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Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Titel: Im Schatten des Klosters - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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um, trotz des leichten Drucks der Schwertklinge an ihrer Kehle. Noch im Umdrehen sah sie, wie sich die Augen des Mönchs vor ihr an der Wand weiteten, doch es erstaunte sie nicht. Es erstaunte sie auch nicht, dass der Mann, der sie mit der flachen Seite seiner Klinge so mühelos entwaffnet hatte, der Hüne mit dem kahl geschorenen Schädel und dem blonden Bart war, den sie vor dem Dom gesehen hatte. Am wenigsten erstaunte sie, dass er nun seinerseits ein Messer an der Kehle hatte (der Besitzer des Messers musste sich gehörig strecken, um so weit hinauf zu kommen) und dass etwas abseits von ihrer Gruppe zwei weitere Männer standen, einer davon mit einer gespannten Armbrust, der andere ein Mönch in undefinierbarer grauer Kutte und Tunika, das Gesicht beschattet von seiner Kapuze, sodass nur sein Mund und sein wuchtiges Kinn mit der tiefen Kerbe darin zu sehen war. Barbaras Denken und Fühlen waren fast völlig taub. Sie starrte auf die vermummte Gestalt in der Mönchskutte und begann zu zittern; eine rein körperliche Reaktion, die nicht bis in ihr Hirn drang. Das einzige Fetzchen, das sich leise regte – und auch dieses rief nicht die geringste Anteilnahme in ihr hervor –, war ein wie befreit in ihrem Hirn umherflatternder Gedanke: Nun werde ich sterben.

Kapitel 26.
    D ie Erkenntnis, dass er nicht von der Hand der jungen Frau sterben würde, drang nur langsam in Ulrichs Hirn … und wurde augenblicklich abgelöst von dem Gedanken, dass der Tod nun von der Hand des Neuankömmlings kommen würde. Der Mann mit der Armbrust zielte abwechselnd auf ihn, auf die junge Frau und auf Jörg. Jörgs Gesicht war anfangs zu Stein erstarrt, doch jetzt regte sich ein Mundwinkel wie zu einem schiefen Lächeln, und Ulrich ahnte, dass der Ritter dieses schiefe Grinsen in der Vergangenheit jedes Mal aufgesetzt hatte, bevor er sich den Helm tiefer in die Stirn drückte und dann wie eine Naturgewalt über seinen Gegner herfiel. Ulrich blinzelte und holte Atem. Seine Körperfunktionen waren so träge, als würde er durch Wasser waten. Wenn Jörg eine Dummheit machte, war er ein toter Mann, und Ulrich war dafür verantwortlich, dass er am Leben blieb. Sein Hirn war leer; er holte immer noch Atem und hatte keine Ahnung, was er sagen sollte. In den Wangen der Frau vor ihm war keinerlei Farbe mehr, und er fragte sich, ob sie im nächsten Augenblick wie eine Lumpenpuppe zu Boden fiel.
    »Lass das Schwert fallen, Großer«, zischte der Kerl mit dem Messer schließlich zu Jörg hinauf.
    »Wenn ich’s fallen lasse, dann nur durch deinen Wanst hindurch.«
    »Hinter mir steht ein Mann mit einer Armbrust, du Hohlkopf.«
    »Na und? Der hat nur einen Schuss. Und wer weiß, ob er mich trifft.«
    »Große Reden, Arschloch!«
    »Dein Messer zittert«, sagte Jörg. »Stehst du auf den Zehenspitzen?«
    »Hör auf, Jörg«, flüsterte Ulrich.
    »Schluss damit«, befahl der Mann in der grauen Mönchskutte zur gleichen Zeit. Seine und Ulrichs Blicke kreuzten sich. »Weg mit dem Schwert, oder mein Knecht hier erschießt …«
    »… die Süße!«, vollendete der Mann mit der Armbrust. »Hähähä!«
    »… den Mann, der sich Bruder Antonius nennt!«, sagte der graue Mönch ungeduldig. Seine Blicke ließen Ulrichs Augen noch immer nicht los. Der Armbrustbesitzer räusperte sich und schwang seine Waffe herum, sodass sie über die junge Frau hinweg auf Ulrich zielte.
    »Na gut«, sagte Jörg. Er hob die Klinge vom Hals der jungen Frau, und diese taumelte einen Schritt seitwärts und fing sich wieder. In ihren Augen lag jener leere Ausdruck, den Ulrich bei Mitbrüdern gesehen hatte, die lange mit dem Tod gerungen und endlich der Vorstellung nachgegeben hatten, in diesem Ringen zu unterliegen. Eine ebenso beklemmende wie widersinnige Regung von Mitgefühl mit der jungen Frau wallte in ihm auf. Sie hätte endlos Zeit gehabt, dich umzubringen, sagte er sich. Ihr Gewissen hat sie so lange zögern lassen, bis es zu spät war … er fragte sich, was sie von ihm gewollt hatte. Ihn als Konkurrenten um den Schädel von Sankt Albo auszuschalten oder als rechtmäßigen Besitzer, der darauf Anspruch erheben würde? Er sollte jemanden umgebracht haben? Und sie dabei verschont? Er war mittlerweile sicher, dass sie den Schädel gar nicht hatte – eine Einsicht, die zu erlangen ihm angesichts der Tatsachen nicht als allzu große geistige Leistung erschien.
    »Gehören diese Männer zu dir?«, fragte er sie.
    Sie schüttelte den Kopf. Jörg, der sein Schwert weit zur Seite

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