wollte lediglich ...«
»Ich habe Euch gesagt, was ich weiß«, unterbrach Maureen. »Alles andere ist Sache des Königs und seiner Berater. Sollte Sir Foster mir gegenüber freiwillig, vielleicht gedankenlos, weitere Äußerungen von sich geben, die sich gegen den König richten, werde ich Euch selbstverständlich unterrichten. Mehr könnt Ihr nicht von mir verlangen.«
Prinz George trat zu ihr, nahm ihre Hand, verbeugte sich und deutete einen Handkuss an.
»Verzeiht mir! Manchmal scheine ich zu vergessen, dass Ihr eine wirkliche Dame seid.« Er schien ehrlich zerknirscht. »Vielleicht die einzige Dame an diesem verlogenen Hof. Ich danke Euch, auch im Namen des Königs, für diese wertvollen Informationen.«
Gern geschehen, dachte Maureen und senkte den Blick, damit der Prinz nicht den aufblitzenden Triumph in ihren Augen sehen konnte. Offenbar war Foster selbst dabei, seiner politischen Karriere ein Ende zu setzen. Sie musste die Sache nur etwas beschleunigen und wusste auch schon, wie.
K onzentriert blätterte Willard Foster in den Unterlagen, die ihm das Parlamentsmitglied James Trecothick am Vormittag durch einen Boten hatte bringen lassen. Auf rund fünfzig Seiten waren alle Höfe aufgeführt, die regelmäßig Landerzeugnisse an die Geschäfte in London lieferten. Der Bezirk Islington war wegen seiner grünen, satten Weiden der wichtigste Lieferant an Farmprodukten und Milch für die Hauptstadt. Fosters Aufgabe bestand darin, die korrekten Steuern für jeden einzelnen Hof zu berechnen, die sich nach der Quantität und Qualität der Produkte richtete. Das Feuer im Kamin war längst erloschen, Foster fror jedoch nicht. Trecothick hatte angedeutet, die bisher erhobenen Steuern hätten die Bauern übervorteilt, was Foster zu einer Neuberechnung veranlasst hatte. Er hatte den Wahlbezirk übernommen und wollte das Vertrauen, das die Menschen in ihn setzten, nicht enttäuschen, darum regierte er ungehalten, als es nachhaltig an der Tür klopfte.
»Was ist denn?«
Sein Diener Barton trat mit schuldbewusster Miene ein.
»Sir, da ist eine Lady, die Euch sprechen möchte ...«
»Ich möchte nicht gestört werden!«, unterbrach Foster mit gerunzelter Stirn. Normalerweise respektierte der Diener seine Anweisungen, schließlich kannten sie einander seit über zwanzig Jahren.
»Verzeihen Sie, Sir, die Dame lässt sich nicht abweisen. Sie sitzt in der Halle und droht, nicht eher zu gehen, bis Ihr Zeit für sie findet.«
»Wer ist sie?«
Barton zuckte mit den Schultern. »Sie weigert sich, ihren Namen zu nennen. Aber Sir, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, ich denke, es handelt sich um eine wirkliche Lady.«
Barton empfing öfters Damen in Fosters Haus, die eine solche Bezeichnung nicht verdienten, aber die Fremde gehörte offensichtlich nicht zu dieser Art von Frauen.
Unwillig legte Foster einen Stapel Papiere zur Seite.
»Nun gut, ich komme. Ich habe ja sonst keine Ruhe mehr.«
Barton druckste verlegen herum.
»Äh ... Sir ... Die Lady besteht darauf, Euch in Eurem Arbeitszimmer unter vier Augen zu sprechen.«
»Was zum Teufel soll das bedeuten ...«
Bevor Foster den Satz beenden konnte, drängte sich eine Frau in einem dunklen Umhang, deren Gesicht beinahe vollständig durch eine Kapuze verdeckt wurde, an Barton vorbei den Raum. Zwei Schritte vor Foster blieb sie stehen, schob die Kapuze ein Stück zur Seite und flüsterte: »Bitte, hört mich an, Sir! Es ist von äußerster Dringlichkeit!«
»Lady ...« Sybil wollte er sagen, die Dame legte jedoch rasch den Zeigefinger auf ihre Lippen und gebot ihm, zu schweigen.
»Ich muss Euch sprechen. Alleine!«
Foster räusperte sich verlegen. »Ich habe vor meinem Diener keine Geheimnisse«, sagte er, Maureen schüttelte aber den Kopf.
»Bitte schickt ihn fort. Und er soll nicht wagen, an der Tür zu
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