Im Schatten des Fürsten
setzte sich auf. Hinter ihrem Kopf klemmte ein zusammengerollter Mantel, und eine dicke Decke lag über Schoß und Beinen. »Habe ich geschlafen?«
»Wie ein Murmeltier«, bestätigte Serai. »Du hast dich nicht mal geregt, als wir heute Nacht angehalten haben, und Rolf war so lieb und hat dir seinen Mantel geliehen, als wir weitergeflogen sind.«
»Tut mir leid«, sagte Isana. »Hoffentlich hast du auch ein wenig Ruhe gefunden?«
»Noch nicht«, erwiderte die Kurtisane. »Ich war die ganze Zeit wach, wie versprochen - nur kurz hat mich Rolf einmal abgelöst, weil es unaufschiebbar war.«
»Entschuldige«, wiederholte Isana verlegen. Sie bot Serai den Mantel an. »Hier, bitte. Du solltest dich ausruhen.«
»Damit du dich langweilst?«, wandte Serai ein. »Was für eine Reisebegleiterin wäre ich, wenn ich das täte?« Sie lächelte Isana an. »In meinen Adern fließt ein bisschen vom Blut der Metallwirker. Daher halte ich es leicht ein paar Tage ohne Schlaf aus.«
»Weshalb es noch lange nicht gesund für dich ist«, wandte Isana ein.
»Ich muss gestehen, dass Dinge, die nicht gesund für mich sind, die größte Anziehungskraft auf mich ausüben«, erwiderte die Kurtisane. »Wenigstens sollten wir die Hauptstadt innerhalb der nächsten Stunde erreichen.«
»Ich dachte, es würde mindestens einen ganzen Tag dauern.«
Serai runzelte die Stirn und starrte aus dem Fenster. Das bläuliche Licht der Dämmerung war rein und klar und brachte ihre Haut zum Leuchten, und die dunklen Augen wirkten noch tiefer. »Hätte es auch eigentlich. Rolf sagt, wir hatten Glück mit einem ungewöhnlich schnellen Rückenwind. Das ist mir bisher noch nie passiert, nicht einmal zwischen den Städten und schon gar nicht auf einem Flug aus der fernen Provinz.«
Isana sammelte ihre Gedanken. Diese Entwicklung änderte einiges. Ihr blieb nicht einmal mehr eine Stunde Zeit, um sich auf die Hauptstadt vorzubereiten, und es war vielleicht die einzige Gelegenheit, mit Serai unter vier Augen zu sprechen. Sie musste von der kleinen Frau so viel wie möglich erfahren - und es war kaum vernünftig, dabei durch die Blume sprechen zu wollen.
Sie holte tief Luft und wandte sich wieder an die Kurtisane. »Machst du solche Reisen häufig?«
»Mehrmals im Jahr. Mein Herr findet immer einen Grund, mich in die anderen Städte zu schicken.«
»Herr? Du meinst Gaius«, sagte Isana.
Serai schob die Lippen nachdenklich vor. »Gewiss bin ich ein treuer Untertan der Krone«, sagte sie. »Aber ich gehöre dem Fürsten Forcius Rufus. Er ist ein Vetter des Hohen Fürsten von Forcia und besitzt Ländereien am Nordende des Tals.«
»Und du lebst im Amarant-Tal?«, erkundigte sich Isana nun.
»Im Augenblick, ja«, antwortete Serai. »Ich werde die Obstblüte verpassen, das ist schade. Dann duftet es im ganzen Tal wie im Paradies. Hast du es schon einmal gesehen?«
Isana schüttelte den Kopf. »Ist es wirklich so schön, wie man sagt?«
Serai nickte und seufzte. »Wenn nicht noch schöner. Sosehr ich das Reisen mag, meine Heimat vermisse ich immer am meisten. Nun ja, ich bin glücklich, reisen zu dürfen, und noch glücklicher heimzukehren. Vielleicht bin ich deshalb doppelt mit Glück gesegnet.«
»Es hört sich an, als wäre das Tal ein wunderbarer Ort.« Isana faltete die Hände im Schoß. »Und so, als könnte man ein Gespräch damit noch viel wunderbarer von einem unangenehmen Thema ablenken.«
Serai lächelte Isana an. »Ach ja?«
»Du bist eine Kursorin, oder?«
»Meine Liebe, ich bin nur eine bessere Lustsklavin, die Gaius im Namen ihres Herrn einen Gefallen erweist. Und selbst, wenn ich frei wäre, würde mir die notwendige innere Einstellung für diesen Beruf fehlen. Also Heldentum und Pflichtbereitschaft und so weiter. Ermüdende Eigenschaften.«
Isana zog die Augenbrauen hoch. »Gewiss ist ein Spion für die Krone nicht besonders wertvoll, wenn er sich überall als solcher zu erkennen gibt.«
Serai lächelte. »Das klingt recht vernünftig, meine Liebe.«
Isana nickte; es gelang ihr noch immer nicht, sehr viel von Serais Emotionen wahrzunehmen. Es war wirklich niederschmetternd. Ihre Reisegefährtin war eine Anhängerin des Ersten Fürsten, so viel stand fest. Warum sonst sollten die Kursoren sie ausgewählt haben, um sie zu begleiten? Deshalb durfte Serai sich nicht offenbaren, denn ihre Pflicht bestand darin, Gaius’ Interessen zu dienen und nicht Isanas.
Aber Isana war sich im Klaren darüber, dass sie sich in Alera
Imperia, der
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