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Im Schatten der Vergeltung

Im Schatten der Vergeltung

Titel: Im Schatten der Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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insgesamt einhundertfünfzig Pfund gut verkraften. Mitten auf der Treppe rülpste Murdoch. Sauer stieg es ihm aus dem Magen in die Kehle, und er befürchtete, sich an Ort und Stelle übergeben zu müssen. Murdoch schluckte und holte tief Luft, bis die Übelkeit abflaute. Er torkelte in das Zimmer seiner Frau, wobei er so viel Lärm machte, dass Louisa, die bereits geschlafen hatte, erschrocken im Bett auffuhr. Unbeholfen zog Murdoch sich aus. Seltsam, seit wann schwankte denn der Boden in diesem Raum?
    »Clifford, bitte ... Ich fühle mich noch sehr geschwächt von der Geburt ... Die Hebamme meinte auch, wir sollten vorerst nicht …«
    Die flehende Stimme seiner Frau interessierte ihn nicht. Seit Monaten war er Louisas Bett ferngeblieben, um seinen ungeborenen Sohnes nicht zu gefährden. Jetzt lag der kleine Edmund friedlich schlummernd in der Familienwiege im Kindertrakt, und Murdoch sah keinen Grund, weiterhin den Enthaltsamen zu spielen und seine Befriedigung in den Armen von Huren zu suchen. Verdammt, schließlich war er rechtmäßig verheiratet! Die zahlreich verbrachten Nächte mit den Prostituierten hinterließen irgendwann einen schalen Nachgeschmack.
    Murdoch ächzte, als er seinen schweren, schwabbeligen Körper auf die Matratze hievte. Fordernd griff er nach Louisa und stöhnte vor Erregung, als seine dicke Hand ihre rechte Brust umfasste. Er kniff so fest hinein, dass Louisa einen spitzen Schrei ausstieß.
    »Es ... ist ... noch alles ganz wund«, flüsterte Louisa, und eine tiefe Röte zog über ihr Gesicht.
    »Papperlapapp! Tausende von Frauen bekommen Kinder, und die stellen sich nicht so zimperlich an.«
    Er schob ihr dünnes Nachthemd hoch, hievte seinen Körper auf sie, spreizte brutal mit beiden Händen ihre Schenkel und drang roh in sie ein. Dass Louisa vor Schmerzen laut aufschrie, interessierte ihn nicht. Er stöhnte und bewegte sich rücksichtslos auf dem zarten Körper. Es konnte nicht schaden, so bald wie möglich einen weiteren Sohn zu zeugen.
    Verzweifelt drehte Louisa den Kopf zur Seite, ihre Finger krallten sich in die Kissen. Der Geruch von Schweiß, Tabak und Alkohol, den ihr Mann ausströmte, verursachte ihr Übelkeit. Gott sei Dank war es schnell vorbei. Murdoch rollte sich von ihr herunter und war binnen Sekunden eingeschlafen, ohne von dem verhaltenen Schluchzen Louisas Notiz zu nehmen. Für ihn waren Frauen nur zu einem Zweck auf der Welt: Um von ihm wann, wo und wie er es wollte benutzt zu werden.

10. Kapitel
    Fort Augustus, Schottland, Mai 1781
    » Das ist die rührseligste und unwahrscheinlichste Geschichte, die ich in meinem ganzen Leben gehört habe!«
    Maureen hob eine Augenbraue und bemühte sich um einen unschuldigen Blick.
    »Ich weiß nicht, was daran unwahrscheinlich sein soll, wenn ich meinen leiblichen Vater finden möchte.«
    Sie schenkte dem ihr gegenüber sitzenden Offizier ein unschuldiges Lächeln, von dem sich Michael Payne jedoch unbeeindruckt zeigte. Der Offizier lehnte sich zurück, lockerte mit zwei Fingern seinen Kragen, der ihm eindeutig zu eng war. Der Rand des kratzigen Stoffes hatte bereits einen roten Streifen auf der Haut hinterlassen.
    »Selbst wenn dieser ... Wie war noch mal der Name?«
    »Clifford Murdoch«, antwortete Maureen ruhig.
    »Also, selbst wenn dieser Murdoch noch leben würde, glaube ich nicht, dass er erfreut wäre, durch Sie an eine oberflächliche Affäre der Vergangenheit erinnert zu werden.«
    Maureen schluckte und bemühte sich um Geduld. Diese war seit den Morgenstunden sehr strapaziert worden. Payne war bereits der Vierte, dem sie die Geschichte, sie würde ihren Vater suchen, erzählte. Im Fort Augustus war sie zwar freundlich, zugleich aber auch skeptisch empfangen worden. Seit Stunden war sie von einem Verantwortlichen zum nächsten geschickt worden. Jeder hatte sich ihr Anliegen schweigend angehört, um dann zu sagen: »Dafür bin ich nicht zuständig, aber vielleicht kann Ihnen Leutnant Sowieso helfen.«
    So war sie schließlich bei Michael Payne gelandet. Als Captain bewohnte er im Fort eigene Räume, und da es ein regnerischer und kühler Tag war, brannte in seinem Quartier ein wärmendes Feuer im Kamin. Ein Feldbett mit einer grauen Wolldecke, ein schmales Spind, eine kleine Kommode mit Wasch- und Rasierzeug und der Schreibtisch, an dem Maureen Payne ihr jetzt gegenübersaß, waren die einzigen Einrichtungsgegenstände in dem Raum. Vor dem Fenster exerzierten rotberockte Soldaten, und Maureen konnte die scharfen Befehle

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