Im Schatten des Fürsten
»Und tun, was notwendig war. Freude hat mir das nicht gemacht.«
Isana spürte die Ehrlichkeit des Mannes, womit ihr aber nur noch bewusster wurde, wie wütend sie eigentlich war. »Jedenfalls mehr Freude als den Menschen vom Aldohof. Oder als Warner und seinen Söhnen. Mehr als den Männern und Frauen, die in Kaserna ihr Leben lassen mussten.«
»Gewiss«, stimmte Fidelias zu.
»Weshalb?«, wollte sie wissen. »Weshalb hast du das getan?«
Er verschränkte die Arme vor der Brust und dachte einen Augenblick lang nach. »Weil ich glaube, dass Gaius’ Herrschaft und seine Entscheidungen während des letzten Jahrzehnts das Reich in die Katastrophe führen. Wenn er der Erste Fürst bleibt oder ohne einen starken Erben stirbt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die mächtigen Hohen Fürsten nach dem Thron greifen. Ein Bürgerkrieg aber wäre das Ende von Alera.«
»Ach«, sagte Isana, »um die Menschen von Alera zu retten, musst du sie töten?«
Er lächelte sie frostig an. »So könnte man es auch ausdrücken. Ich unterstütze denjenigen Hohen Fürsten, der aller Wahrscheinlichkeit nach die Führung des Reiches übernehmen kann. Dabei bin ich nicht immer mit seinen Plänen und seinen Methoden einverstanden. Aber auf lange Sicht ist der Schaden für das Reich geringer.«
»Wie schön muss es sein, wenn man so eingenommen von sich und seiner Weisheit ist.«
Fidelias zuckte mit den Schultern. »Wir können doch nur das tun, was wir für das Beste halten. Was uns zu dir führt, Wehrhöferin.«
Isana hob das Kinn und wartete.
»Meinem Auftraggeber würde es gefallen, wenn du in der Öffentlichkeit erklärst, dass du sein Haus unterstützt.«
Isana lachte gequält auf. »Das meinst du doch nicht ernst.«
»Im Gegenteil«, sagte Fidelias. »Du solltest nur daran denken, welche Vorteile dir ein solches Bündnis bringen würde.«
»Niemals«, erklärte Isana. »Ich bin kein Verräter am Reiche wie du.«
Fidelias zog eine Augenbraue hoch. »Und welcher Teil des Reiches verdient diese Treue?«, fragte er. »Etwa Gaius? Der Mann, der dich und deinen Bruder zu Symbolen seiner persönlichen Macht und damit zu Zielscheiben für seine Feinde gemacht hat? Der Mann, der deinen Neffen gewissermaßen als Geisel festhält, um sich deiner Treue zu versichern?«
Sie starrte ihn an, sagte jedoch nichts.
»Ich weiß, du bist nach Alera Imperia gekommen, weil du ihn um Hilfe bitten wolltest. Und ich weiß außerdem, dass er dich bisher nicht empfangen hat - und schon gar nicht versucht hat, dich zu beschützen, trotz der Gefahren, denen er dich durch seine Einladung ausgesetzt hat. Wenn mein Auftraggeber nicht eingegriffen hätte, würdest du jetzt tot neben Nedus und Serai liegen.«
»Das ändert nichts«, sagte sie leise.
»Nicht?«, fragte Fidelias. »Was hat er getan, Wehrhöferin? Womit hat sich Gaius deine Treue und deine Hochachtung verdient?«
Sie antwortete nicht.
Wieder stellte sich Schweigen ein, bis er sagte: »Mein Auftraggeber wünscht, dass du dich mit seinem Stellvertreter triffst.«
»Habe ich die Wahl, ein solches Treffen abzulehnen?«, fauchte Isana.
»Gewiss«, antwortete Fidelias. »Du bist keine Gefangene, Wehrhöferin. Du kannst gehen, wann immer es dir beliebt.« Er zuckte mit den Schultern. »Du brauchst dich auch nicht mit meinem Auftraggeber zu treffen. Dieses Zimmer ist bis Sonnenaufgang bezahlt, und dann müsstest du es verlassen oder eine eigene Vereinbarung mit der Dame des Hauses treffen.«
Isana starrte ihn kurz an und machte große Augen. »Ich … verstehe.«
»Ich habe vermutet, du würdest dich um deine Wunde kümmern wollen, daher habe ich ein Bad für dich vorbereiten lassen.« Er deutete auf einen breiten Kupferzuber auf dem Boden neben dem Kamin. In einem Kessel, der an einem Haken über dem Feuer hing, brodelte Wasser. »Wehrhöferin, dir steht frei zu tun, was immer du möchtest. Aber ich würde dich bitten, erst einmal ernsthaft über ein Treffen nachzudenken. Du könntest so manchen Vorteil daraus ziehen, Möglichkeiten könnten sich eröffnen, die du gegenwärtig besser nicht ausschlagen solltest.«
Isana betrachtete erst die Wanne, dann Fidelias mit einem Stirnrunzeln.
»Brauchst du Hilfe beim Bad, Wehrhöferin?«, erkundigte er sich.
»Nicht von dir, Herr.«
Er lächelte schwach, erhob sich und neigte den Kopf. »In der Truhe neben dem Bett liegt frische Kleidung für dich bereit. Mich findest du draußen im Gang. In dem Zimmer hier solltest du sicher sein, aber
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