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Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition)

Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition)

Titel: Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Rath
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ein.
    »He, Moritz! Wo gehst du hin? Das ist die falsche Richtung. Oder wohnst du jetzt in der Neustadt?«
    Moritz blickte verwirrt hoch. »Tatsächlich. So was Blödes.«
    Er kam zurück, lächelte entschuldigend und ging am Kontor vorbei zu den Kajen. Der Zimmermann blickte ihm streng nach. Unangenehmer Mensch, dachte Moritz, der soll sich besser um seine Angelegenheiten kümmern.
    Als er von den Kajen aus nicht mehr gesehen werden konnte, schlug er sich durch die Gänge und Höfe zur Neustadt, wie er es schon einmal gemacht hatte. Schließlich hatte er die Vorsetzen erreicht. In der Dunkelheit konnte er einen großen Berg zugehauener Hölzer erkennen. Man hatte bereits lange, schwere Balken als Fundament für die Hebemaschine auf der hölzernen Kaianlage verankert, sie ragten ein gutes Stück auf das Wasser hinaus. Auf der Höhe der Kaikante waren Widerlager angebracht, die wohl später die vertikale Konstruktion aufnehmen sollten.
    Moritz stellte sich an den Stapel von Winkeln und Brettern, der für die weitere Arbeit aufgetürmt worden war. Er fuhr über die gehobelten Oberflächen und die geglätteten Kanten der Balken. Leise gluckste das Wasser gegen das Ufer, von der Elbe wehte eine Briese, es roch nach frischem Holz und Harz. Schiffszimmermann wäre auch ein Beruf, der mir gefallen würde, dachte er. Außerdem wird er gut bezahlt, sicherlich besser als die Kontorarbeit.
    Zwischen der Konstruktion der Hebemaschine bewegte sich etwas. Moritz starrte angestrengt in die Dunkelheit. Es war zu groß für einen Hund, aber zu klein für einen Menschen. Jetzt richtete sich der Schatten auf. Ein Mensch. Moritz vergaß zu atmen. Der Mörder?
    Doch die Gestalt schien sich nicht für ihn, sondern ausschließlich für das Fundament der Hebemaschine zu interessieren. Sie bewegte sich lautlos zwischen den Balken, bückte sich hier, tastete dort auf dem Boden herum. Moritz vernahm ein abfälliges Gemurmel. Nicht der Elbrandmörder, entschied er.
    Inzwischen hatte die Gestalt das Interesse an der Maschine verloren. Sie kam direkt auf den Holzstapel zu. Moritz erkannte im fahlen Schein der Laternen den Schiffszimmermann. Sieh an,dachte er, es hat ihm doch keine Ruhe gelassen. Hinrich Quast schien Moritz nicht zu bemerken. Er wechselte auf die andere Straßenseite, blieb stehen, musterte die vorbeigehenden Leute, möglicherweise suchte er jemanden. Leise vor sich hinschimpfend schwenkte er in eine der Gassen des Gängeviertels ein und war in der Dunkelheit verschwunden, wie verschluckt.
    Auf dem Weg nach Hause passierte Moritz den Herrengraben. Er zögerte, wurde langsamer, verharrte schließlich. »Herrengraben« und »Theilfeld« hatte Jan gesagt, die verruchte Gegend in der Neustadt. Es juckte Moritz in den Fingern, sich dort einmal umzusehen. Nur kurz, einfach mal hineinsehen in das berüchtigte Gängeviertel, und dann schnell nach Hause. Ein bisschen umschauen dürfte ja nicht verboten sein, dachte er, vielleicht gibt es da ein Geheimnis. Schließlich hatte sich Elbrand in seiner Todesnacht hier herumgetrieben.
    Er schlich den Herrengraben hinauf, immer eng an den Häusern entlang, stets bereit zur Flucht. Doch es gab keinen Grund davonzulaufen. Hier kam ihm alles bekannt vor, hier war er mit seinen Eltern und mit Jan gewesen. Die Schänken rechts und links der Straße waren gut besucht, angetrunkene Männer kreuzten seinen Weg, manche sangen laut und falsch, niemand nahm Notiz von ihm. Jan hat recht, dachte Moritz, nur alte Männer hier, dafür hätte Elbrand nicht so weit laufen müssen, solche Kneipen gibt es auch in der Altstadt.
    Kurz vor dem Theilfeld wechselte er die Straßenseite, um nicht am Wohnkeller des Schauermanns vorbeigehen zu müssen. Er wusste nicht, wie er dem Mann seine Anwesenheit in dieser Gegend hätte erklären sollen.
    Dann war er im Theilfeld. Zunächst unterschied sich diese schmale Straße kaum vom Herrengraben. Je weiter er jedoch kam, umso merkwürdiger wurde ihm zumute. Nicht dass es keine Schänken mehr gab, doch die hier waren schlecht beleuchtet, die wenigen Kerzen warfen lediglich diffuse Schatten an die Hauswände. Alle paar Meter zweigten enge Gassen und Höfe ab, inmanche gelangte man nur mit eingezogenem Kopf unter einem Durchgang hindurch.
    Die Menschen, denen Moritz hier begegnete, bewegten sich anders als in der Altstadt. Sie huschten mehr, als dass sie gingen. Kaum kamen sie einem entgegen, waren sie schon wieder verschwunden. Das mochte am düsteren Zwielicht der engen Gassen

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