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Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Titel: Im Schatten des Feuerbaums: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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mahlten. »Sei nicht so feindselig!«, brach es plötzlich aus ihm hervor. »Ich habe mir nur deinetwegen die Mühe gemacht, hierherzukommen. Es war wahrlich anstrengend. Und wir sind doch Freunde!«
    »Zumindest sind wir das gewesen, ehe du dich an meine Frau herangemacht hast«, erwiderte Tiago kalt.
    Andrés’ Augenlider zuckten. »Das war ein Missverständnis«, sagte er hastig. »Ich wollte Aurelia nicht zu nahe treten, das musst du mir glauben. Ich wollte sie lediglich trösten.«
    »Ha! Trösten! Warum sollte sie Trost brauchen? Sie ist doch glücklich, ihr Leben ist wunderbar!«
    Andrés’ eben noch flackernder Blick wurde ganz starr, als er sich in Tiagos Augen bohrte.
    »Glaubst du das wirklich?«, fragte er gedehnt, und diesmal hatte Tiago keinen Zweifel, was er fühlte: Verachtung.
    Nun war er es, der mit den Zähnen knirschte. »Wag es nicht, dich in unser Leben einzumischen! Du hast keine Ahnung!«
    »Hab ich nicht?«, gab Andrés lauernd zurück. »Ich weiß genau, wie es ist, unter der Fuchtel eines strengen Vaters zu stehen.«
    »Du bist seinetwegen hier, nicht wahr?«, konterte Tiago. »Er hat dich gezwungen, die Versöhnung mit mir zu suchen. In Wahrheit willst du das überhaupt nicht, gib es doch zu! Du vergehst vor Neid, weil Aurelia mich liebt, nicht dich. Weil ich reicher bin. Weil ich mehr Macht habe …«
    »Macht, pah!« Andrés konnte seine Verbitterung nicht länger verhehlen. »Du bist auch nur hier, um William zu beeindrucken, und da redest du von Macht? Wann hast du denn das letzte Mal frei über dein Leben entschieden? Wann hast du etwas abgelehnt, was er von dir verlangte?«
    »Und was geht dich das an?«, gab Tiago erbost zurück.
    Es war sinnlos, mit Andrés zu reden, ging ihm auf – und sinnlos, zu glauben, der Freund wäre wirklich auf Versöhnung aus.
    Er wollte sich zum Gehen wenden, doch Andrés stellte sich ihm in den Weg.
    »Soll ich dir etwas sagen?«, begann er zu höhnen. »Ich gönne es dir von ganzem Herzen! Dass es mit deinem freien Leben vorbei ist! Dass auch du nicht mehr in den Tag hineinleben kannst, wie du es lange Jahre getan hast! Dass du genauso um die Gunst deines Vaters buhlen musst wie ich um die des meinen! Jetzt endlich lernst du die Lektion, dass man nicht beides gleichzeitig haben kann – nicht Geld und Freiheit.«
    Tiago wich zurück. Der Hass, der in Andrés’ Worten aufflammte, erschütterte ihn, weil er alt war – so viel älter als ihr Streit in Santiago. Gewiss, seit Aurelia in ihr Leben getreten war, hatte es immer wieder Spannungen gegeben, aber die Rechnung, die Andrés mit ihm offen zu haben schien, hatte nicht nur mit ihr zu tun. Als ihm das aufging, wich Tiagos Wut Erschütterung.
    »Warum bist du nur so voller Missgunst und Hass?«, fragte er. »Was habe ich dir denn getan? Ich habe mir nicht ausgesucht, als William Browns Sohn geboren zu werden.«
    »Aber du hast dich dafür auch nie als besonders dankbar erwiesen.«
    »Ja, und? Was willst du denn? Soll ich gegen meinen Vater rebellieren, weil du es nicht wagst? Oder soll ich mich fügen, weil auch du das tun musst? Egal, was ich tue, ich habe den Eindruck, dass nichts dir recht wäre.«
    Andrés’ Füße scharrten im Sand. »Mir würde es schon reichen, wenn du nicht so unendlich selbstgerecht wärst.«
    »Selbstgerecht!«, stieß Tiago aus. »Pah! Ich versuche, irgendwie das Beste aus meinem Leben zu machen … Und ja, falls es dich zufrieden stimmt: Ich bin nicht glücklich. Nicht immer zumindest. So viele meiner Pflichten langweilen mich. Diese Sehnsucht zu malen – sie erlischt einfach nicht.«
    »Eben! Und Aurelia geht es genauso! Das weißt du auch, weißt es ganz genau, oder kannst du es leugnen?«
    Tiago senkte seinen Blick. Er konnte es nicht. Weil er immer geahnt hatte, dass es so war. Und weil es ihm das Herz zerriss.
    Doch vor dem feindseligen Andrés wollte er seine wahren Gefühle nicht zeigen. »Sie hat die Malerei freiwillig aufgegeben. Es war ihre Entscheidung, ich habe sie nicht dazu gezwungen.«
    »Aber du hast sie zu deiner Frau gemacht, und auf diese Weise ist ihr nichts anderes übriggeblieben. Ich, Tiago, ich wäre der bessere Mann für Aurelia gewesen. An meiner Seite hätte sie nie auf ihre größte Leidenschaft verzichten müssen.«
    »Und mich nennst du selbstgerecht?«, höhnte Tiago. Die Wut kehrte zurück. All die Jahre hatte er nicht nur geahnt, dass Aurelia an seiner Seite mehr verkümmerte als aufblühte, sondern auch, dass Andrés sie

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