Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition)
zur Abendstunde ins Kontor und unterwies Moritz in der deutschen Schriftsprache. Und wenn er nach einer solchen Unterrichtstunde erschöpft die Feder ins Tintenfass rammte, klappte sie das Warenkundebuch zu, trat ganz nahe an ihn heran, spitzte die Lippen und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Nun ja, nicht nur auf die Wange.
Über Moritz und Jette gibt es wenig zu berichten, wie es nun mal so ist, wenn das Leben seinen geregelten Lauf nimmt. Allerdings gab es einen Menschen, der sich häufig darüber wunderte, dass die Dienstmädchen bei hohen Herrschaften so selten einen freien Tag bekamen. Wäre Karl Jacobsen jedoch zum Jungfernstieg gegangen, hätte er seine Tochter am Arm eines jungen Mannes flanieren sehen können. Sie in einem hübschen Sommerkleid, das ihr die Konsulin geschenkt hatte, und er in seinem prächtigen Anzug mit dem Samtkragen.
Eigentlich hätte Moritz mit dieser Entwicklung zufrieden sein können, und er war es auch, jedenfalls die weitaus meiste Zeit. Doch in manchen Nächten, wenn Vollmond war und er nicht schlafen konnte, lag er auf der Küchenbank und sehnte sich nach Kapitän Westphalen und Hinrich Quast.
Danksagung
Wie schafft es ein Autor, einen historischen Roman über eine Zeit zu schreiben, in der er nicht gelebt hat und über die es nicht allzu viele Berichte von Zeitzeugen gibt?
Er geht in Bibliotheken und Archive und liest, liest, liest. Ganz sicher findet er keine Quelle, die er direkt in seinen Roman übertragen kann, doch die Lektüre von Zeitungsberichten der damaligen Zeit, von niedergeschriebenen Erinnerungen, von Gesetzestexten und technischen Skizzen bis hin zu amtlichen Tabellen bilden die Puzzleteilchen, aus denen sich ein Abbild der früheren Zeit zusammensetzen lässt, selbst wenn das Puzzle große Lücken aufweist.
Das Leben im Wohnhaus der Schröders könnte sich wie hier im Roman abgespielt haben. Bei den Forks bin ich mir da nicht so sicher, weil ich keinen Bericht eines Arbeiters über seine Lebenssituation gefunden habe. In diesen Kreisen schrieb man nicht, weil Papier und Tinte teuer waren, weil man nicht schreiben konnte und wenn doch, weil es eine ungewohnte und unnütze Tätigkeit war. Doch ich tröste mich mit dem Gedanken, dass das Leben von Arbeitern in seinen Grundzügen nicht anders verlief als heute: Man lebte mehr oder weniger beengt und war froh, Arbeit und etwas Kräftiges auf dem Teller zu haben. Man bemühte sich, seine Kinder nach bestem Wissen und Gewissen großzuziehen, und fürchtete sich vor Krankheit und der Arztrechnung. Blieb dann noch etwas Geld übrig und war man nicht ganz so müde, dann gönnte man sich auch ein kleines Vergnügen: einen Familienausflug an die Elbe, vielleicht den Besuch eines Kaffeegartens, gelegentlich eine Tanzveranstaltung.
Glücklicherweise hat die Staatsbibliothek Hamburg eine umfangreiche Hamburgensienabteilung, in der ich Wochen verbracht habe. Doch manche Fragen ließen sich auch dort nichtklären. Hier sprangen freundlicherweise die Mitarbeiter des Staatsarchivs Hamburg, der Commerzbibliothek Hamburg und des Vereins für Hamburgische Geschichte ein, denen ich an dieser Stelle danke. Ich bedanke mich auch bei Angela Graf von der Bibliothek des Museums für Kunst und Gewerbe für ihre Unterstützung. Mein besonderer Dank gilt Dr. Ulrich Troitzsch, inzwischen emeritierter Professor des Instituts für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Universität Hamburg, der mich für die Geschichte der Technik begeisterte.
Nicht zuletzt bedanke ich mich bei Margret Kruse, die sich mit kritischem Soziologenblick über das Manuskript hermachte, und bei Dorothée Engel für das engagierte Lektorat.
Glossar
Alstertümpel Das Alsterbecken, heute die Binnenalster.
Alter Wandrahm Straße im Hamburger Hafen, heute ein Teil der Speicherstadt.
Altona Bis 1864 eine dänische Hafenstadt, heute ist es ein Stadtteil Hamburgs.
Altstadt/Neustadt »Altstadt« suggeriert, dass es dort im Gegensatz zur »Neustadt« die ältere Bausubstanz gibt. Dies war in Hamburg nach dem Großen Brand von 1842 nicht mehr der Fall. Jetzt war die Neustadt mit ihren Gängevierteln der ältere Teil, während in der Altstadt gerade Straßen und moderne Gebäude dominierten.
Altwarenhöker Gebrauchtwarenhändler.
Bark Moderner Segelschifftyp mit größerem Ladevermögen und geringerer Segelfläche als bei Klippern.
Baumhaus Beliebtes Ausflugslokal am Binnenhafen an der Spitze des Steinhöfts, 1662 erbaut, 1857
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