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Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition)

Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition)

Titel: Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Rath
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in ein Brüllen über.Der massige Kerl hüpfte mit schauerlichem Geheul auf einem Bein herum, beide Hände am Knie.
    Dann fing er sich schnell wieder und stürzte sich auf den Jungen neben sich. Doch Moritz war schon lange nicht mehr da. Er hatte keine Sekunde gezögert, war wie ein Wiesel aus dem Hof gerannt und in die Gasse eingebogen. Als er das Gebrüll und das Trampeln hinter sich hörte, tauchte er blitzschnell in einen weiteren Hof ein, schoss durch diesen hindurch und war in der nächsten Gasse.
    Seinen Verfolger hatte er wieder einmal erfolgreich abgeschüttelt. Wie häufig würde ihm das noch gelingen? Nicht mehr sehr oft, vermutete er. Schwer atmend lehnte er sich gegen eine Hauswand. Nie wieder würde er einen Ausflug in dieses Neustädter Gängeviertel machen, nicht einmal zehn Pferde könnten ihn hierher schleppen.
    Schließlich atmete er ruhiger, das Zittern in den Beinen ließ nach. Immerhin habe ich etwas über Elbrand erfahren, dachte er. Doch wer ist diese Anni? Und woran ist sie gestorben? Ist sie überhaupt gestorben? Vielleicht könnte der versoffene Schauermann etwas dazu sagen, der wohnte ja nicht weit von hier.
    Moritz blickte sich um. Irgendwie kam ihm der Hof bekannt vor. Er hatte das Gefühl, an diesem Abend schon einmal hier gewesen zu sein, ziemlich zu Beginn seines Ausflugs. Wenn er sich nicht sehr täuschte, müsste eine der nächsten Straßen zum Herrengraben führen. Erleichtert machte er sich auf den Weg. Vor dem Theilfeld graute ihm jetzt nicht mehr. Hatte er nicht schon ganz andere Ecken dieses Gängeviertels kennengelernt?
    Der an den Hof grenzende Gang endete in einem Durchgang. Moritz ging in den Gang hinein, jetzt konnte er schon das Theilfeld mit seinen Spelunken erkennen. Nur ein paar Schritte noch, dann würde er wieder in der von normalen Menschen bewohnten Welt sein.
    Doch er machte diese paar Schritte nicht, denn im Durchgang stand ein Mann, nicht übermäßig groß, in leicht gebückter Haltung. Es war nicht der Dicke mit den Hosenträgern, es war der Verfolger vom frühen Abend.
    Der Mann ließ Moritz nicht aus den Augen. Er kam langsam und geräuschlos näher, wie eine Katze auf der Jagd. Moritz tastete sich im Gang rückwärts. Nicht aus den Augen lassen, immer anstarren, hatte der Vater gesagt, das hilft bei Hunden und bei Menschen. Wenn ich bis in den Hof komme, dachte er, kann ich auf der anderen Seite hinausrennen. Dann erwischt er mich nicht.
    Endlich wichen die Häuser rechts und links zurück, er hatte den Hof erreicht. Blitzschnell drehte er sich um und rannte auf den gegenüberliegenden Ausgang zu. Doch auf halber Strecke prallte er erschrocken zurück. Auch im zweiten Durchgang stand ein Mann. Moritz sah ihn nur schemenhaft, aber seine Umrisse zeichneten sich deutlich gegen den helleren Hintergrund ab. Das war auch nicht der Dicke, der hier war eher untersetzt und breitschultrig. Ein unbestimmtes Gefühl sagte Moritz, dass er diesen Fremden schon einmal gesehen hatte. Doch es blieb ihm keine Zeit, darüber nachzudenken.
    Er saß in der Falle! Hastig suchte er die Häuserfronten ab. Da waren keine Erker, keine Anbauten, keine zurückgesetzten Hauseingänge, nur flache Fronten. Es gab nichts, wo er sich verstecken konnte. Selbst die Dunkelheit bot in diesem übersichtlichen Hof keinen Schutz. Panik machte sich in ihm breit. Mit flackerndem Blick suchte er einen Ausweg. Es gab keinen. Sollte er schreien? Das brachte nichts, hier öffnete niemand ein Fenster oder eine Tür. Er würde nur verraten, wo er war.
    Jetzt haben sie mich, durchzuckte es Moritz. Gegen einen Mann wäre es schon schwer genug, sich zu wehren, aber gegen zwei? Unmöglich. Jetzt wird Elbrands Mörder noch einmal zuschlagen und kurzen Prozess machen. Wie konnte ich nur so naiv sein, allein Nachforschungen anzustellen? Niemand wirdmich jemals wiedersehen. Der Mörder wird mich töten, in einen Sack stecken, zu den Vorsetzen schleppen und in die Elbe werfen.
    Vielleicht ist der Tod ja gar nicht so schrecklich?, dachte er. Henriette ist tot, der Sohn von Kapitän Westphalen auch. Schön wäre es, wenn das Sterben nicht wehtäte. Ich würde aber gern noch einmal meinen Vater sehen. Und meine Mutter. Und Jan. Vielleicht auch Cäcilie, auf jeden Fall Jette.
    Die Männer ließen sich Zeit, sie machten keinerlei Anstalten, ihn zu greifen. Warum auch, er saß ja in der Falle, da konnten sie noch etwas mit ihm spielen, wie die Katze mit der Maus. Wie in Trance schlich Moritz an den Häusern entlang,

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