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Im Schatten der Vergeltung

Im Schatten der Vergeltung

Titel: Im Schatten der Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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verliebt. Unter normalen Umständen wäre eine Verbindung zwischen uns unmöglich gewesen, jetzt aber war mein Vater froh, sich meiner entledigen zu können. Er gab John einen Beutel mit Gold und nahm ihm das Versprechen ab, sich mit mir irgendwo weit entfernt niederzulassen und niemals wieder nach Bothy Castle zurückzukehren. Wir heirateten unterwegs, und es verschlug uns nach Beechgrove, wo du schließlich geboren wurdest. Es war eine schwere Geburt, und ich hoffte inständig, ich würde sie nicht überleben. Das Schicksal war aber erneut gegen mich ... Den Rest kennst du ja.«
    Erschöpft hielt Laura inne. Mit geschlossenen Augen lehnte sie sich im Sessel zurück. Maureen wusste nicht, was sie jetzt sagen oder tun sollte. Jedes tröstende Wort wäre banal und fehl am Platz gewesen. Für das, was man Laura angetan hatte, gab es keinen Trost. Tausend Gedanken auf einmal schossen durch ihren Kopf. So viele Fragen brannten ihr auf der Seele, Maureen wagte nicht, eine von ihnen auszusprechen. Schließlich sagte sie, als hätte sie den ganzen Abend nur über belanglose Dinge geplaudert:
    »Es ist spät geworden. Möchtest du, dass ich dich zu Bett bringe?«
    Laura sah auf.
    »Du meinst, ich soll heute Nacht hier bleiben? In diesem Haus?«
    »Ja, Mutter, heute Nacht sollte keiner von uns allein sein.«
    »Also gut, darauf kommt es auch nicht mehr an«, gab Laura nach. Ihr Gesicht schien in den letzten Stunden um Jahre gealtert, und in diesem Augenblick schien es Maureen, als sehe sie in das Antlitz einer Toten.
    Laura bemühte sich um ein dankbares Lächeln. »Ich gebe zu, dass ich sehr müde bin.«
    »Dann lass uns hinaufgehen.«
    Gemeinsam stiegen sie die Treppe hoch und betraten Maureens Schlafzimmer. Maureen half ihrer Mutter beim Entkleiden und war entsetzt, als sie deren ausgemergelten Körper sah. Sie klingelte nach dem Hausmädchen und bestellte eine Tasse heiße Milch mit Whisky. Laura ließ sich in die weichen Kissen sinken, sie war vollkommen entkräftet, ihr flackernder Blick verriet jedoch, wie aufgewühlt auch sie war.
    Jenny brachte die Milch. Maureen dankte ihr und setzte sich auf die Bettkante. Langsam flößte sie Laura das warme Getränk ein.
    »Das wird dir helfen, tief und fest zu schlafen.«
    »Warum tust du das alles für mich?«, flüsterte Laura.
    Maureen fühlte einen Stich in ihrer Brust. Eine Welle des Mitleids überflutete sie. Was sollte sie darauf antworten? Sie wusste selbst nicht genau, was sie bewog, sich um Laura zu kümmern. In den vergangenen Stunden hatte Maureen die Hintergründe jener Lieblosigkeit erfahren, unter der sie während ihrer Kindheit gelitten hatte. Ihr ganzes Leben erschien nun in einem anderen Licht. Maureen wusste, ab heute würde nichts mehr so sein wie zuvor.
    »Ich möchte bei dir sein«, sagte sie schlicht und deckte Laura fürsorglich zu. »Du musst dich jetzt ausruhen.« Maureen wollte gerade aufstehen, als Laura nach ihrem Handgelenk griff.
    »Bleibst du hier, bis ich eingeschlafen bin?«
    Maureen nickte stumm.
    Bereits wenige Minuten später war Laura eingeschlafen. Vorsichtig löste Maureen die Hand ihrer Mutter, die ihre immer noch umfasst hielt, und verließ leise das Zimmer. Auf dem Flur lehnte sie sich an die kühle Wand. Die letzten Stunden erschienen ihr wie ein Albtraum aus dem es kein Erwachen gab, und es war niemand da, der sie tröstete. Wo war Philipp? Sie brauchte ihn und musste mit ihm sprechen. Er war immer ihr Vertrauter gewesen und jetzt der Einzige, den sie in ihrer Nähe ertragen konnte.
    Sie ging den Gang entlang und betrat sein Zimmer. Mit dem Rücken zu ihr stand Philipp am Fenster. Nur eine Kerze brannte auf der Kommode, deren Licht düstere Schatten an die Wände warf.
    »Ich habe Laura in mein Bett gebracht. Sie schläft«, sagte Maureen leise. Sie wollte auf Philipp zugehen, sich in seine Arme werfen, ihren schmerzenden Kopf an seine breite Schulter lehnen und den Tränen freien Lauf lassen, aber Philipp starrte in die dunkle Nacht hinaus und rührte sich nicht. Er wirkte auf Maureen wie ein Fremder.
    »Es bleibt dabei – wir verlassen Edinburgh morgen bei Sonnenaufgang.« Seine Stimme war ruhig, die Worte kühl. Er drehte sich immer noch nicht um.
    »Wir können meine Mutter jetzt nicht allein lassen.«
    »Wir fahren! Ich habe bereits mit Frederica gesprochen.«
    Ein eisiger Schreck durchfuhr Maureen. In den letzten Stunden hatte sie ihre Tochter völlig vergessen. Wann war sie überhaupt nach Hause gekommen? Was hatte sie von dem

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