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Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Titel: Im Schatten des Klosters - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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fürchteten und von dem man besser nicht frech eine höhere Entlohnung forderte. Ulrich empfand Abscheu, dass er diese Scharade mitgemacht hatte. Rinaldos Idee … war dieser Einfall nicht schon ein Hinweis darauf gewesen, dass der Mann voll Lug und Trug steckte? Ulrich zeichnete den Segen besonders exakt auf die Stirn seines Führers und nötigte ihm dann die Münze auf, obwohl eine Stimme in seinem Innern sagte, dass dies nur eine weitere der unnötigen Ausgaben des Klostergeldes war, die er bis jetzt zu verantworten hatte.
    »Wie wollt Ihr denn zurückkommen, Ehrwürden?«, fragte der Bursche.
    »Ich finde schon jemanden. Du könntest Jörg Bescheid sagen, wo ich bin, wenn er mittlerweile wieder in die Herberge zurückgekehrt ist. Sag ihm, er soll zu mir herauskommen.«
    »Gemacht, Ehrwürden.« Der Junge lief davon, dass der Staub von seinen Füßen aufwirbelte; dann schien er sich zu besinnen, dass in der Herberge nur Arbeit auf ihn wartete, und er verlangsamte seinen Schritt zu einem Schlendern, bei dem ihn ein in Kontemplation um den Kreuzgang wandelnder Mönch mit Leichtigkeit überholt hätte. Ulrich wandte sich ab und spähte zum Kunibertsturm hinüber. Das Holz wirkte schwarz in der Mittagssonne. Der Turm erhob sich als mahnender Finger vor Ulrichs Augen. Ein Mahner wofür? Für die Vorsicht?
    Dafür, nicht so leichtfertig sein Vertrauen zu verschenken, dachte Ulrich. Grimmig setzte er sich in Bewegung.
    Die Fischerhütten waren eine erbärmliche Ansammlung von Behausungen, zwischen denen es nach verwesendem Fisch stank, kunstlos zusammengefügt aus silbergrau ausgebleichten Brettern, Schwemmholz und Schilf, mit Lehm und Schlamm verschmiert, die in der Sommerhitze zu glasähnlicher Konsistenz verbacken waren. Die Schatteninseln unter den tief herunterzogenen Rieddächern wirkten tiefblau und sahen aus wie Löcher im Boden. Hinter den Gebäuden konnte Ulrich den Rhein flimmern sehen, auf dem Dutzende von Booten zu schweben schienen, wie losgelöst von der Erde; sie sahen elegant aus im Flimmern des Flusses, wie ein Traum aus Licht – bis man die Behausungen derjenigen betrachtete, die sich auf den Booten und in dem betörenden Geflimmer aufhielten und erkannte, dass alles nur eine schäbige Illusion war. Da und dort schien sich das Flimmern vom Fluss bis aufs Land zu erstrecken; einzelne Stellen funkelten und glitzerten mit dem Sonnenglast auf dem Wasser um die Wette. Auch hier war das Geheimnis dahinter weniger berauschend als der Augenschein: Was da flimmerte, waren Tausende von Schuppen, wo Fische hastig ausgenommen und geschuppt worden waren; dazwischen lagen die trocknenden Kringel des Fischgedärms, schwarz wie Köttel. Zwischen den Hütten war es so still wie auf einem Totenacker; die Fischer, die ihren Teil der Arbeit nachts und im Morgengrauen getan hatten, schliefen, die anderen fingen, was immer sich im Tageslicht leichter fangen ließ als bei Nacht, oder sie machten mit ihren Booten Frachtfahrten, um ihren Lohn aufzubessern. Kein Hundegekläff störte die Stille. Selbst die Ratten, die in den Fischabfällen ihr eigenes Paradies fanden, huschten lautlos zwischen den Schatteninseln hin und her. Die leichte Brise, die in die Schilfhalme am Ufer fuhr, sorgte für ein beständiges, leises Rascheln, und das Klopfen der Wassermühlen zwischen Deutz und Köln untermalte Ulrichs Herzschlag.
    Er sah sich um und wischte sich den Schweiß aus den Brauen. Als er das halb zusammengesunkene steinerne Gebäude sah, das abseits der Fischerhütten im Schilf stand, wusste er, wo die Frau mit dem Schädel des heiligen Albo auf ihn warten würde.
    Wahrscheinlich stammte der Bau noch von römischen Truppen, ein letzter Überrest eines Magazins oder einer Hafenbefestigung, das nur deshalb nicht als Steinbruch für die Fischerhütten gedient und dabei abgetragen worden war, weil die Hütten sich leichter aus anderem Material zimmern ließen als aus den wuchtigen römischen Steinquadern. Der Bau war zu nichts nütze, wie er da stand. Ulrich war sicher, dass er den meisten Bewohnern der Fischerhütten gar nicht mehr auffiel, und dass sich keine Menschenseele dort hinein verirrte. Das Bauwerk hätte ebenso gut inmitten der Hütten stehen und dennoch gemieden sein können; wie es nun einmal war, stand es ein gutes Stück abseits und hätte damit auch jenseits der Hügel mitten in den Wäldern sein können. Ulrich schluckte trocken, richtete Kukulle und Tunika, zog die Kapuze des Skapuliers über den Kopf und schlappte in

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