Im Schatten des Fürsten
Pfotenhand packen, aber Faede wich einfach aus und zog sich drei Stufen
zurück, während der Cane fiel. Mit einem weiteren Hieb trennte er seinem Gegner einen Teil des Schädels ab und tötete ihn. Daraufhin bekam er das Schwert kaum schnell genug wieder hoch, um den Angriff des nächsten Cane abzuwehren, und da er sich verteidigen musste, zog er sich noch eine Stufe weiter zurück.
»Jetzt lock ihn aus der Reserve«, sagte Miles benommen. »Damit er sich recken muss, und dann schlägst du ihm Waffenarm und Bein ab.«
Der Cane erwischte Faede beinahe an der Kehle und schlug ihn mit einer Riposte fast nieder, und so stand Faede wackelig auf der Kante der nächsten Stufe, als der Cane nachsetzte. Im Augenblick, ehe er zustach, fand Faede das Gleichgewicht wieder, und zwar so schnell, dass Tavi das Ganze für eine Finte hielt. Er wich der Klinge des Cane aus, drängte sich in seine Deckung und verstümmelte den Schwertarm und dann aus derselben Drehung heraus das Bein. Der Cane stürzte, doch nicht ehe Faedes Schwert noch einmal gekreist war. Der Sklave nutzte das Gewicht des fallenden Wolfskriegers aus und trennte ihm den Kopf vom Rumpf.
»Perfekt«, sagte Miles leise. »Er konnte es schon immer perfekt.« Daraufhin blinzelte er mehrmals, und Tavi sah eine Träne, die sich mit dem Blut auf Miles’ Gesicht vermischte. »Bei den Elementaren. Er ist seit damals noch besser geworden. Das kann doch nicht sein. Es ist einfach unmöglich.«
»Miles«, erwiderte Tavi ruhig. »Das ist keine Einbildung. Es ist dein Bruder.«
»Araris ist tot«, fauchte Miles.
»Mir erscheint er ziemlich lebendig«, entgegnete Tavi.
Wieder schüttelte Miles weinend den Kopf, während Faede mit seinem Schwert einen Vorhang aus Stahl zauberte, der auch vom nächsten Canim-Krieger nicht zu durchdringen war. »Sieh dir das an«, murmelte er, erneut wie aus weiter Ferne. »Das war die Verteidigung, die Septimus bevorzugt hat. Er hat es von den
Piraten gelernt, die auf rutschigen Decks auf dem rauen Ozean kämpfen. Der Princeps hat es uns allen beigebracht. Oder es wenigstens versucht. Nur Aldrick und Araris haben es wirklich verstanden. Wieso nur habe ich ihn die ganze Zeit nicht gesehen?« Er wandte den Blick von Faede ab und sah Tavi mit verwunderter Miene an. »Wie ist das möglich? Wie ist das nur möglich?«
»Er ist mit mir hergekommen«, erklärte Tavi. »Aus Calderon. Seit meiner Kindheit war er Sklave auf dem Wehrhof meines Onkels. Gaius hat ihn mitkommen lassen, als ich in die Akademie eintrat.«
»Gaius. Warum sollte Gaius …« Er sprach den Satz nicht zu Ende und riss nur abermals das eine Auge auf. Unter dem Blut auf seinem Gesicht wurde er aschfahl, und er starrte Tavi an. »Bei den großen Elementaren«, wisperte er. »Bei den verdammten großen Elementaren.«
Tavi runzelte die Stirn. »Was denn?«
Miles öffnete den Mund, zögerte, und auf seiner Miene spiegelte sich nun nicht nur Schmerz und Erschöpfung, sondern auch Entsetzen.
»Tavi!«, schrie Faede plötzlich, und Tavi sah nach oben.
Faede kämpfte verbissen weiter, seine einfache alte Klinge schlug Funken, wann immer sie gegen den Blutstahl der Canim-Waffen prallte, aber eine Bewegung an der Decke zog Tavis Blicke auf sich. Dort krabbelten dürre Wesen mit vielen Beinen über den Stein.
Wachsspinnen. Hüter der Stille.
Miles schnappte sich sein Schwert, doch die Wachsspinnen griffen gar nicht an. Etwa ein Dutzend von ihnen huschte einfach in einer wellenförmigen Linie an der Decke über sie hinweg und verschwand weiter unten an der Wendeltreppe.
Der Erste Fürst. Max. Der Maestro. Sie lagen hilflos dort unten. Das tödliche Gift der Wachsspinnen wäre ihr sicherer Tod. Nur Kitai konnte sich selbst wehren, sie wusste jedoch nicht, dass die
Spinnen im Anmarsch waren. Ohne Vorwarnung würde sie sich und die anderen nicht verteidigen können. Es wäre reines Glück, wenn sie selbst überlebte.
»Gaius«, zischte Miles. »Sie haben es auf Gaius abgesehen.« Er versuchte, sich mit dem unverletzten Bein zu erheben, aber Tavi fiel nun auf, dass der Cane ausgerechnet Miles’ gutes zerfetzt hatte. Mit dem anderen, das nie ganz ausgeheilt war, hatte er schon immer gehumpelt, und vermutlich würde er jetzt nicht allein stehen können. Und Tavi war nicht einmal sicher, ob Miles es geschafft hätte aufzustehen, selbst wenn seine Beine unverletzt gewesen wären. Die Erschöpfung und der Blutverlust hatten einen hohen Preis gefordert, und es kostete Miles nun schon seine
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