Im Schatten der Vergeltung
fand sie in diesem Zustand vor.«
»Helfen Sie mir, sie aufs Bett zu legen«, befahl Philipp. »Dann schicken Sie sofort jemanden nach dem Arzt, und Nelly soll mit kaltem Wasser und Tüchern kommen.«
Jenkins tat wie geheißen und eilte davon. Philipp hielt Fredericas eiskalte Hand fest umklammert. Es war, als wäre jeder Funken Leben aus ihr gewichen.
»Kind, was ist nur geschehen?«, murmelte er und sein Blick fiel auf ein neben dem Sessel auf dem Boden liegendes Schreiben. Das musste wohl der Brief sein, von dem Jenkins gesprochen hatte. Philipp sah auf die Unterschrift: Cedric Collingford.
Eine böse Ahnung beschlich ihn, als er die wenigen Zeilen las:
Meine liebe Frederica,
bestimmt wirst Du mich hassen, wenn Du gelesen hast, was ich Dir mitteilen muss. Dazu hast Du auch alles Recht der Welt. Je näher der Termin unserer Vermählung rückt, desto mehr beginne ich zu zweifeln, ob wir füreinander geschaffen sind. Du kennst mich nicht genügend, um Dich den Rest Deines Lebens an mich zu binden. Du würdest an meiner Seite nicht glücklich sein. Ich werde in die Cotswolds zurückkehren. Wenn Du diese Zeilen liest, habe ich Cornwall bereits verlassen. Bracken Hall werde ich zum Verkauf anbieten.
Es ist wenig ehrenvoll und feige von mir, Dir die Auflösung unserer Verlobung auf diesem Wege mitzuteilen, für Dich wird es jedoch leichter sein, wenn Du mich als Feigling in Erinnerung behältst. Ich bin Deiner Liebe nicht wert.
Ich wünsche Dir alles Glück der Erde.
Cedric Collingford
F assungslos starrte Philipp auf die Zeilen. Sein Verstand weigerte sich zu glauben, was seine Augen erfassten.
»Dieser Schuft! Ich werde ihm sofort nachreisen und ihn zu Rede stellen!«, rief er.
»Nein ... Nein ...« Frederica hatte die Augen leicht geöffnet, und es spiegelte sich abgrundtiefe Verzweiflung darin. »Nein!«, wiederholte sie. »Er will mich nicht mehr. Ich werde ihm nicht nachlaufen.«
»Er ist mit dir verlobt und hat dir die Ehe versprochen! Bei Gott, ich werde nicht zulassen, dass er sich so einfach aus dem Staub macht. Ich werde ihn zwingen, zu seinem Wort zu stehen.«
Unter Aufbietung all ihrer Kräfte griff sie nach der Hand ihres Vaters und setzte sich langsam auf.
»Ich will keinen Mann, der mich unter Zwang heiratet«, sagte sie erstaunlich entschlossen. »Ich will ihn niemals im Leben wiedersehen.«
Dann entwich alle Kraft aus ihrem Körper, und sie sank mit einem gequälten Seufzer in die Kissen zurück und verlor das Bewusstsein.
Wie ihre Mutter, dachte Philipp bitter. Auch Maureen hat mich nicht angefleht, bei ihr zu bleiben, als ich sie verstieß. Ihr Stolz hätte es niemals zugelassen, mich umzustimmen.
Nelly, das Hausmädchen, betrat mit einer Schüssel Wasser und Tüchern in der Hand das Zimmer.
»Rob ist losgeritten, den Doktor zu holen«, sagte sie, beugte sich über das leblose Mädchen und befühlte ihre Haut. Dann tunkte sie ein Tuch in das Wasser und legte einen kühlen Umschlag auf Fredericas Stirn. Philipp wandte sich ab und blickte aus dem Fenster. Im letzten Sommer war er voller Sorge um seine kranke Tochter gewesen. Frederica hatte sehr unter dem Tod ihrer Mutter gelitten. Umso glücklicher war Philipp gewesen, als Frederica sich in Cedric Collingford verliebte und er offenbar ihre Gefühle erwiderte. Das Mädchen hatte in den letzten Monaten vor jugendlichem Elan und Glück gesprüht. Und jetzt das! Voller Zorn dachte er an den jungen Mann, dem er vertrauensvoll die Hand seines einzigen Kindes hatte geben und ihn wie einen eigenen Sohn aufnehmen wollen. Wie hatte er sich in einem Menschen nur so täuschen können? Philipp ballte die Hände zu Fäusten. Am liebsten hätte er Collingford zum Duell gefordert, um die Schmach, die er Frederica antat, zu rächen. Er würde den Wunsch seiner Tochter jedoch respektieren und sich und Frederica nicht zum Gespött der Leute machen. Maureen hätte ebenso gehandelt.
Nachdem Nelly das Zimmer wieder verlassen hatte, lehnte sich Philipp mit der Stirn gegen das kühle Fensterglas.
»Maureen«, flüsterte er. »Wo bist du? Deine Tochter ist krank vor Kummer und braucht dich. Du solltest an ihrer Seite sein.«
Er merkte, wie er weinte. Er hatte alles zerstört, das in seinem Leben von Bedeutung gewesen war. Philipp trat ans Bett und starrte auf das Mädchen. Einzig ein leichtes Heben und Senken des Brustkorbs zeigte ihm, dass Frederica noch am Leben war. Seine Tränen tropften auf die Bettdecke, und Philipp hob die rechte Hand.
»Ich
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