Im Schatten des Fürsten
bewusst.«
»Wird er wieder gesund?«
Der Hauptmann blickte Tavi ins Gesicht und schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung. Vielleicht geht es ihm besser, wenn er sich ein wenig ausgeruht hat. Möglicherweise überlebt er aber auch die Nacht nicht. Doch selbst wenn, könnte es passieren, dass er nicht wieder zu Bewusstsein kommt.«
»Bei den Krähen«, meinte Tavi. Plötzlich bekam er Magenschmerzen. »Bei den Krähen, ich habe das Falsche getan. Ich hätte gleich nach einem Heiler rufen sollen.«
Miles riss die Augenbrauen hoch. »Was? Nein, Junge, du hast genau das Richtige gemacht.« Der grauhaarige Soldat fuhr sich mit den Fingern durch das Haar. »Niemand darf erfahren, was geschehen ist, Tavi.«
»Aber …«
»Ich meine ganz wortwörtlich niemand «, unterbrach ihn Miles. »Verstanden?«
»Ja, Herr.«
»Killian«, murmelte Miles. »Und … bei den Krähen, ich weiß nicht, ob ihm überhaupt jemand helfen kann.«
»Helfen, Herr?«
»Wir brauchen einen Heiler. Killian ist kein Wasserwirker, aber er ist kein schlechter Heiler, und wir können ihm vertrauen. Aber ich muss die Legion auf die Truppenschau zu Winterend vorbereiten. Wenn ich mich nicht darum kümmere, wird man unweigerlich Fragen stellen. Und Killian kann sich nicht allein um Gaius kümmern.«
»Ich kann helfen«, schlug Tavi vor.
Miles lächelte ihn knapp an. »Deine Bereitschaft hatte ich schon vorausgesetzt. Doch während der Prüfungswochen kannst du nicht einfach aus der Akademie verschwinden. Die Abwesenheit des Lieblingspagen Seiner Majestät würde auffallen.«
»Dann brauchen wir weitere Hilfe«, meinte Tavi.
Miles runzelte die Stirn. »Ich weiß. Nur fällt mir niemand ein, dem wir vollkommen vertrauen können.«
»Niemand?«, fragte Tavi.
»Nun ja, schon einige, aber die sind vor zwanzig Jahren gestorben«, erwiderte Miles verbittert.
»Wie steht es mit den Kursoren?«, schlug Tavi vor. »Denen kann man doch bestimmt vertrauen.«
»Wie Fidelias?«, spie Miles höhnisch aus. »Als Einzige käme vielleicht Gräfin Amara in Frage, allerdings ist die zurzeit nicht hier.«
Tavi starrte den bewusstlosen Ersten Fürsten an. »Vertraust du mir?«
Miles zog eine Augenbraue hoch.
»Sag mir, was notwendig ist. Vielleicht kenne ich jemanden, der uns helfen könnte.«
Miles seufzte tief. »Nein, Tavi. Du bist klug, und Gaius vertraut dir, dennoch bist du zu jung und weißt nicht, in welcher Gefahr er schwebt.«
»Wird die Gefahr kleiner, wenn wir niemanden zu Hilfe holen, Herr? Sollen wir ihn einfach hier liegen lassen und das Beste hoffen? Ist das weniger gefährlich, als sich auf mein Urteil zu verlassen?«
Miles öffnete den Mund, schloss ihn wieder und biss die Zähne zusammen. »Verfressene Krähen. Du hast Recht. Ich gebe es nicht gern zu, aber du hast Recht.«
»Was brauchen wir also?«
»Einen Pfleger. Jemand, der für ihn sorgt und ihn füttert. Und einen Doppelgänger, falls wir einen finden.«
»Einen Doppelgänger?«
Miles erklärte: »Einen falschen Ersten Fürsten. Jemanden, der bei den öffentlichen Anlässen auftritt, denen Gaius beiwohnen würde. Damit er gesehen wird. Der das Frühstück des Ersten Fürsten zu sich nimmt und alle glauben lässt, das Leben gehe seinen gewohnten Gang.«
»Also brauchen wir einen starken Wasserwirker. Einen, der sein Aussehen verändern kann.«
»Ja. Und solche Fähigkeiten findet man selten, selbst bei jenen, die über die Gabe verfügen. Es ist einfach … unmännlich.«
Tavi hockte sich auf die Hacken und blickte Miles an. »Ich kenne zwei Menschen, die uns helfen können.«
Miles zog die Augenbrauen hoch.
»Der erste ist ein Sklave namens Faede. Er arbeitet in der Küche und im Garten der Akademie«, erklärte Tavi. »Ich kenne ihn, solange ich mich erinnern kann. Er macht den Eindruck, als wäre er nicht sehr helle im Kopf, aber er redet fast nie, und er fällt eigentlich niemals auf. Gaius hat ihn hergeholt, als ich in die Hauptstadt kam.«
Miles spitzte die Lippen. »Tatsächlich? Gut, ich werde ihn zu mir kommen lassen, unter dem Vorwand, ich hätte etwas Dringendes
für ihn zu erledigen. Das wird vor Winterend nicht auffallen. Der andere?«
»Antillar Maximus«, sagte Tavi. »Er hat mehr Wasserperlen an seiner Kordel als jeder andere an der Akademie, obwohl er einige schon wieder verloren hat.«
»Der Bastard von Lord Antillus?«, fragte Miles.
Tavi nickte. »Ja, Herr.«
»Glaubst du wirklich, wir können ihm vertrauen?«
»Bei meinem Leben, ja.« Tavi
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