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Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Titel: Im Schatten des Feuerbaums: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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Carrizos hier herausgeholt worden war, hinunter und drückte dankbar Valentinas Hand.
    Diese zog sie rasch zurück, ließ sich ansonsten aber ihren Widerwillen vor all dem Dreck nicht anmerken. Mit gestrafftem Rücken verließ sie das Gefängnis, und Victoria folgte ihr. Als sie ins Freie traten, japste sie gierig nach frischer Luft, als hätte sie über Jahre nur die vermoderte des Kerkers gerochen.
    »Was machst du für Sachen?«, murmelte Valentina und führte sie zur Droschke, wo Pepe wartete. Erst erging dieser sich in Vorwürfen, dass seine Mutter ihn angewiesen hatte, hierzubleiben, anstatt mitzukommen – doch als er Victorias ansichtig wurde, verstummte er entsetzt. Sie blickte auf sich herab: Ihr Kleid war zerfetzt, über ihre Hände lief etwas Blut, die Haare hingen ihr ins Gesicht. Mitleid war in Pepes Blick zu lesen, aber auch derselbe Ekel wie in dem seiner Mutter. Als sie die Droschke bestieg, fragte er zwar. ob es ihr gutging, rückte jedoch von ihr ab, um ihr ja nicht zu nahe zu kommen.
    Victoria verkrampfte ihre Hände, als die Droschke losfuhr, aber diese hörten dennoch nicht zu zittern auf.
    »Wieso … wieso habt ihr gewusst, dass ich hier bin?«
    »Hätte übel ausgehen können, Mädchen …«, knurrte Valentina, und Pepe nickte zustimmend.
    Victoria löste ihre Hände voneinander und verschränkte sie über der Brust, als Valentina fortfuhr: »Eine Frau, die in der Wäscherei des Krankenhauses arbeitet, hat gesehen, was passiert ist. Sie kannte dich. Offenbar leidet sie an Tuberkulose, und du hast ihr einmal ein Medikament gegeben und verzichtet, ihre Krankheit zu melden. Nachdem du verhaftet worden bist, kam sie zu uns.«
    »Und du hast meine Freilassung bewirkt …«, murmelte Victoria, nicht sicher, in welche Worte sie ihren Dank kleiden sollte. Keines schien ausreichend, aber Valentina wartete auch nicht darauf.
    »Wenn man mit ein bisschen Geld winkt, ist hier jeder bestechlich.«
    Dann schloss sie die Lippen zum Zeichen, dass sie nichts mehr sagen würde, bis Victoria halbwegs vom Dreck gereinigt war, und auch diese wünschte sich nichts mehr, als endlich das ekelerregende Gefühl vom Leib zu waschen.
    Als sie zu Hause ankamen, befahl Valentina dem Dienstmädchen sofort, ein Bad einzulassen, und wenig später versank Victoria tief im heißen Wasser und verharrte so lange unter der Oberfläche, bis sie die Luft nicht länger anhalten konnte. Prustend tauchte sie auf, die Haut brannte von der Hitze und weil sie sie nun heftig mit dem Waschlappen abrieb. Als sie sich später abtrocknete, das noch feuchte Haar flocht und frische Kleidung anzog, fühlte sie sich etwas besser. Hunger erwachte – und zugleich Angst, Angst um Rebeca.
    Erst jetzt konnte sie sich der Frage stellen, warum sie nicht beim Treffpunkt erschienen war, und ihr kam ein schlimmer Verdacht: Vielleicht war Rebeca auch verhaftet worden, vielleicht saß sie irgendwo in einem stinkenden Loch, und es gab keine Valentina, die sie befreite!
    Victoria stürmte aus ihrem Gemach. Im Speisezimmer saßen Valentina und Pepe beim Abendessen, doch Victoria nahm nur ein Stück Brot und schlang es stehend herunter.
    »Wir müssen reden«, erklärte Valentina.
    »Ich habe keine Zeit! Ich muss zu den Carrizos! Ich muss wissen, ob mit Rebeca alles in Ordnung ist.«
    Valentina achtete nicht auf den Einwand. »Setz dich, Mädchen!«, befahl sie streng.
    Nur widerwillig fügte sich Victoria. »Bitte … bitte keine Standpauken, nicht jetzt. Es war falsch, die Medikamente zu stehlen, und …«
    »Was du stiehlst oder nicht, ist mir egal«, knurrte Valentina. »Und eigentlich geht mich auch die Angelegenheit nichts an, über die ich nun mit dir reden muss. Du bist mein Gast, und du kannst es so lange bleiben, wie du willst. Ich bewunderte deine Mutter, und ich schätze dich. In jedem Fall solltest du wissen …«
    Sie brach ab, während Pepe seinen Kopf einzog und offenbar wusste, dass eine unangenehme Enthüllung bevorstand.
    »Was wissen?«, fragte Victoria.
    »Nun, dass kein Geld mehr von deinem Erbe da ist. Du hast es in den letzten Jahren verbraucht. Zumindest den Teil, auf den du Zugriff hast. Und der andere …«
    Wieder brach sie ab.
    Victoria starrte sie verständnislos an. Sie hatte sich nie viel Gedanken über Geld gemacht, sondern es bereitwillig für die Carrizos ausgegeben, wann immer diese sie um einen Beitrag baten. Valentina wiederum hatte ihr den Anteil vom Erbe stets kommentarlos ausbezahlt.
    »Aber …«
    »Was diesen

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