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Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Titel: Im Schatten des Klosters - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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verknoten.«
    »O ja, Bruder, Gott in der Höhe bemisst seine Strafen genauso wie seine Gnade, und …«
    »Wir haben eigentlich keine Zeit. Die Fähre kommt jeden Moment«, sagte Ulrich und reckte sich. Er konnte die Holzplattform winzig am jenseitigen Ufer ausmachen – sie wurde immer noch entladen. Er ließ sich auf den Rücken seines Maultiers zurücksinken.
    »… und ebenso gerecht hat er sein Wunder gewirkt.«
    »Was für ein Wunder?«, fragte Ulrich beinahe gegen seinen Willen.
    Zacharias rückte näher heran und kramte in seiner Gürteltasche.
    »O Bruder, es ist schon ein Wunder, Euch hier zu treffen, denn nicht einmal die Engel könnten jemanden finden, der würdiger ist als Ihr …« Zacharias fand, was er gesucht hatte, riss die Hand heraus und machte eine weit ausholende Bewegung, die damit endete, dass Ulrich eine Faust unter die Nase gehalten, blitzschnell geöffnet und wieder geschlossen wurde.
    »O Bruder, habt Ihr sie gesehen?«, hauchte Zacharias.
    Ulrich hatte nichts gesehen. »Nun, es ging ein bisschen schnell …«
    »Die da drüben«, sagte Zacharias und deutete auf die Pilger. »Gottesfürchtige, ehrliche Menschen, die nur Gutes verdient haben. Und doch hat eine Stimme mich zurückgehalten und mir eingegeben, ihnen den wahren Schatz nicht auszuhändigen … ihn für Euch aufzuheben.« Die Faust öffnete und schloss sich wieder. Ulrich blinzelte. Er hatte den Eindruck, dass Zacharias ein dünnes bräunliches Stöckchen in der Hand versteckte.
    »Was hast du denn da? Ist das eine …?«
    »Pssst«, flüsterte Zacharias. »Wer weiß, welche Ohren jetzt lauschen.« Er warf dem Bauern, der sich ebenfalls herangeschoben hatte und ihr Gespräch mit offenem Mund verfolgte, einen argwöhnischen Blick zu. »Es ist eines der Wunder Gottes.« Er hatte noch leiser gesprochen.
    »Seit wann kann man Wunder Gottes in die Hand halten?«, fragte Rinaldo, der sich erholt zu haben schien. Zacharias ignorierte ihn.
    »Ich kann Euch einen Sonderpreis machen. Um Euretwillen«, sagte er.
    »Wofür denn?«, rief Ulrich.
    Zacharias öffnete langsam die Faust und präsentierte, was er hatte. Ein längliches, an den Enden verdicktes, braun verfärbtes Gebilde. Kein Stöckchen – einen Knochen. Winzig und dünn.
    »Das, o Bruder«, stöhnte Zacharias, »ist es. Blinde werden sehend, Lahme können wieder gehen, Lügner sprechen die Wahrheit. Vertraut mir, ich halte es in der Hand, ich kann Euch nicht belügen. Es ist …«
    »Es ist …«, echote Ulrich unwillkürlich.
    »Es ist ein Finger … ein Knochen … ein Fingerknochen … eine Reliquie der heiligen Theosophila von Akkon!« Zacharias erschauerte. »Halleluja!«
    »Wer ist die heilige Theosophila?«, fragte Ulrich.
    »Dat is’ ’n Hühnerbein«, sagte der Bauer.
    »Ihr kennt die heilige Theosophila von Akkon nicht? O Bruder … die ihr Leben ließ in den Kerkern der Heiden um der Liebe des Herrn willen … der man Glied um Glied abzwickte bei lebendigem Leibe bis auf ihren rechten Zeigefinger, mit dem sie zum Himmel zeigte und unablässig rief: Bis zur Ewigkeit, mein Gott, und zu Dir! Und die keine Träne des Schmerzes vergoss, als die Folterknechte ihr das Herz mit einem Löffel herausschnitten und …«
    »Nie von ihr gehört«, sagte Ulrich unsicher.
    »Dat is’ ’n verdammtes Hühnerbein«, sagte der Bauer.
    Zacharias drehte sich um und bedachte ihn mit einem mörderischen Blick. »Is’ doch wahr«, sagte der Bauer eingeschüchtert und wich mit einem mühsamen Hinken zurück.
    »Was hast du den Pilgern verkauft?«, erkundigte sich Rinaldo.
    »Oh, ich habe ihnen wundersame Dinge gegeben … Sand aus der schrecklichen Arena in Rom, von genau der Stelle, an der der heilige Petrus den Tod am Kreuz fand … einen Ölzweig aus dem Garten Gethsemane … aber das Beste habe ich für Euch aufgehoben.«
    »Die Fingerknochen von die heilige Theosophila.«
    »Amen. So ist es, mein Freund.«
    »Ich glaube, du willst uns …«, begann Ulrich.
    »… Gutes tun«, vollendete Rinaldo. »Was willst du dafür haben?«
    Ulrich starrte seinen Reisebegleiter fassungslos an. Sein Mund arbeitete, doch er brachte keinen Laut hervor. Was glaubte der kleine Italiener, diesem Betrüger abzukaufen … und mit wessen Geld? Ulrich meinte, den Sänger zwinkern gesehen zu haben, doch im nächsten Moment war sein Gesicht ernst und regungslos. Zacharias schien sich in körperlichen Qualen zu winden.
    »Oooh, Bruder«, machte er, »es tut mir so Leid, dass diese Frage gestellt werden muss,

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