Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)
Herkunft, warum sie so vehement gegen ein Bündnis mit dem Lux Dei war, dass sie sich dafür sogar heimlich gegen den Kaiser auflehnte.
Eine Intrige, die Cartagena an den Hof gebracht hatte, was wiederum Milan das Leben gekostet hatte. Carya verstand zwar noch nicht, warum, aber sie war sich sicher, dass der Botschafter bei diesem Herzanfall seine Finger im Spiel gehabt hatte. Auf Château Lune hängt alles irgendwie zusammen , dachte sie.
Ihr Blick fiel erneut auf den toten Magister. Eine Welle von Trauer schwappte über sie hinweg. Es tut mir so leid …
»Was ist mit Ihnen?«, fragte Factice.
»Hm?« Carya blinzelte gegen die Tränen an.
»So, wie Sie sein Tod getroffen hat, könnte man denken, Sie hätten dem Magister nahegestanden. Kannten Sie sich von früher? Ich glaube, mitbekommen zu haben, dass Sie ebenfalls zuvor in Arcadion gelebt haben.«
»Nein. Wir sind uns gestern das erste Mal begegnet. Aber er war so freundlich und hilfsbereit. Und er hat sich so gefreut, jemanden aus der alten Heimat zu treffen. Wir wollten uns zusammensetzen, und ich sollte ihm von dort erzählen. Daraus wird jetzt wohl nichts mehr. Ach, warum musste es ausgerechnet ihn treffen?«
Einen Moment lang sah Factice Carya traurig an, dann schloss sie sie unvermittelt in die Arme. Und Carya erwiderte die Umarmung, obwohl ihr die Ministerin fremd war und eine solch vertrauliche Geste gegenüber einer hochgestellten Persönlichkeit unter normalen Umständen undenkbar gewesen wäre. In diesem Moment spielte all das keine Rolle. In diesem Moment waren sie beide weinende Frauen am Totenlager eines guten Mannes.
Ich muss es wissen , erkannte Carya. Ich muss herausfinden, ob ich in seinen Tod verwickelt war. Und wenn es wirklich Mord war, werde ich herausfinden, warum er sterben musste. Das schwöre ich!
»Ministerin Factice«, sagte sie leise.
»Was gibt es, Carya?«
»Ich … also … würden Sie mir ein paar Minuten mit dem Magister alleine gestatten? Er hing wie ich dem Glauben an das Licht Gottes an. Ich würde gerne für ihn beten und seine Seele dem Licht übergeben, wie es bei uns Tradition ist. Denn am Hof wird es sonst wohl niemand tun, oder?«
Factice zögerte kurz, aber dann nickte sie. »Das ist in Ordnung, Carya. Nehmen Sie sich alle Zeit, die Sie brauchen. Ich werde veranlassen, dass Sie niemand stört. Beten Sie für unseren Freund. Das hätte ihm sicher gefallen.« Sie drückte Carya ein letztes Mal, bevor sie sich von ihr löste und ihre inneren Schutzmauern wieder aufrichtete. »Ich lasse unterdessen alles für die Untersuchung seines Leichnams und für die anschließende Beerdigung vorbereiten. Und ich muss seine Majestät sprechen, ob er für den Ball heute Abend eine spezielle Ehrentafel für den Magister aufstellen lassen möchte. Es gibt viel zu tun.« Sie holte tief Luft und straffte sich. »Wir sehen uns später, Carya.«
»Ja, danke.«
Kaum dass Factice sie verlassen hatte, sank Carya auf die Knie. Sie legte die Hände auf die Brust, senkte den Kopf und schloss die Augen. »Gegrüßet seist du, Licht, das voll der Gnade« , flüsterte sie, »uns von dem Herrn, dem Schöpfer zugesandt. «
Sie hatte die Ministerin nicht belogen. Zwar wollte sie das Zimmer auch aus anderen Gründen für sich allein haben. Doch sie verspürte in der Tat das tiefe Bedürfnis, Magister Milan die letzte Ehre zu erweisen, indem sie seine Seele auf die Weise, wie es seinem Glauben entsprochen hatte, der Ewigkeit empfahl. Sie betete ein Licht der Gnade , gefolgt von dem Psalm Weg ins Licht , der vor allem bei Beerdigungen gesprochen wurde. Schließlich nahm sie das kleine Schmuckstück der dreistrahligen Sonne vom Nachttisch, das Milan dort vor dem Zubettgehen hingelegt hatte und drückte es ihm in die gefalteten Hände.
Schniefend rieb sie sich über die Augen. Sie wappnete sich innerlich. Dann beugte sie sich vor und begutachtete seinen Hals. An der Seite war er leicht gerötet. Es fiel kaum auf. Man konnte es für eine einfache Hautirritation halten. Oder für die leicht verbrannte Haut, die ein handlicher Elektroschocker zurückließ, wenn man ihn dort ansetzte und auslöste. Mit ungläubigem Kopfschütteln zog sie sich zwei Schritte zurück. »Nein … Das kann nicht sein. Ich kann ihn nicht getötet haben.« Doch ihre eigenen Beteuerungen boten ihr keinen Trost. Ihre Erinnerungen an den unheimlichen Traum und dies alles hier deckten sich viel zu sehr, als dass es irgendein Zufall hätte sein können. Irgendwie war sie in
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