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Im Schatten des Fürsten

Im Schatten des Fürsten

Titel: Im Schatten des Fürsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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und deinem Zimmer hin und her läufst.«
    »Maestro?«, fragte Tavi. »Jetzt, wo Max da ist …«
    Killian seufzte. »Ja, Tavi. Ich werde Befehle niederschreiben, damit nach der Wehrhöferin Isana gesucht wird. Bist du dann zufrieden?«
    »Aber natürlich, Herr.«
    »Hervorragend. Du musst noch ein paar Botengänge für mich erledigen. Danach solltest du dich ebenfalls ausruhen. Melde dich nach der Geschichtsprüfung wieder bei mir. Und nun los mit dir.«
    »Ja, Herr«, sagte Tavi. Er nahm den Stapel Briefe und wandte sich zum Gehen, wobei er das schmerzende Bein ein wenig schonte.
    An der Tür rief Killian ihn zurück. »Ach, Tavi?«
    »Herr?«
    »Wer ist eigentlich mit dir in den Grauen Turm eingestiegen?«
    Tavi unterdrückte seine Überraschung und Nervosität. »Niemand, Herr. Warum fragst du?«
    Killian nickte. »Du hast gesagt: ›Dann sind wir auf dem gleichen Weg, auf dem wir rein sind, wieder raus.‹ Das klingt so, als wärst du nicht allein gewesen.«
    »Oh. Ein einfacher Versprecher, Maestro. Natürlich war ich allein.«
    »Ja«, murmelte Killian. »Davon bin ich überzeugt.«
    Tavi erwiderte nichts, und der alte Maestro starrte ihn aus blinden Augen schweigend an.
    Bis er schließlich kicherte, die Hand hob und milde, aber ganz und gar nicht belustigt sagte: »Wie du willst. Sprechen wir später darüber.« Er schickte ihn mit einem knappen Wink davon.
    Tavi verließ eilig die Meditationskammer und machte sich daran, die Briefe zu überbringen. Bevor die Morgenglocke zum zweiten Mal läutete, hatte er nur noch einen auszuliefern, ein weiteres Sendschreiben an den Botschafter Varg in der Schwarzen Halle.
    Tavi trat auf die Wachposten zu. Es waren die gleichen wie am Tag zuvor. Irgendetwas an ihren Mienen und an ihrer Haltung wirkte jedoch sonderbar, und Tavi blickte sich im Eingang der Canim-Gesandtschaft um, bis ihm dämmerte, was hier nicht stimmte.
    Die Canim-Wachen fehlten. Die Aleraner standen wie immer dem Eingang der Botschaft zugewandt, aber ihre Canim-Gegenstücke waren nicht da. Tavi ging hinein, nickte ihnen zu und warf den Brief durch die Gitterstäbe in den Korb dahinter. Dann wandte er sich den aleranischen Wachen zu und fragte: »Wo sind die Canim-Wächter?«

    »Keine Ahnung«, antwortete einer von ihnen. »Habe sie heute Morgen noch nicht gesehen.«
    »Eigenartig«, meinte Tavi.
    »Das kannst du laut sagen«, erwiderte die Wache. »Und hier ist es sowieso schon eigenartig, auch ohne solche Vorkommnisse.«
    Tavi nickte den Männern zu, verließ den Palast und eilte zur Akademie und zu dem Zimmer zurück, das er sich mit Max teilte.
    Unterwegs fing er plötzlich an zu zittern, und sein Atem beschleunigte sich, obwohl er gar nicht so schnell ging. Außerdem wurde ihm flau im Magen.
    Tante Isana war entführt worden und wurde vermisst. Und wäre er schneller oder nur ein wenig klüger gewesen, oder hätte er bloß ein bisschen leichter geschlafen und ihren Boten gehört, so wäre sie gewiss nicht verschleppt worden. Vorausgesetzt, man hatte sie lediglich verschleppt und nicht an einen anderen Ort gebracht, um sie dort zu töten.
    Tränen verschleierten seinen Blick, und eine Sekunde lang geriet er ins Taumeln. Jetzt hatte er nichts mehr, womit er sich von der schrecklichen Ungewissheit ablenken konnte, dachte er. Solange er Kitai gejagt, in den Grauen Turm eingedrungen, Max gerettet und Maestro Killian belogen hatte, galt seine ganze Aufmerksamkeit dem, was gerade zu tun war. Im Moment aber standen keine weiteren Aufgaben an, und die Gefühle, die er verdrängt hatte, brandeten nun unaufhaltsam wie Gezeiten über ihn hinweg.
    Tavi warf krachend die Tür seines Zimmers zu, lehnte sich dagegen und starrte zur Decke. Die Tränen wollten gar nicht mehr aufhören. Er sollte sich eigentlich beherrschen können, aber es gelang ihm nicht. Vielleicht war er zu angeschlagen, zu müde.
    Aus dem dämmrigen Zimmer hörte Tavi eine Bewegung, und einen Augenblick später fragte Kitai leise: »Aleraner? Geht es dir nicht gut?«
    Tavi wischte sich die Augen mit dem Ärmel ab und sah zu Kitai, die nun mit verwirrter Miene vor ihm stand. »Ich … ich mache mir Sorgen.«

    »Weswegen?«
    Er legte sich die Hände auf den Bauch. »Das kann ich dir nicht sagen.«
    Kitai runzelte die weiße Stirn. »Warum nicht?«
    »Aus Gründen der Sicherheit«, antwortete er.
    Sie sah ihn verdutzt an.
    »Gefährliche Geheimnisse«, erläuterte er. »Wenn Gaius’ Feinde sie erfahren, könnte das eine Menge Menschen das Leben

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