Im Schatten Der Wälder: Roman
euch.«
»Na los. Geht nach draußen. Geht spielen.«
Simon ließ Fiona nicht aus den Augen, als er die Tür hinter den Hunden schloss.
»Leg das Messer weg.«
»Ich kann nicht. Ich kann es nicht loslassen.«
»Sieh mich an«, befahl er. »Sieh mich an.« Er ließ sie nicht aus den Augen, während er mit einer Hand ihr Handgelenk umfasste und mit der anderen ihre Finger vom Messergriff löste. Dann steckte er es wieder in den Messerblock.
»Was ist passiert?«
Sie hob die Hand und zeigte auf den Tisch. Er ging hin und starrte auf den roten Schal, den offenen Umschlag.
»Ruf die Polizei an«, sagte er zu ihr, aber als sie nicht reagierte, nahm er ihr das Telefon aus der Hand.
»Kurzwahltaste eins ist das Büro des Sheriffs. Entschuldigung. Ich muss mich …« Sie glitt zu Boden und legte den Kopf zwischen die Knie.
»Hier. Trink.« Simon drückte ihr ein Glas Wasser in die Hand. »Trink, Fiona.« Er hockte sich vor sie und führte das Glas an ihre Lippen.
»Deine Hände sind heiß.«
»Nein, deine sind kalt. Trink das Wasser.«
»Ich kann nicht schlucken.«
»Doch, du kannst. Trink das Wasser.« Er drückte ihr das Glas an die Lippen. »Davey ist auf dem Weg.«
»Okay.«
»Erzähl es mir.«
»Ich habe einen Kolibri gesehen, und dann habe ich angehalten, um die Post mitzunehmen. Ich habe sie mit den Einkäufen hereingebracht und dachte, dass in dem Umschlag Fotos von einem meiner Hundeschüler wären. Die Leute schicken mir manchmal Fotos. Aber …«
Er stand auf, ergriff den Umschlag mit spitzen Fingern und drehte ihn um. »Er ist in Lakeview, Oregon, abgestempelt. Kein Absender.«
»Ich habe gar nicht darauf geachtet. Ich habe ihn einfach aufgemacht – kurz bevor du gekommen bist. Direkt davor. «
»Ich hätte nicht einfach so hereinkommen und dich erschrecken können, wenn du die Tür nicht offen gelassen hättest. «
»Ja, du hast recht.« Der Kloß in ihrem Hals löste sich
nicht auf. Auch das Wasser nützte nichts, deshalb konzentrierte sie sich auf Simons Gesicht, auf seine braunen Augen. »Das war sorglos. Das kommt davon, wenn man entspannt und glücklich ist. Blöd.« Sie stand auf und stellte das Glas auf die Küchentheke. »Aber ich hatte die Hunde. Ich war nicht unbewaffnet. Wenn nicht du es gewesen wärst …«
»Ja, es wäre ihm schwergefallen, an den Hunden vorbeizukommen. Wahrscheinlich wäre es ihm nicht gelungen. Aber wenn er es geschafft hätte, Fiona, hätte er dir das Messer in zwei Sekunden abgenommen.«
Trotzig reckte sie das Kinn. »Glaubst du?«
»Hör mal, du bist stark, und du bist schnell. Aber eine Waffe zu ergreifen, die du nur aus der Nähe benutzen kannst und die gegen dich eingesetzt werden kann, ist keine gute Alternative zum Weglaufen.«
Mit zitterigen Bewegungen riss sie eine Schublade auf und holte einen Pfannenheber heraus. Auf einmal löste sich der Knoten und wich heißer Wut. »Nimm ihn mir weg.«
»Um Himmels willen.«
»Tu so, als wäre es ein Messer. Beweis mir doch deine Aussage, verdammt noch mal!«
»Gut.« Er täuschte mit der rechten Hand an und griff dann mit der linken nach ihrem Arm.
Fiona wechselte das Standbein, packte seinen Arm und zog ihn daran zu sich heran. Er musste sich an der Wand abstützen, weil er sonst mit dem Gesicht dagegengeprallt wäre.
»Jetzt hätte ich dir einfach das Messer in den Rücken gestochen – oder ich hätte dir hinten in die Knie getreten, dass du zu Boden gegangen wärst. Ich bin nicht hilflos. Ich bin kein Opfer.«
Er blickte sie an. Ihr Gesicht war wutverzerrt, aber das war ihm tausendmal lieber als Angst.
»Guter Griff.«
»Ja.« Sie nickte. »Da hast du verdammt recht. Soll ich dir noch einen zeigen? Vielleicht den, mit dem ich dir in die Eier trete, dass du dich vor Schmerzen auf dem Boden windest?«
»Nein, das lassen wir lieber aus.«
»Nur weil ich Angst habe, bin ich noch lange nicht schwach. Angst zu haben bedeutet auch, dass ich alles tue, um mich zu verteidigen.« Sie warf den Pfannenheber ins Spülbecken. »Hättest du nicht wenigstens ein bisschen Mitgefühl zeigen können, ein wenig Verständnis, statt mir gleich Vorwürfe zu machen?«
»Du sitzt ja nicht mehr auf dem Boden und zitterst. Da bin ich weniger geneigt, mit der Faust durch die Wand zu gehen. «
»Ist das deine Methode?«
»Ich war bisher noch nie in einer solchen Situation, aber ja, anscheinend ist das meine Methode.« Er holte den Pfannenheber aus dem Spülbecken und legte ihn wieder in die Schublade. »Aber wenn
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