Im Schatten des Klosters - Historischer Roman
manchmal gefragt, ob Pabo auf dem Hof seines Bruders auf ihn wartete oder ob er in Schande zu seinem Vater, dem Grafen von Zulling, zurückgekehrt war. Er hatte ihn von seinem Treueschwur entbunden und hoffte, dass der Junge sein Glück anderweitig gemacht hatte. Mit Jörg zusammen hätte er es ohnehin nicht gefunden, hahaha …
»Was habt Ihr gesagt?«, fragte Jörg, durch die plötzliche Stille aus seinen Gedanken gerissen.
»Ich habe dich noch einmal gefragt, was ich für dich tun kann.«
Jörg faltete die Hände und streckte sie dem Mönch über den Tisch hinweg entgegen. Der Mönch blickte ratlos darauf.
»Ich möchte in Eure Dienste treten, Hochwürden.«
»Als was?«
»Als Euer Beschützer.« Jörg wies vage in die Richtung, in die die Krawallmacher verschwunden waren.
»Ich brauche keinen …« Der Mönch sprang fast von der Bank auf und zischte etwas, bevor er sich wieder niederließ und mit einer Hand unter dem Tisch herumfummelte, als würde er sich das Bein reiben.
»Was für eine großzügige Angebot«, sagte Rinaldo. »Meine Herr ist erfreut.«
Jörg sah von einem zum anderen.
»Er ist meine Zunge«, ächzte der Mönch. Rinaldo grinste.
»Was verlangst du?«
»Kost und Logis«, sagte Jörg schnell. Er deutete mit einem Daumen zur Decke. »Ich möchte meine Kammer wieder.«
»Das waren deine Sachen?«, staunte Rinaldo und lachte dann los. Jörg fragte sich, ob er es als Spott nehmen sollte, aber der kleine Kerl wirkte nicht so, als könne man ihm lange etwas krumm nehmen.
»Es ist sehr eng dort …«, begann Rinaldo.
»Wenn ich mich im Schlaf auf dich wälze und dich erdrückt habe, gibt es wieder etwas mehr Platz«, sagte Jörg und lächelte, als Rinaldo die Worte im Hals stecken blieben. »War nur Spaß«, sagte er dann.
»Kein Geld?«, erkundigte sich der Mönch.
»Nur so viel, dass ich mein Schwert auslösen kann. Ihr seht, ich bin ganz ehrlich.«
»Du bist ganz pleite«, sagte Rinaldo.
»Was versprichst du dir davon?«, fragte der Mönch.
»Ich muss wieder Fuß fassen. Ihr helft mir dabei.«
»Tut mir Leid, dass die Pilgerfahrt dir kein Glück gebracht hat.«
»Das ist vielen so ergangen. Allen voran dem Kaiser und seinem Sohn.«
»Friede ihrer Asche«, murmelte der Mönch.
»Also?«
»Du nimmst deine Anweisungen von mir entgegen und …«, sagte Rinaldo und schoss dann in die Höhe, als hätte eine Schlange unter dem Tisch ihn gebissen. Der Mönch lächelte zufrieden. Rinaldo stellte ein Bein auf die Bank und rieb sich mit schmerzverzerrtem Gesicht das Schienbein.
»Unser Freund Jörg wird selbst wissen, was er zu tun hat«, sagte der Mönch. »Wenn es um Anweisungen geht, kommen sie von mir. Wenn es um Geld geht, auch.«
»Certamente«, ächzte Rinaldo.
Jörg streckte erneut die Hände über den Tisch. Der Mönch zuckte mit den Schultern.
»Die commendatio, bitte«, sagte Jörg.
Der Mönch umfasste Jörgs Hände nach kurzem Zögern und rollte dabei mit den Augen. »Eine einfache Zusage reicht doch auch …«, brummte er, sagte dann aber folgsam: »Ego te recommendato, vassus.«
Jörg zog die Hände zurück und neigte den Kopf. Er spürte, wie ein Segen auf seine Stirn gezeichnet wurde. Erleichtert ließ er die Hände sinken. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Dass er mit Hilfe des Mönchs und seines Dienstes für ihn wieder auf die Beine kommen wollte, war ihm erst während des Gesprächs eingefallen; dennoch war es nicht weniger wahr. Als er sich zu den beiden herüber aufgemacht hatte, war ihm gar nicht richtig klar gewesen, was er von ihnen wollte. Er stellte fest, dass sich in den letzten Minuten sein Herz selbstständig gemacht und ihm die Worte in den Mund gelegt haben musste. Er sah auf und strahlte den Mönch an.
»Wie darf ich Euch nennen, Hochwürden?«
»Ich bin einfach nur Bruder …«
»… Antonio«, sagte Rinaldo.
Jörg zog die Augenbrauen hoch.
»Du hast ihn gehört«, seufzte der Mönch. »Bruder Antonius.« Er hob den Finger und drohte zu Rinaldo hinüber. »Und dabei bleibt es. Kein Hochwürden, kein Ehrwürden, kein Ihr und kein Euer Gnaden. Ich bin Bruder Antonius, das ist alles.«
»Verstanden, Bruder«, sagte Jörg knapp.
»Wie du wünschst, Bruder«, sagte Rinaldo. »Molto piacere.«
Jörg angelte sich einen neuen Hühnerschenkel. Auf halbem Weg zum Mund hielt er inne und fragte: »Und was treibt dich hierher, Bruder Antonius?«
Antonius und Rinaldo warfen sich einen Blick zu und sahen Jörg dann unschlüssig an. Der wedelte
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