Im Schatten des Klosters - Historischer Roman
dunkle Masse, von der Brocken in alle Richtungen davonflogen. Der Mönch fiel fast von der Bank. Jörg machte in der Bewegung kehrt und stapfte zurück zum Kamin. Er hörte die Kerle jauchzen und kichern.
»He, ich glaube, wir haben einen …«
Jörg war unter ihnen, noch als sie aufsprangen, um nachzuprüfen, ob ihr Geschoss wirklich sein Ziel erreicht hatte. Einer sah ihn noch überrascht an; dann verdeckte Jörgs Faust den Anblick seines aufgerissenen Mundes. Als die Faust sich wieder senkte, saß der Bursche schon auf dem Boden und blinzelte benommen. Jörg bückte sich, zerrte ihn an den Haaren hoch und klemmte den Hals des Burschen unter seinen linken Arm.
»Was ist denn mit dir los, Großer? Dich haben wir doch gar nicht …«
Ein Ellbogen krachte zwischen die Augen. Der Sprecher sank auf der Bank zusammen.
Der dritte versuchte sich hektisch zwischen Tisch und Bank hervorzuwinden. Jörg knurrte: »Du kannst freiwillig vorangehen oder getragen werden wie deine Freunde.« Er streckte die rechte Hand aus und nahm auch den auf der Bank Sitzenden in den Schwitzkasten. Er war noch halb betäubt. Der Bursche unter dem linken Arm gab erstickte Geräusche von sich und trommelte gegen Jörgs Rücken, ohne etwas auszurichten.
»Es ist mir eine Freude, mit dir zu gehen …«, stammelte der dritte Krawallmacher.
Jörg nickte in die Richtung, in der der Mönch und sein kleiner Begleiter saßen. »Nach dir«, sagte er.
Als er bei den beiden Männern ankam – mit den zwei Kerlen unter den Armen und dem dritten vorneweg eine Art Bugwelle aus weggeschobenen oder aufspringenden Zechern durch den Raum ziehend –, bemühte der kleine Mann sich gerade, dem Mönch das Gesicht zu säubern. Der Wirt war wie üblich nirgends zu sehen. Jörg trat den Mann vor sich in den Hintern, dass er gegen den Tisch flog. Der Mönch und der kleine Mann fuhren erschrocken auf.
»Das sind die Burschen, Hochwürden«, sagte Jörg. »Mit Verlaub, lasst mich kurz den beiden hier die Hälse brechen, damit ich den dritten dort mit ihren toten Körpern erschlagen kann.«
Drei Augenpaare starrten ihn an. Die Männer in seinen Armen strampelten und keuchten und versuchten sich loszureißen. Ihr Kumpan sank vor dem Tisch auf die Knie und begann zu blubbern. Um sie herum wurde es mäuschenstill.
»War nur Spaß«, sagte Jörg und setzte ein breites Grinsen auf. Er deutete mit dem Kinn auf das verschmierte Gesicht des Mönchs. »Eine alte Brotscheibe, mit Schmutzwasser getränkt. Nichts, das einen bleibenden Schaden hinterlässt.«
Der Mönch starrte ihn immer noch an. Der kleine Mann an seiner Seite schien etwas agiler zu sein; er räusperte sich und ließ von seinen Säuberungsversuchen ab, räusperte sich ein zweites Mal (der Mönch gaffte immer noch, als habe ihm jemand ein Holzbrett vor die Stirn geschlagen), griff dem Krawallmacher, der vor dem Tisch auf dem Boden kniete, in die Haare, bog seinen Kopf nach hinten und rief laut in die Stille: »Weißt du, mit wem du dich angelegt hast, du Made?« Er hatte einen schweren Akzent, doch aus der Nähe besehen schien er weder ein Seldschuke noch ein Byzantiner zu sein.
»Verschont sie«, sagte der Mönch.
Der kleine Mann ließ den Krawallmacher los und drehte sich um. Er verbeugte sich. »Herr, Eure Gnade ist noch grenzenloser als Euer Zorn.«
Jörg spreizte die Arme ab und ließ seine Gefangenen zu Boden fallen. Sie kamen hustend auf die Beine. Zu dritt flohen sie nach draußen. Gelächter, Schreie und Pfiffe brandeten auf, und die ganz Mutigen unter den Schänkenbesuchern schleuderten ihnen nun ihrerseits nasse Brotscheiben hinterher. Jörg drehte sich einmal um die eigene Achse, nickte und grinste und musste sich zusammenreißen, um nicht die Arme zu heben und sich zu fühlen, als wäre er nach einem Buhurt noch als Letzter im Sattel.
Der kleine Mann deutete auf einen Platz neben sich. »Willst du dich nicht setzen?«
Jörg warf einen Blick zu dem Mönch, den der Kurze als seinen Herrn angesprochen hatte. Der Mönch, der zu ihm emporgestarrt hatte, zuckte plötzlich zusammen, als wäre ihm ein Schmerz durch den Körper gefahren. »Setz dich, mein Sohn«, sagte er ein wenig gezwungen.
Jörg ließ sich nieder. Auch im Sitzen überragte er beide Männer. Der Duft der Hühnchenschenkel stieg ihm in die Nase. Er fühlte, dass er die Chance hatte, mit dem seltsamen Mönch und seinem noch seltsameren Begleiter ins Geschäft zu kommen. Jetzt nur keine falsche Bewegung machen und keinen Unsinn
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