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Im Schatten des Kreml

Im Schatten des Kreml

Titel: Im Schatten des Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
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kriminelle Vereinigungen.
    Und natürlich ist da noch die dritte Spalte, um die ich mich kümmern muss. Irgendwo im Süden steckt Galina, zwar in Semerkos Gewalt, aber vielleicht noch ohne irreparablen Schaden genommen zu haben. Womöglich hat die Tatsache, dass er auf der Flucht ist, sie vor dem Schlimmsten bewahrt.
    Ich kneife die Augen zusammen, bis ich nur noch schwarz sehe und dann verschwommene orangefarbene Punkte, die davontreiben wie Luftballons. Ich warte auf irgendeine Erkenntnis, aber meine Fantasie versagt. Das einzige Bild, das ich heraufbeschwören kann, ist das einer strahlenden, himmlischen Valja – das Bild, das sie mir vorhin geschickt hat. Ein impressionistisches, blass verschwommenes Porträt, dominiert von hohen Wangenknochen und riesigen grauen Augen, die leuchten, als brenne darin ein weißglühendes Feuer.
    Ich wache auf. Die Straße vor mir ist stockdunkel. Golko sieht mich an, die Armaturenbeleuchtung scheint auf sein besorgtes Gesicht. »Was haben Sie gerade gesagt?«, frage ich.
    »Ich sagte, der Lieferwagen ist wieder hinter uns.«

29
    Wir sind vierzig Minuten von Wladimir entfernt, teilt Golko mir mit. Auf der M7 ist es ruhig; entlang beider Seiten wachsen Birken und Gestrüpp. Golkos Augen springen zwischen Straße und Rückspiegel hin und her.
    »Sind Sie sicher?«, hake ich nach.
    »Ich erkenne ihn an den Vorderlichtern. Jetzt hat sich der Abstand wieder vergrößert.«
    Ein paar Minuten später höre ich ihn grummeln, die Lichter seien erneut da. Als ich durch die Heckscheibe gucke, sehe ich zwei leuchtende Kreise.
    »Fällt Ihnen auf, dass der eine Scheinwerfer schwächer ist als der andere?«, fragt Golko.
    »Machen Sie in ein paar Minuten die Warnblinkanlage an und gehen Sie vom Gas runter. Bleiben Sie dicht am Straßenrand, bis wir zu einer Ausfahrt kommen, dann fahren Sie rechts ab und langsam weiter. Ich springe raus. Rollen Sie noch ungefähr hundert Meter weiter und halten Sie dann an.« Ich klopfe auf das Halfter seiner Pistole, einer Makarow. »Können Sie damit umgehen?«
    »Ist lange her.« Seine Hände am Lenkrad verrutschen ein Stück, und er wischt sie sich eine nach der anderen an der Hose ab.
    Ich ziehe seine Pistole aus dem Halfter, hole das achtschüssige Magazin heraus, kontrolliere, ob es voll geladen ist, und stecke die Pistole wieder zurück. »Das wird reichen. Legen Sie sie sich in den Schoß. Tun Sie so, als würden Sie telefonieren. Wenn sich jemand dem Wagen nähert, schießen Sie ihm in den Bauch. Ohne Vorwarnung, ohne zu zögern.«
    »Vielleicht sollten wir erst mal fragen, was sie wollen.«
    »Klar. Am besten, wir reden bei Tee und Kuchen darüber.«
    Ich wickle meine Jacke um die Kopfstütze. Auf mein Zeichen hin schaltet Golko die Warnblinkanlage an, wird langsamer und fährt von der M7 ab auf eine Zufahrtsstraße. Der zweispurige Asphaltstreifen ist leicht erhöht. Zu meiner Seite fällt er in eine mit Schnee bedeckte Rinne ab. Ich kann hier nicht raus, weil ich auf dem Schnee Spuren hinterlassen würde. Die Lichter der Autos auf der M7 verschwinden zwischen den dicht stehenden Bäumen hinter uns.
    »Folgen sie uns?«, erkundige ich mich, während ich nach einer geeigneten Stelle Ausschau halte.
    »Sie sind etwa einen Kilometer hinter uns. Tut mir leid, Oberst, aber ich muss protestieren. Ich glaube, es ist keine gute Idee, die Hauptstraße zu verlassen. Niemand wird uns etwas tun, solange andere Autofahrer in der Nähe sind.«
    Golko hat vielleicht in ein paar Minuten eine Kugel zwischen den Zähnen, ich denke also, dass er ein Recht auf eine Erklärung hat. »Wenn das Lacheks Leute sind, würden sie uns sogar auf der Nowy Arbat erschießen, solange es ihnen in den Kram passt. Wir müssen sie zu unseren Bedingungen bekämpfen, auf selbst gewähltem Terrain.«
    »Ich denke immer noch, wir sollten uns vergewissern, dass sie eine Bedrohung darstellen, bevor wir irgendetwas Unüberlegtes tun.«
    »Mmmh.« Zu spät fällt mir wieder ein, warum ich mir sonst nie Zeit für lange Erklärungen nehme. Entschlossen demontiere ich die Innenbeleuchtung. Im Lichtkegel unserer Scheinwerfer entdecke ich eine dunkle Stelle, wo der Schnee geschmolzen ist. »Da springe ich raus«, kündige ich an und zeige nach vorn. »Gehen Sie vom Gas runter, aber bremsen Sie nicht, bevor ich draußen bin.«
    Ich öffne die Tür, warte kurz, um die Geschwindigkeit einzuschätzen, und rolle mich dann hinaus auf die Erde und in den Straßengraben. Meine Schulter durchbricht das Eis

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