Im Schatten Der Wälder: Roman
weiß, dass es nicht fair ist. Er war halt mein erster Mann.« Sie stellte die Teller auf den Tisch, nahm Besteck und Servietten aus einer Schublade. »Und sein Tod hat Narben hinterlassen. Seitdem war niemand mehr wichtig genug, dass ich mir diese Narben angesehen habe, und als ich mich in dich verliebt habe, war mir nicht klar, dass ich mich darum hätte kümmern sollen. Ich glaube, ich liebe dich. Es ist anders als bei Greg, aber es ist so, und das ist ein Dilemma für uns beide.«
Sie füllte die Weingläser auf. »Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du mir Bescheid geben würdest, was du dir so denkst.«
»Mehr nicht?«, fragte er. »Hoppla, wir haben eine Beziehung, und ach, übrigens, ich glaube, ich liebe dich. Sagst du mir Bescheid, wie du darüber denkst?«
Fiona setzte sich hin und betrachtete ihn. »Ja, das ist so in etwa die Zusammenfassung. Liebe war für mich immer etwas Positives.« Sie häufte ihm Spaghetti auf den Teller. »Sie eröffnet einem alle Möglichkeiten. Aber ich bin nicht blöd. Ich weiß schon, dass es schmerzhaft werden kann, wenn du nicht das Gleiche für mich empfindest. Wenn du mich nicht lieben kannst, tut es eben weh. Aber ich werde es schon überstehen. Außerdem kann es ja auch sein, dass ich mich irre.«
Sie nahm sich ebenfalls eine Portion Pasta. »Ich habe ja sogar geglaubt, Josh Clatterson zu lieben.«
»Wer zum Teufel ist Josh Clatterson?«
»Der Sprinter.« Sie drehte Spaghetti um ihre Gabel. »In
der zehnten und elften Klasse war ich fast zwei Jahre lang unsterblich in ihn verliebt. Aber es hat sich herausgestellt, dass es gar keine Liebe war. Mir gefiel nur, wie er die hundert Meter lief. Und vielleicht gefallen mir bei dir auch nur das Aussehen und die Tatsache, dass du meistens nach Sägemehl riechst.«
»Du hast mich noch nicht hundert Meter laufen sehen.«
»Das stimmt.« Sie lächelte. »Ich versuche nur, logisch und objektiv zu sein.«
»Das scheint dir hervorragend zu gelingen.«
»Bei dir? Das ist wahrscheinlich nur ein Verteidigungsmechanismus. «
Stirnrunzelnd aß er einen Bissen. »Verteidigung funktioniert nicht mehr, wenn du zugibst, dass es Verteidigung ist.«
»Gut beobachtet. Na ja, zu spät. Logisch und so meinte ich wegen Perry und den Vorfällen jetzt. Es stimmt, es ist wichtig, die Motivation zu verstehen. Perry hat bei mir versagt, und deshalb muss er mich noch zusätzlich bestrafen. Glaubst du, Strafe ist das richtige Wort?«
»Ja, ich denke schon.«
»Wenn sie ihn nicht gefasst hätten, hätte er es wahrscheinlich noch einmal versucht, um dem Ganzen ein Ende zu setzen. Aber zunächst einmal hat er mich am Leben gelassen und Greg getötet, weil er wusste, wie schwer es ist weiterzuleben, wenn der, den du liebst, tot ist. Er wollte mich leiden lassen, weil ich … seine Erfolgssträhne durchbrochen habe. Nein?«, fragte sie, als Simon den Kopf schüttelte.
»Weil du ihn verlassen hast.«
Fiona lehnte sich zurück. »Weil ich ihn verlassen habe?«, echote sie. »Ich bin davongekommen. Ich bin weggelaufen. Ich habe das Geschenk nicht angenommen. Den Schal. Na ja, und was sagt mir das?«
»Er hat dich nie vergessen. Du hast ihn verlassen, und er
hat dir zwar eine Narbe zugefügt, aber bestraft worden ist letztlich er. Und er kann nicht mehr zu dir, um den Kreis zu schließen. Jedenfalls nicht mit seinen eigenen Händen. Also braucht er jemanden, der das für ihn erledigt. Einen Stellvertreter. Und wie findet er ihn?«
»Vielleicht ein anderer Häftling?«
»Warum soll er sich an jemanden wenden, der schon einmal versagt hat?«
Fiona klopfte das Herz bis zum Hals. »Nein, das würde er nicht tun. Er wartet. Darin ist er gut. Er wartet also, bis er jemanden findet, den er für klug genug hält. Die Frauen, die der Stellvertreter umgebracht hat, das ist so eine Art schreckliches Training. Er läuft sich warm.«
»Und sie prahlen beide. ›Ihr habt mich eingesperrt, aber ihr könnt mich nicht aufhalten.‹«
»Du machst mir Angst.«
»Gut.« Einen Moment lang blitzten seine braunen Augen. »Hab ruhig Angst und denk nach. Was motiviert den Stellvertreter? «
»Woher soll ich das wissen?«
»Himmel, Fee, du bist doch eine kluge Frau. Warum folgt jemand den Spuren eines anderen?«
»Aus Bewunderung.«
»Genau. Und wie bringst du jemandem bei, das zu tun, was du willst?«
»Mit Lob und Belohnung. Das bedeutet aber Kontakt. Sie haben Perrys Zelle durchsucht, sie überwachen seine Besucher – und seine Schwester ist die Einzige, die zu
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