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Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition)

Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition)

Titel: Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Rath
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drücken? Nein, dort hätten sie ihn schnell aufgegriffen. Sollte er rennen? Dann würden die Männer auch rennen und ihn einholen. Da brauchte nur einer »Haltet den Dieb!« zu schreien, und schon stolperte man über ein Bein oder jemand stellte sich einem in den Weg. »Das sind die Mörder von Elbrand« könnte er rufen, doch wer würde ihm glauben?
    Jetzt war er bei der Hohen Brücke. Die vier Männer blieben ihm auf den Fersen. Er hastete weiter. Auf der anderen Seite der Brücke rannte er los, quer über die Straße, zu Willy Krügers Gastwirtschaft. Dort drückte er sich in den Eingangsbereich. Wenn die Verfolger ihn hier fassen wollten, konnte er immer noch in die Wirtschaft flüchten.
    Die Männer stiefelten an ihm vorbei. Sie waren schwarz gekleidet, hatten schwarze Gesichter und schwarze Hände. Jeder trug einen Zampel auf dem Rücken. Der linke hatte eine Rolle Tauwerk über der Schulter.
    Gerade wollte sich Moritz wieder auf die Straße wagen, da packte ihn eine Hand am Kragen und schüttelte ihn wie eine nasse Katze.
    »Was drückst du dich hier rum? Gören sind bei uns nicht erlaubt!«
    Er bekam einen Schlag in den Nacken, der ihn bis in die Mitte der Straße beförderte.
    Jetzt folgte Moritz den Männern, allerdings in weitem Abstand. Sie gingen die Mattentwiete entlang und bogen in die Holländische Reihe ein. Moritz geriet in Panik. Was wollten die Männerin dieser Gegend? Das hier war Quartiersmanngebiet, hier gab es keine Kohlen.
    Sie stoppten vor dem Hof, in dem Moritz’ Eltern wohnten. Der größte von ihnen, ein wahrer Riese, blickte fragend auf seine Kumpane. Die nickten. Alle vier drängten durch den schmalen Gang in den Hinterhof. Moritz wäre am liebsten losgelaufen, um seine Eltern zu warnen. Doch wie sollte er das anstellen, wenn die Männer vor ihm waren? Einfach vorbeirennen? Keine Chance. Sie waren immerhin zu viert und würden ihn schnell fassen.
    Als er sich schließlich in den Hof traute, waren die Männer verschwunden. Doch als er die Wohnungstür öffnete, fand er sie wieder. Die vier standen in der Küche, breitbeinig, drohend, einer spielte mit dem Seil. Moritz überschlug blitzschnell die Kräfteverteilung. Es stand vier gegen vier, wenn man Mutter mitzählte. Doch die Männer waren so kräftig gebaut, dass selbst Jan schmächtig neben ihnen wirkte.
    »Wir haben mit dir zu reden, Johann Forck«, sagte der Riese in einem tiefen Bass. Es klang nicht gerade freundlich.
    Der Vater saß ruhig am Tisch. Er blickte auf die Männer, dann drehte er sich zu seiner Frau um. »Herta, bring Bier.«
    Drei der vier Männer quetschten sich auf die Küchenbank. Der vierte, der mit dem Seil, blieb stehen und starrte böse auf die Jungen.
    Mutter Forck brachte Braunbier. Die Männer tranken.
    »Du hast nach uns gesucht, Johann Forck«, sagte der Riese.
    Moritz hatte feuchte Hände, sein Magen rebellierte. Ich muss raus hier!, schoss es ihm durch den Kopf. Ich muss in die Gasse hinunter, die Nachtwache alarmieren.
    »Ihr wart hinter Elbrand her«, sagte Johann Forck in diesem Augenblick. »In der Nacht, als er getötet wurde.«
    Einer der Männer schlug mit der Faust auf die Tischplatte. Es knallte wie ein Schuss. »Warum gehst du nicht zur Polizei, wenn du so viel weißt, du Schlaumeier?«
    Der Riese machte eine beruhigende Geste.
    »Wer will schon unbescholtene Leute auf einen Verdacht hin amtsbekannt machen?«, fragte Johann Forck ruhig.
    Die Männer blickten in ihr Bier und nickten.
    Jetzt ergriff der Riese wieder das Wort. »Ja, wir waren in jener Nacht unterwegs. Doch wir haben nichts mit dem Mord zu tun.«
    »Jetzt bin ich aber gespannt«, sagte Johann.
    »Stopp!« Der mit dem Seil kam drohend auf Jan und Moritz zu. »Es sind zu viele Ohren hier im Raum. Ihr beide verschwindet. Und die Frau auch, Frauen quatschen zu viel.«
    Der Vater machte eine Kopfbewegung zur Tür. Zögernd verließen die drei die Wohnung.
    Auf der Treppe konnte sich Moritz nicht zurückhalten. »Wir können Vater doch nicht zurücklassen. Allein mit diesen Mördern.«
    »Das sind keine Mörder«, sagte die Mutter ruhig.
    »Das sind Leute wie wir«, ergänzte Jan, »und wir würden ja auch niemand umbringen.«
    Im zweiten Stock blieben sie stehen und horchten. Nichts. Dann plötzlich das Scharren vieler Füße und das Poltern beiseitegerückter Möbel. Danach Stille, bedrohliche Stille.
    Nach scheinbar endlosen Minuten klappte im Treppenhaus eine Tür. Vier Stiefelpaare trampelten so heftig die altersschwache Holztreppe

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