Im Schatten des Fürsten
tiefes Knurren aus, das sogar Tavis Brust vibrieren ließ. »Unannehmbar. Du führst mich jetzt sofort zu Gaius’ Räumlichkeiten hinunter und meldest mich an.«
Tavi starrte Varg schweigend an. Daraufhin zog er eine Augenbraue hoch und fragte: »Und du bist?«
Die Beleidigung war einkalkuliert, denn der Botschafter war in
der Zitadelle wohlbekannt. In den Bernsteinaugen loderte Zorn auf, dennoch fauchte er: »Botschafter Varg von den Canim.«
»Oh«, sagte Tavi. »Ich fürchte, ich habe deinen Namen nicht auf der Liste der Besucher für den heutigen Abend gesehen.«
»Äh«, sagte Bartos.
Tavi verdrehte die Augen und funkelte Bartos an. »Der Erste Fürst wünscht Miles unverzüglich zu sprechen, Legionare .«
»Oh«, meinte Bartos. »Gewiss. Nils.«
Einer der Männer schob sich um den wütenden Cane herum und stieg eilig die Treppe hinauf. In voller Rüstung war das ziemlich anstrengend, wie Tavi wusste. Miles würde nicht so bald hier unten erscheinen. »Der Hauptmann soll sich beim Ersten Fürsten melden, sobald er eintrifft«, sagte Tavi, drehte sich um und wollte gehen.
Varg knurrte, und Tavi fuhr gerade rechtzeitig herum, um zu sehen, wie er Bartos mit einem Arm wie eine Stoffpuppe zur Seite stieß. Der Cane bewegte sich mit unglaublicher Geschwindigkeit, und nach einem einzigen Satz landete er neben Tavi und packte den Jungen mit der langfingrigen Klauenhand. Er hielt Tavi die Schnauze vor das Gesicht, so dass dieser nur noch das furchterregende Gebiss vor Augen hatte. Der Atem des Cane war heiß und feucht und roch schwach nach altem Fleisch. Der Cane selbst verströmte einen eigenartig säuerlichen Geruch, wie er Tavi bisher nicht begegnet war. »Bring mich zu ihm, Junge, sonst reiße ich dir die Kehle heraus. Ich bin es langsam leid …«
Tavi zog mit einer geschmeidigen Bewegung den Dolch aus dem Gürtel unter seinem Mantel und drückte ihn Botschafter Varg an den Hals.
Der Cane hielt eine Schrecksekunde lang inne, dann kniff er die golden-roten Augen zusammen. »Ich könnte dich in Stücke reißen.«
Aber Tavi sprach weiter in diesem befehlsgewohnten, kühl höflichen Ton. »Sicherlich. Und einen Moment später wärest du dann selbst tot, geschätzter Botschafter.« Er starrte Varg in die
Augen. Innerlich stand er Todesängste aus, doch wagte er nicht, sich diese anmerken zu lassen. »Du würdest deinem Fürsten keinen guten Dienst erweisen, wenn du auf so schimpfliche Weise dein Leben beendest. Getötet von einem Menschenwelpen.«
»Bring mich zu Gaius«, sagte Varg. »Sofort.«
»Hier hat Gaius das Sagen«, entgegnete Tavi. »Nicht du, Botschafter.«
»Aber es sind nicht Gaius’ Krallen, die auf deinem Herzen liegen, Menschenwelpe.« Tavi spürte, wie sich die Klauen des Cane tiefer in seine Haut drückten.
Tavi verzog die Lippen zu einem unfreundlichen Grinsen. Er drückte den Dolch ein wenig tiefer in das dicke Fell unter Vargs Schnauze. »Ich gehorche, ebenso wie die Legionares , Seiner Majestät, egal wie ungelegen dir das erscheinen mag. Lass mich los, Botschafter. Ich werde Seiner Majestät deine Bitte bei nächster Gelegenheit vortragen, und ich werde dir seine Antwort übermitteln, sobald er mich damit beauftragt. Genauso gut könnte ich dir aber auch die Kehle aufschlitzen, und du kannst mich in Fetzen reißen. Unser Tod wäre allerdings vollkommen sinnlos. Die Entscheidung liegt bei dir.«
»Glaubst du, ich habe Angst vor dem Tod?«, fragte der Cane. Vargs Nüstern flatterten, und er starrte Tavi unentwegt in die Augen.
Tavi wandte den Blick nicht ab und betete nur, seine Hände würden nicht zu zittern beginnen. »Ich denke, wenn du jetzt an dieser Stelle stirbst, wird es deinem Volk keinen Nutzen bringen.«
Zischend antwortete Varg: »Was weißt du schon von meinem Volk?«
»Dass man bei euch schlechten Atem hat, Herr, wenn du mir diese Bemerkung gestattest.«
Vargs Krallen zuckten.
Tavi hätte sich am liebsten selbst für seine blöde Bemerkung geohrfeigt, aber er wahrte die Ruhe und hielt den Dolch fest.
Der Cane riss den Kopf hoch und gab ein Bellen von sich.
Daraufhin ließ er Tavi los. Der Junge taumelte mit klopfendem Herzen einen Schritt rückwärts und senkte die Waffe.
»Du stinkst nach Angst, Knabe«, sagte Varg. »Und du bist nur ein lächerlicher Zwerg, selbst für deine Art. Und ein Dummkopf. Aber wenigstens weißt du, wo deine Pflichten liegen.« Der Cane neigte den Kopf seitlich und entblößte dabei einen Teil seiner Kehle. Eine eigenartige Geste,
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