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Im Schatten des Fürsten

Im Schatten des Fürsten

Titel: Im Schatten des Fürsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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junge Mann verlangsamte einmal seine Schritte sogar, aber Vargs Vorsprung wuchs dadurch nicht an.
    Da keimte ein Verdacht in ihm auf, der ihn nicht mehr losließ. Während Tavi durch die Tunnel rannte, schlug er mit seinem Messer an jeder Kreuzung und jeder Abzweigung eine Markierung in den Stein. Er kannte die Gänge nahe der Zitadelle sehr gut, doch Varg hastete durch einen, den Tavi noch nie erkundet hatte, und der Cane führte sie immer tiefer in den Berg, zu den Tunneln, die bis in die Unterstadt reichten. Die Wände wurden feuchter, je weiter sie nach unten gelangten.
    Hinter der nächsten Ecke öffnete sich der Gang zu einer langgezogenen schmalen Kammer. Mit der Laterne in der Hand blieb
Tavi abrupt stehen, doch plötzlich packte jemand das Licht, riss es ihm aus der Hand und löschte die Kerze.
    Tavi drückte sich mit dem Rücken an die Wand, hielt sein Messer vor sich und bemühte sich, sein Keuchen zu unterdrücken, damit er lauschen konnte. Leise hörte er ein unablässiges Tropfen, wohl von einem Abfluss aus den Zisternen des Berges, der hier unterirdisch verlief. Kurz darauf sah er einen sanften roten Schein wie von einer der schwachen Lampen in Vargs Schwarzer Halle. Im nächsten Moment hatten sich seine Augen an das Dämmerlicht gewöhnt, und er konnte die riesige Gestalt des Botschafters ausmachen, der ein Dutzend Schritte entfernt auf dem Boden hockte, mit einer Hand Kitai festhielt und ihr die Krallen der anderen an den Hals drückte.
    Das Maratmädchen wirkte eher wütend als verängstigt. Ihre grünen Augen funkelten vor Zorn, und ihre Miene war stolz und kalt. Aber sie wehrte sich auch nicht sehr heftig gegen den stärkeren Cane.
    Varg starrte Tavi an. Seine Augen blieben im Schatten hinter Schnauze und Fell nahezu unsichtbar. Der Botschafter fletschte die Zähne.
    »Hier bin ich«, sagte Tavi leise. »Warum wolltest du mich treffen?«
    Vargs Zunge strich über die Reißzähne, und er schien zufrieden zu grinsen. »Was glaubst du denn, Junghund?«
    »Wenn du mich nur umbringen wolltest, hättest du dir eine Menge Mühe sparen können. Das hättest du längst erledigen können, auch ohne mich so weit in die Tiefen zu locken. Also willst du mir wohl etwas zeigen. Deshalb hast du dir Kitai geschnappt.«
    »Und wenn es so wäre?«, knurrte Varg.
    »Es war nicht nötig, sie gefangen zu nehmen.«
    »Nein?«, fragte Varg. »Dann sag mir doch, Junghund, wärest du mit mir hier heruntergekommen, wenn ich dich einfach darum gebeten hätte?« Wieder entblößte der Cane die weißen Zähne. »Wärest du freiwillig so weit mit mir gegangen?«

    »Guter Einwand«, meinte Tavi. »Aber jetzt bin ich hier. Lass sie los.«
    Vargs tiefes Grollen ging Tavi durch Mark und Bein.
    »Lass sie los, Botschafter«, wiederholte Tavi ruhig und beinahe ausdruckslos. »Bitte.«
    Varg starrte ihn noch einen Augenblick lang an, ehe er nickte und Kitai leicht von sich stieß. Sie taumelte ein paar Schritte und stellte sich zu Tavi.
    »Fehlt dir etwas?«, fragte Tavi sie.
    Sie zog ihr Messer aus seinem Gürtel und wandte sich dem Cane mit Mordlust in den Augen zu.
    »Warte«, verlangte Tavi und hielt sie an der Schulter fest. »Noch nicht.«
    Varg lachte, was wie ein Husten klang. »Eine kleine Wilde, dein Frauchen.«
    Tavi blinzelte. »Sie ist nicht mein Frauchen.«
    Im gleichen Moment sagte Kitai: »Ich bin nicht sein Frauchen.« Tavi errötete und sah Kitai an. Wenn Blicke töten könnten, er hätte diesen Moment nicht überlebt.
    Varg stieß erneut sein bellendes Lachen aus. »Ihr kämpft gern miteinander. Das gefällt mir.«
    »Ich nehme mal an, du hast mir meine Laterne weggenommen«, sagte Tavi.
    Der Cane knurrte bestätigend.
    »Warum?«
    »Das Licht war zu hell«, antwortete Varg. »Sie hätten es bemerkt.«
    Tavi runzelte die Stirn. »Wer sie?«
    »Wir verzichten auf den Einsatz der Reißzähne«, schlug Varg vor, dessen Zähne immer noch weiß schimmerten. »Waffenruhe. Und dann zeige ich es dir.«
    Tavi nickte sofort. Er schob sein Messer in die Scheide. »Kitai, steck deins bitte auch ein.«
    Kitai sah ihn an und steckte auch ihr Messer ein. Aus Vargs
Körper wich die Anspannung, die Zähne verschwanden hinter den Lippen. »Hier entlang.«
    Der Cane hob seine Lampe auf, ein kleines Ding aus Glas, wie ein Fläschchen mit flüssiger Glut, die jeden Moment erlöschen wird. In diesem Moment fiel Tavi auf, dass Varg jetzt die Rüstung trug, die er in der Schwarzen Halle auf dem Ständer gesehen hatte, zusammen mit dem

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