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Im Schatten des Fürsten

Im Schatten des Fürsten

Titel: Im Schatten des Fürsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Hauptstadt des Reiches, nicht ohne Eskorte würde zurechtfinden können. Bislang hatte sie noch keine der großen Städte, die das Herz der aleranischen Gesellschaft bildeten, besucht. Während des Winterend-Festes, das wusste sie, schmiedeten in der Hauptstadt die politischen und wirtschaftlichen Bündnisse ihre Ränke. Dabei kamen durchaus Erpressung, Mord und schlimmere Mittel zum Einsatz, und das Leben auf dem Lande hatte sie auf Derartiges nicht vorbereitet.
    Mit ihrer Reise in die Hauptstadt, das war Isana klar, begab sie sich in tödliche Gefahr. Gaius’ Feinde würden sie nicht umbringen wollen, weil sie ihnen etwas angetan hatte, sondern wegen dem, was sie verkörperte. Isana war das Symbol für die Unterstützung des Ersten Fürsten. Gaius’ Feinde hatten bereits einmal versucht, dieses Symbol zu zerstören. Sie würden es gewiss nicht bei diesem einen Versuch belassen.
    Isana wurde flau im Magen.
    Denn Tatsache war, Tavi stellte ein ebensolches Symbol dar.
    Isana brauchte einen Lotsen, der sie durch die heimtückischen Gewässer der Hauptstadt geleitete, und Serai war die Einzige, die ihr als Führerin und Verbündete zur Verfügung stand. Wenn sie Tavi vor den tödlichen Machenschaften beschützen wollte, musste sie sich die Unterstützung der Kurtisane sichern, so gut es ging. Ein wenig Aufrichtigkeit genügte da nicht.
    »Serai«, fragte Isana, »hast du Familie?«
    Die Miene der kleinen Kurtisane wurde undurchdringlich. »Nein, Schätzchen.«
    Isana spürte nichts von Bächlein, doch riss sie die Augen auf, als es ihr plötzlich dämmerte. »Du meinst: nicht mehr?«
    Serai zog eine Augenbraue hoch und wirkte überrascht, hob jedoch das Kinn, ohne den Blick abzuwenden. »Nicht mehr.«
    »Was ist geschehen?«, fragte Isana vorsichtig.
    Serai schwieg einen Moment lang, ehe sie antwortete: »Auf unserem Wehrhof ging die Geißel um. Es war entsetzlich. Die Geißel tötete meinen Mann und meine Tochter. Sie war erst drei
Wochen alt. Mein Bruder und meine Eltern wurden ebenfalls dahingerafft. Und die anderen Bewohner des Wehrhofs. Von allen überlebte nur ich, aber ich werde nie wieder eine Familie haben.«
    Serai wandte sich ab und sah aus dem Fenster. Sie legte eine Hand auf ihren Unterleib, und abrupt schwappte ihr Leid über Isana hinweg wie eine Welle siedenden Wassers.
    »Tut mir leid«, sagte sie zu der Kurtisane und schüttelte den Kopf. »Ich hätte nie geglaubt, dass du von einem Wehrhof stammst.«
    Serai lächelte, ohne Isana anzusehen. Ihre Augen waren klar. »Ich habe mich in die Sklaverei verkauft, nachdem ich wieder gesund geworden war. Um anständige Bestattungen bezahlen zu können. Damals wurde ich zur« - sie machte eine kurze, aber betonte Pause - »Kurtisane. Vielen geht es so, genau wie mir.«
    »Es tut mir schrecklich leid«, sagte Isana, »diesen Schmerz bei dir zu wecken.«
    »Das braucht es nicht, meine Liebe. Es ist schon lange her.«
    »Du siehst gar nicht so alt aus.«
    »Meine Vorfahren hatten auch Wasserkräfte«, erklärte Serai und ihre Stimme klang viel zu heiter, um echt zu sein. »Nicht so stark wie bei dir, Wehrhöferin, aber die eine oder andere Träne kann ich schon verscheuchen.«
    Die Sänfte ruckte, und Isana wurde ein wenig schwindelig. Erschrocken blickte sie aus dem Fenster, sah jedoch nur dichten Nebel. Ein Fuß hob leicht vom Boden ab, und vor lauter Furcht stockte ihr der Atem.
    »Nur keine Angst«, beruhigte Serai sie und legte ihr die Hand aufs Knie. »Wir gehen in den Sinkflug über. Bald haben wir unser Ziel erreicht. In wenigen Augenblicken landen wir.«
    Isana legte ihre Hand auf Serais. Die Finger der Kurtisane fühlten sich fiebrig heiß an. Isanas Haut musste kalt wie Eis sein. »Wir haben nicht viel Zeit.«

    »Wie meinst du das?«
    Isana wandte den Blick vom Fenster ab und sah die Frau an. »Serai«, sagte sie mit bebender Stimme, »wenn du sie zurückbekommen könntest, würdest du das wollen?«
    Serai riss die Augen schockiert auf, doch im nächsten Moment zeigte sich dort kalte, achatharte Wut. »Was soll das für eine Frage sein, meine Liebe?«, erwiderte sie in unverändertem Ton. »Selbstverständlich würde ich das wollen.«
    Isana legte nun auch die zweite Hand auf Serais, beugte sich vor und sah ihrem Gegenüber tief in die Augen. »Deswegen komme ich zum Fest. Meine Familie ist in Gefahr. Gaius kümmert mich nicht. Mir ist es gleich, welcher Mann auf dem Thron sitzt. Ich schere mich nicht um Politik und Ränke und Machtspiele. Mir geht es

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