Im Schatten des Fürsten
entdeckte den Schlüssel und holte ihn. »Nicht gerade überwältigend, die Sicherheitsvorkehrungen hier.«
»Wer in dieser Zelle landet, wird eher aus politischen Gründen festgehalten«, meinte Max. »Das Gitter ist mehr zur Zierde da.« Er schnitt eine Grimasse. »Aber Elementarwirken ist hier unmöglich.«
»Armer Junge, keine Elementare«, meinte Tavi und steckte den Schlüssel ins Schloss. »Mach schon. Zieh dich an, und lass uns von hier verschwinden.«
»Machst du Witze?«
»Nein. Wir brauchen dich, Max.«
»Tavi«, erwiderte Max. »Du bist doch verrückt. Ich habe zwar keine Ahnung, wie du hereingekommen bist, aber …«
»Aleraner«, fauchte Kitai. »Wir haben nicht mehr viel Zeit, bis es dämmert.« Sie wandte sich Tavi zu, und ihre Kapuze fiel in den Nacken. »Wir müssen los, ob nun mit ihm oder ohne ihn.«
»Wer ist das?«, fragte Max. Er blinzelte. »Eine Marat !«
»Das ist Kitai. Kitai, das ist Max.«
»Sie ist eine Marat? «, schnaubte Max.
Kitai legte die weiße Stirn in Falten und fragte Tavi: »Ist er immer so langsam im Kopf?«
»An manchen Tagen habe ich den Eindruck«, antwortete Tavi. Er trat in die Zelle und ging zu Max. »Komm schon. Wir dürfen doch nicht zulassen, dass dieser Idiot Brencis das ganze Reich ins Chaos stürzt. Also müssen wir hier raus. Durch die Tiefen kommen wir bis zum Palast, und so schaffen wir es zu Killian, ohne von irgendwem bemerkt zu werden. Und du kannst dich wieder an die Arbeit machen und meiner Tante helfen.«
»Aus der Haft zu fliehen gilt als Hochverrat«, sagte Max. »Dafür können sie mich hängen. Und nicht nur mich, sondern auch dich, weil du mir geholfen hast. Und bei den verfluchten Elementaren, Tavi, du hast auch noch eine Marat angeschleppt.«
»Erwähne Kitai mit keinem Wort gegenüber Killian und Miles. Wir bringen den Rest schon in Ordnung«, sagte Tavi.
»Und wie?«
»Weiß ich nicht. Noch nicht. Aber wir schaffen das schon, Max. Viele Leute werden sterben, wenn wir jetzt die Kontrolle verlieren.«
»Trotzdem schaffen wir es nicht«, meinte Max. »Tavi, du hast es vielleicht hier hereingeschafft, aber die Elementarkräfte, die den Weg nach draußen blockieren, sind doppelt so stark. Die spüren alles, was ich tue, und …«
Tavi hob eine Leinenhose auf und warf sie Max an den Kopf.
»Zieh dich an. Wir sind hier drin und haben nicht die Hilfe eines einzigen Elementars beansprucht. Und wir verschwinden auf dem gleichen Weg.«
Max starrte Tavi skeptisch an. »Wie das?«
Kitai schnaubte verächtlich. »Alle hier denken immer, man könne ohne Zauberei nichts auf die Beine stellen, Aleraner. Ich sag es noch mal: Ihr seid alle verrückt.«
Tavi wandte sich an Max. »Max, du hast mir heute schon einmal das Leben gerettet. Aber ich brauche deine Hilfe immer noch. Und ich schwöre dir, sobald meine Tante in Sicherheit ist, werde ich alles tun, was ich kann, um zu verhindern, dass du dafür bestraft wirst.«
»Alles, was du kannst, he?«, meinte Max.
»Ich weiß. Viel ist das nicht.«
Max sah Tavi kurz in die Augen, dann schwang er die Beine über die Bettkante und zog die Hose an. »Mir genügt es.« Er schnaubte angestrengt, und als er sich erhob, schwankte er leicht. »Tut mir leid. Sie haben die Wunden geheilt, aber ich bin noch ganz schön steif.«
Tavi stopfte die Kissen unter die Decken, damit es bei flüchtigem Hinsehen den Anschein hatte, als würde Max dort liegen, dann stützte er seinen Freund. Mit ein wenig Glück würden die Wachen ›Max‹ einfach stundenlang schlafen lassen, ehe sie bemerkten, dass ihr Gefangener ausgeflogen war.
Dann gingen sie los, und Tavi schloss die Zelle hinter ihnen ab und legte den Schlüssel dorthin zurück, wo er ihn gefunden hatte.
»Tavi«, murmelte Max, während sie, Kitai hinter ihnen, die Treppe hinaufstiegen. »Ich hatte nie zuvor einen Freund, der so was für mich getan hätte. Danke.«
»Na ja«, meinte Tavi, »ich würde mit dem Danken warten, bis du gesehen hast, auf welche Weise wir den Grauen Turm verlassen.«
32
»Dann sind wir auf dem gleichen Weg, auf dem wir rein sind, wieder raus, Maestro, und jetzt sind wir da. Niemand hat uns gesehen, als wir in die Tiefen gestiegen oder hier angekommen sind, außer den Wachposten auf der Treppe.« Tavi blickte Killian unentwegt ins Gesicht und unterdrückte nur mit Mühe seine Aufregung, während er erzählte.
Killian saß auf dem Stuhl neben Gaius’ Bett und trommelte mit den Fingern auf seinen Stock. »Also, will doch mal
Weitere Kostenlose Bücher