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Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Titel: Im Schatten des Feuerbaums: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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mit anderen Hunden zu balgen.«
    Wieder grinste er, doch seine Augen blickten ernst, fast traurig. Obwohl er nicht viel mit ihm gemein hatte, erinnerte er sie plötzlich an Juan. Da war etwas Resigniertes, Hoffnungsloses, Abgestumpftes, das sie noch nie an ihm wahrgenommen hatte.
    »Warum kann ich nicht auch ein Straßenköter sein?«, fragte sie.
    Er sah sie nachdenklich an. »Vielleicht, weil du zwar frech genug bist, auch mutig und stark. Aber nicht kaputt genug.«
    Sie wusste nicht, was genau er damit meinte. »Wenn etwas auf dieser Welt nicht sonderlich schwer ist, ist es, kaputtzugehen.«
    »Gewiss«, erwiderte er, »und dennoch bleibst du eine, die nach Glück sucht. Und nach Liebe. Und die überdies weiß, was Liebe ist.«
    »Du irrst dich, wenn du denkst, dass ich einen Mann suche, der mich heiratet!«
    »Ach ja?«
    »So einen brauche ich nicht und will ich nicht!«
    »Was willst du dann?«
    Sie war sich nicht sicher. »Ich will leben«, murmelte sie schließlich. »Ich will nicht allein sein. Ich will vergessen können. Den Tod meiner Eltern … Aurelia … einfach alles.«
    Während sie sprach, hob sie unwillkürlich ihre Hände, zog sich die Spangen aus dem Haarknoten und schüttelte den Kopf, bis die Haare nach allen Seiten abstanden.
    Jiacinto stützte sich auf seine Ellbogen auf und betrachtete sie halb nachdenklich, halb belustigt. »Immer noch kein Straßenköter …«
    Da sprang sie zornig auf, zerrte ungestüm an ihrem Kleid und achtete nicht darauf, dass sie zwei Knöpfe abriss. Sie zog es aus und stand nur noch im dünnen Hemdchen vor ihm. Obwohl kühle Luft sie traf, wurde ihr plötzlich ganz heiß.
    Er lachte auf. »Immer noch kein Straßenköter«, wiederholte er.
    Kurz befürchtete sie, jemand würde in den Raum kommen, würde sie beobachten, wie sie nun auf das Bett zutrat, die Beine spreizte, sich auf ihn hockte. Aber dann dachte sie, dass dieser Anblick keiner war, den nicht jeder, der in der Wohnung der Carrizos ein und aus ging, schon hundertfach gesehen hatte.
    »Und jetzt?«, fragte sie rauh, beugte ihr Gesicht zu seinem herab und küsste ihn. Sie schmeckte Zigarettenrauch und Wein und Schmutz. Der Ekel war so groß wie die Gier. Der Wunsch, ihn ewig festzuhalten und zu küssen, so groß wie der, zurückzuweichen und zu fliehen.
    Er packte sie an den Schultern, schob sie ein wenig zurück und betrachtete sie. Erst sah sie neuerliche Belustigung in seinen Zügen aufblitzen, dann die gleiche Gier, die sie selbst schmeckte. Obwohl er betrunken war, wälzte er sie blitzschnell auf den Rücken und kam nun seinerseits auf ihr zu liegen.
    »Immer noch kein Straßenköter«, sagte er zum dritten Mal.
    »Na und?«, gab sie zurück. Sie fühlte, wie seine Gier wuchs, und wusste, dass sie gewonnen hatte – wenn auch nicht, was genau. »Gerade darum begehrst du mich doch.«
    Weder bejahte er es, noch stritt er es ab, beugte sich vielmehr seinerseits vor und küsste sie. Er tat es hastig, als bliebe ihm nicht viel Zeit. Alles, was folgte, ging unglaublich schnell, so dass sich später das Gefühl festsetzte, es hätte nur Sekunden gewährt. Er zog ihr Leibchen hoch, strich mit seinen schwieligen Händen über ihren Körper, zerrte schließlich an seiner Hose. Sein schmutziges Hemd ließ er an. Er befühlte ihre Brüste, und dass ihre Haut so weich war, schien ihm zu gefallen. Auf jeden Fall lächelte er. Sie hingegen fühlte nichts. Ihr Körper, eben noch so heiß und zitternd, war wie tot. Er führte sein Geschlecht an ihre Schenkel, grub sich in ihren Körper, und instinktiv hielt sie den Atem an, um sich gegen den Schmerz zu wappnen. Doch auch den fühlte sie nicht.
    In ihrem Kopf kreiste der Gedanke, dass sie bekam, was sie wollte, aber dieser Kopf schien nicht zu ihrem Körper zu gehören.
    Einige hektische Stöße – und es war vorbei. Er zog sich aus ihr heraus, ergoss sich stöhnend auf ihrem Bauch. Kurz, ganz kurz ahnte sie die Wärme, aber dann erkaltete sein Samen und mit ihm ihre Seele.
    Er lag noch immer auf ihr, aber sein Körper war ihr so fremd wie ihrer. Als er sich von ihr wälzte, machte sie keine Anstalten, sich aufzurichten und sich abzuwischen – seinen Samen auf ihrem Bauch und ihr jungfräuliches Blut zwischen ihren Schenkeln.
    Sie wusste nicht, ob er dieses überhaupt bemerkt hatte.
    Er lag nun wieder auf dem Rücken, starrte zur Decke und begann zu reden, wahrscheinlich über Politik und den Sozialismus und den Anarchismus und warum die Liberalen unrecht hatten,

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