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Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition)

Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition)

Titel: Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Rath
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schaffte es nicht. Jan war hinter ihn getreten und hatte ihm seine Pranken auf die Schultern gelegt. Der Tagelöhner versuchte, sich dem Griff zu entwinden, doch es schien, als wolle sich eine Maus gegen den Würgegriff eines Löwen wehren.
    »Wir gehen jetzt, doch wir kommen wieder!« Jans Stimme füllte den ganzen Raum. »Und verriegle nicht die Tür, sonst hast du hinterher nur noch Holzsplitter.«
    Auf dem Rückweg hakte sich Herta bei ihrem Mann unter. Sie schritt kräftig aus und schnaubte vor Empörung. »Das armeKind! Warum lässt Gott so etwas zu? Unsere Henriette hat er zu sich genommen, aber diesem schrecklichen Menschen lässt er das Mädchen.«
    Vater Forck antwortete nicht.
    »Vielleicht hat der Herr unsere Schritte gelenkt, Johann. Ja, ganz sicher! Wir müssen das Mädchen befreien. Ohne uns wird es verhungern.«
    Johann tätschelte ihre Hand. »Diese Nacht wird es schon nicht verhungern. Und morgen, nach der Kirche, werden wir ihr etwas zu essen bringen.«
    »Wir haben ihn nicht nach dem Mörder gefragt«, meldete sich Moritz zu Wort.
    »Das hat keine Eile«, sagte Johann Forck. »Heute hätte er uns ohnehin nichts gesagt. Wir müssen erst sein Vertrauen gewinnen.«
    Auf der Kornhausbrücke blieb die Mutter plötzlich stehen, die Augen schreckgeweitet. »Vielleicht schlägt er sie? Johann, wir müssen etwas tun! Wenn er weiter trinkt, wird er bald so betrunken sein, dass er sie totschlägt.«
    »Das kann nicht passieren«, gluckste Jan in sich hinein. Er holte aus und warf die Flasche mit dem Fusel in hohem Bogen ins Fleet.

12
    Am frühen Sonntagmorgen, noch vor dem Gottesdienst, stellte Herta Forck einen großen Topf mit Pferdebohnen auf den Herd. »Die machen satt«, erklärte sie den Jungen, »müssen aber lange kochen.«
    Wieder zu Hause, packte die Mutter ein Stück Bauchspeck zu den Bohnen und schnitt Kartoffeln hinein. Als Johann und Jan beim Mittagessen ein zweites Mal zulangen wollten, wurden sie von der Mutter gebremst.
    »Nicht so viel! Es muss noch etwas für das Mädchen übrig bleiben.«
    Der Quartiersmann blickte erstaunt in den Topf, der ihm immer noch ziemlich voll zu sein schien.
    Nach dem Essen verpackte Herta Forck das Essen in die Holzkiste zu der grünen Seife, der Dose mit Soda, dem Schrubber und dem Feudel. »Einen Besen werden die hoffentlich haben«, sagte sie.
    Mit vor Empörung gerötetem Gesicht setzte sie sich an die Spitze der kleinen Armee Richtung Theilfeld. Hinter ihr bildeten Jan und Moritz die Hauptstreitmacht mit der Holzkiste. Die Nachhut hatte sich allerdings kurz vor dem Aufbruch aus dem Staub gemacht.
    »Mich braucht ihr wohl nicht für diese Weiberarbeit«, hatte Johann Forck gesagt. Um eventuellen Gegenargumenten rechtzeitig den Wind aus den Segeln zu nehmen, hatte er schnell hinzugefügt, dass im Speicher dringend etwas umgestaut werden müsse.
    Die Tür zum Wohnkeller stand offen, der Mann und das Mädchen saßen auf ihren Hockern am Tisch. Herta Forck fegte herein wie ein Orkan. Sie drückte das Mädchen kurz an sich, dann herrschte sie den Mann an. »Du holst Wasser und machst den Ofen an!«
    Der Schauermann wagte keinen Widerspruch. Er griff einen Eimer und stieg mühsam die Stufen zur Twiete hinauf.
    Es war viel Arbeit gewesen, doch schließlich hatten sie den Keller einigermaßen sauber bekommen und den Unrat in den angrenzenden Hof geschafft. Der moderige Gestank war dem der grünen Seife und dem beißenden Geruch von Soda gewichen. Inzwischen war auch das Wasser auf dem Ofen heiß.
    Herta Forck blickte zu ihren Jungen hin. »Ihr beide geht spazieren. Ihr könnt wiederkommen, wenn das Mädchen sauber ist.«
    Jan und Moritz schlenderten um den Hopfenmarkt und spuckten von der Trostbrücke ins Wasser. Als sie zum Keller zurückkamen, stand ein Mädchen mit glänzenden Haaren in einem sauberen Kleidchen vor ihnen, das die Mutter einer Nachbarin abgeschwatzt hatte.
    »Ich dachte, sie hätte braune Haare«, sagte Herta Forck, »aber sie ist blond.« Sie roch zufrieden an dem Kind. »Du stinkst!«, herrschte sie dann den Vater an. »Wenn du dich nicht freiwillig wäschst, wirft dich Jan in die Alster.«
    »Mit Vergnügen«, sagte Jan.
    Mutter Forck schaute sich um, noch immer Unzufriedenheit im Blick. »Es ist jetzt zwar sauber hier, aber eine Wohnung ist dieser Keller trotzdem nicht geworden. Ein Quartiersmann würde hier nicht mal seine Därme lagern.«
    Der Tagelöhner saß auf seinem Hocker und starrte wütend vor sich hin. Herta Forck dagegen

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