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Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Titel: Im Schatten des Feuerbaums: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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sondern auch laut. Die Mütter aus der Siedlung saßen hinter ihren Kochtöpfen – wobei nicht einmal jede einen eigenen hatte – und schlugen als Zeichen ihres Protestes darauf.
    Victoria glaubte, dass ihr das Trommelfell platzen müsste, während Rebeca und Jiacinto der Lärm zu gefallen schien. Seinetwegen setzte auch Victoria ein Lächeln auf, doch allzu bald gesellte er sich, der mit den beiden Frauen gekommen war, zu einer Gruppe anderer Männer, und der Blick auf ihn wurde von vielen Köpfen verstellt.
    »Die vielen Menschen hier«, murmelte Victoria in Rebecas Richtung, »das kann auch gefährlich werden … nicht nur wegen der Unruhen. Aber denk an die vielen Krankheiten, die gerade in den ärmlichen Siedlungen verbreitet werden. An einem Tag wie heute …«
    Sie starrte auf eine Gruppe kaum bekleideter, greinender Kinder, die sich um ihre Mütter scharten – oft die ersten Opfer der vielen Seuchen.
    »Du und die stete Sorge um die Hygiene!«, rief Rebeca mit verdrehten Augen. »Heute geht’s um Gerechtigkeit, nicht um Gesundheit!«
    Das eine wäre ohne das andere nicht möglich, hätte Victoria gerne gesagt, aber da ließ Rebeca sie schon stehen. Wie Jiacinto hatte auch sie in der Menge vertraute Gesichter entdeckt und stellte sich zu einer Gruppe Männer. Sie grölten wild durcheinander, und die wenigen Worte, die Victoria verstand, waren sehr anzüglich. Rebeca schien sich nicht daran zu stören, legte den Kopf in den Nacken und lachte, ehe sie genauso schmutzige Antworten gab.
    Victoria hätte sich gerne von jener Gruppe ferngehalten, wollte zugleich aber verhindern, dass Rebeca wie Jiacinto in der Menge verschwand, und huschte hastig an ihre Seite. Bei jedem Schritt spürte sie das Gewicht von Franciscos Pistole in der Innentasche ihres Kleides.
    »Wer seid ihr überhaupt?«, fragte einer der Männer.
    »Wir sind Hexen!«, erklärte Rebeca stolz.
    Victoria wusste zwar, dass man damit gemeinhin Feministinnen bezeichnete – doch stets taten das nur ihre Gegner, nicht die Frauen selbst. Rebeca aber gefiel es offenbar, sich so zu nennen.
    »Ja, Hexen!«, wiederholte sie.
    »O Gott!«, stöhnte einer der Männer. »Ein marimacho … «
    Auch das war eine Beleidigung für die Feministinnen – bekundend, dass diese Mannweiber waren und ihre Weiblichkeit leugneten.
    »Wir wollen gewiss keine Männer sein«, hielt Rebeca entgegen, »nur beweisen, dass unser Geist nicht weniger wach ist als eurer.«
    »Stimmt, stimmt«, höhnte einer und griff sich provokant zwischen die Beine. »Ihr seid keine Männer, ihr habt ja auch keinen Schwanz.«
    »Aber dafür Brüste«, erwiderte Rebeca kokett.
    »In deinem Fall nicht sonderlich große«, lachte einer und wandte sich Victoria zu. »Da hat deine Freundin schon mehr zu bieten.«
    Victoria hoffte, sie müsste nichts weiter als aufdringliche Blicke ertragen, doch während sie nach einer Antwort rang, die genau so keck ausfiel wie die Rebecas, schnellte die Hand des Mannes plötzlich vor und legte sich auf eine ihrer Brüste. »He!«, entfuhr es ihr empört. Sie versuchte zurückzuweichen, doch da stand schon ein anderer, um seine Hände um ihre Taille zu legen. Sie entwand sich ihm, hob die Hand und versetzte ihm eine schallende Ohrfeige.
    Rebeca prustete los, der Mann dagegen schien alles andere als amüsiert. »Wie? So muss man euch Hexen also erst Manieren beibringen?«
    Binnen weniger Augenblick war die Stimmung gekippt und aus harmlosem Spott echte Feindseligkeit geworden. Victoria versuchte, sich an den Männern vorbeizudrängen, doch ehe sie auch nur einen Schritt machte, geschah so viel gleichzeitig, dass sie hinterher nicht mehr wusste, in welcher Reihenfolge es sich überhaupt zugetragen hatte.
    Aus den Augenwinkeln sah sie, wie nun auch Rebeca, die aufgehört hatte zu lachen, die Hand hob, um dem Mann ebenfalls eine Ohrfeige zu versetzen. Doch anders als Victoria gelang es ihr nicht, stattdessen wurde ihre Hand gepackt und zurückgezerrt. Und plötzlich waren da so viele weitere Fäuste in der Luft – nicht etwa von jenen Männern, die Rebeca und Victoria züchtigen wollten, sondern von Jiacinto, seinen Kumpanen und sogar vom unerwartet auftauchenden Juan, die wohl beobachtet hatten, was geschehen war, und sich in das Gemenge stürzten, um die Frauen zu retten.
    Zumindest dachte Victoria dies hoffnungsfroh – dass es um ihren Schutz ging und Jiacinto die Sorge um sie trieb. Doch als sich binnen kurzem eine wilde Rauferei entspann, sah sie an

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