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Im Schatten des Galgens Kommiss

Im Schatten des Galgens Kommiss

Titel: Im Schatten des Galgens Kommiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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nicht die Gefahr, daß er schnurstracks zur Police rennt und zu singen beginnt?"
    Diese, für die meisten der herumsitzenden Gangster wohl vordringlichste und auch berechtigte Frage, ließ bei dem Boß erneut seinen Überheblichkeitsfimmel zum Ausdruck kommen. Zynisch zog er seine Augenbrauen nach oben und während sich über seiner Nasenwurzel zwei steile Falten bildeten, meinte er von oben herab: „Hell and devils — ich sehe schon, daß ihr wieder einmal mehr als begriffsstutzig seid. Darum will ich es euch sagen . . . Embroke wird, was immer auch geschehen mag, nie und nimmer zur Polizei gehen. Er hat in den letzten Jahren verdammt schlechte Erfahrungen mit den Schnüfflern gemacht, und darum wird er die Sache mit dem Gelben auf sich beruhen lassen. Er wird die Angelegenheit höchstens in eigener Regie verfolgen. Aber das kann uns nur recht sein. Dabei läuft er uns nämlich direkt in die Arme — und wir brauchen ihn dann nicht erst zu suchen . . . Hm, und außerdem segelt er ja hier in der Stadt unter einem falschen Namen herum. Dieser Umstand trägt noch mehr dazu bei, daß er die Police meiden muß. Doch nun Schwamm darüber. Wer es von euch bis jetzt noch nicht kapiert hat, wird es auch in Zukunft nicht begreifen. Verlieren wir aber nicht noch mehr Zeit — und kommen wir zur Sache zurück..."
    Mit diesen Worten schnitt Mike Callinger jegliche Diskussion über das ,Für' und ,Wider' seines verbrecherischen Unternehmens, welches schon in dieser Stunde seinen Anfang nahm, ab. Nun begann er persönlich die Rollen zu verteilen, die er seinen einzelnen Leuten zugedacht hatte. „Punkt eins!"
    Schon hatte er aus seiner abgegriffenen Brieftasche einen kleinen Zettel herausgeholt und ihn vor sich auf den Tisch gelegt. Mit dem Finger darauf weisend, fuhr er fort:
    „Hier dieses Stückchen Papier wird uns den Chink von der ,Susanne' herunterlocken. Ich nehme nämlich an, daß er bestimmt einmal im Laufe des Tages auf dem Pott sein wird . . . Also schicken wir ihm durch einen Boten die Aufforderung, heute Abend am Limehouse-Pier zu sein. Diesem Wisch wird er unter Garantie Glauben schenken und zur angegebenen Zeit dort eintrudeln. Doch nicht wie erwartet, wird er diesen Embroke dort an treffen, sondern..."
    Das mit wenigen Worten beschriebene Papier flog über den Tisch zu einem der finsteren Gesellen hin: „Pit, du übernimmst die Angelegenheit mit der Überbringung. Du bist zwar noch ein Unbekannter beim Yard, dennoch möchte ich dir raten, äußerst vorsichtig dabei zu sein. Hau sofort damit ab und suche dir einen Jungen aus, der den Zettel aufs Schiff bringt."
    Der Angesprochene angelte sich den Zettel und las halblaut den darauf geschriebenen Text allen Anwesenden vor: „Erwarte Zusammentreffen heute Abend gegen acht Uhr am Limehouse-Pier. Jean Embroke."
    Fein säuberlich, in normaler Handschrift, standen die Worte auf dem Papier. Und als Pit Grasow skeptisch seinen Boß anschaute, meinte dieser ob des handschriftlichen Wisches: „Es ist die gleiche Handschrift Embrokes! Der Chink wird darauf hereinfallen..."
    Woher Mike Callinger die Schriftzeichen Jean Embrokes kannte, blieb sowohl für Pit Grasow als auch für die anderen Gangmitglieder vorerst ein Geheimnis. Ein Geheimnis sollte auch bleiben, wer Scotland Yard die Angaben machte: „Er habe den Mörder des Gelben kurz nach dessen Tat gesehen und verfolge ihn nun!"
    Jedenfalls für die Beamten des Yards blieb es ein großes Fragezeichen, wer der Anrufer war. Mike Callingers Idee war es, daß er Roger Bates damit beauftragte.
    Er sollte sich nach Ausübung des ruchlosen Verbrechens an Tschu Ly-Chuang in unmittelbarer Nähe des Tatortes solange aufhalten, bis der Tote entdeckt worden war — und sich ein Flitzer der Police zeigte. Hiernach1 sollte er gemächlich zur Trinidad-Station der Underground-Railway schlendern und von dort aus 999, die Rufnummer des Informationsraumes bei Scotland Yard, wählen. Nur zwei Sätze sollte er aufgeregt in den Apparat rufen. Eben die Sätze, daß er den Mörder gesehen habe und sich jetzt auf der Verfolgung des Täters, der die Underground Station in Limehouse betreten habe, befände . . . Sogleich nach diesem Anruf sollte Roger Bates sich schleunigst verdrücken. Alles weitere würde er, Mike Callinger, danach erledigen . . .
    Bis aufs kleinste wurden die Rollen, die einem Menschen den Tod bringen sollten — und einen weiteren Mann zum Gejagten machten — verteilt.
    Danach nahm das Schicksal seinen Lauf . .

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