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Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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danach das Mittschiff, schließlich leckten die grauen Fluten an den Fenstern der Steuerkabine empor. Ein letzter Sonnenstrahl blitzte ihnen durch die Wolken vom westlichen Horizont her entgegen. Dann verschlang die See das Schiff, und es wurde unvermittelt merklich dunkler in der Steuerkabine. Nur die Lämpchen auf der Kontrolltafel vor Hook spendeten noch ein wenig Helligkeit.
    Denning streckte einen Arm aus und schaltete eine vergitterte Glühbirne an, die in die Decke eingelassen war. Gedämpftes blaues Licht erfüllte den Raum. »So ist es doch ein bisschen gemütlicher«, verkündete er. »Und wenn es über Wasser überhaupt jemand bemerkt, hält er es für Meeresleuchten.«
    Mit einer schwungvollen Geste zog er eine Seekarte über den Kartentisch unweit des Ruders. Er blickte auf seine Armbanduhr und schien dann einige Berechnungen anzustellen, denn er wanderte mit Stift und Zirkel über die Seekarte. »Bei dieser Geschwindigkeit brauchen wir etwa eine Stunde, bis wir die Meerenge erreichen. Bis dahin dürfte es dunkel genug sein, um einen Durchbruch zu wagen. Und so lange heißt es warten.« Er schenkte Jonan, Carya und Pitlit ein bärtiges Grinsen. »So spannend ist das Leben eines freischaffenden Seehändlers.«
    Die Minuten verstrichen ereignislos. Vor dem Fenster der Steuerkabine schwappte graues Seewasser, das immer dunkler wurde, je weiter der Abend voranschritt. Carya verschwand zwischendurch und holte ihnen etwas zu essen. Pitlit fing an, sich zu langweilen und erklärte, er würde später wieder vorbeischauen, bevor er sich aus dem Staub machte.
    Schließlich wandte Denning sich einer Metallleiter zu, die sich im hinteren Teil der Steuerkabine befand und in einem Schacht in der Decke verschwand. »Ich bin im Turm und sondiere mal die Lage«, erklärte er kurz angebunden.
    Der Turm war ein schornsteinartiger Aufbau auf dem Ruderhaus, der Jonan bereits bei ihrem Anbordgehen aufgefallen war, dem er aber keine sinnvolle Verwendung hatte zuordnen können. Jetzt wurde deutlich, wozu er diente. Denning verwendete ihn als Ausguck, um sich zu orientieren, wenn die Albatros auf Tauchgang war. Kalter Wind und das Rauschen der nahen Wellen drang zu ihnen herunter, als der Kapitän die obere Luke öffnete und den Kopf hinausstreckte.
    »Kann mir mal jemand das Nachtsichtgerät hochreichen?«, rief Denning durch den Schacht. Offenbar machte er sich keine Sorgen, dass sie jemand hören könnte.
    Géant nickte zu einem rechteckigen Kasten hinüber, aus dem einige Okulare herausragten und der zum Schutz gegen Spritzwasser in einer Gummiverschalung mit Gurt steckte. Jonan nahm das Gerät und reichte es Denning nach oben. Es war nicht so hochentwickelt wie die Apparate in den Helmen der Templerrüstungen, sah aber trotzdem selten und kostbar aus.
    »Danke«, knurrte Denning, als er das Nachtsichtgerät entgegennahm.
    Erneutes Schweigen schloss sich an. »Sieht gut aus«, vernahmen sie dann aus dem Schacht. »Die Korvette liegt etwa acht Seemeilen backbord von uns. Das Patrouillenboot habe ich nicht entdecken können. Und die Suchscheinwerfer von Skylla und Charybdis bleiben in Ufernähe.«
    »Darf ich auch mal einen Blick hinauswerfen?«, bat Jonan, der begierig war, sich einen unmittelbaren Eindruck ihrer Täuschung zu verschaffen.
    »Klar, warum nicht. Solange du keine Leuchtrakete da oben abschießt.« Denning reichte ihm das Nachtsichtgerät.
    Jonan hängte es sich um den Hals und erklomm die Leiter. Als er den Kopf zur Luke hinausstreckte, schlug ihm kalter, von Gischt geschwängerter Wind entgegen. Mittlerweile war es wirklich vollständig dunkel geworden. Auch der halbe Mond, der durch fliehende Wolken hindurchschien, spendete kaum Licht.
    Mit zusammengekniffenen Augen hob Jonan das Nachtsichtgerät und hielt es sich vors Gesicht. Sofort wurde die Sicht besser, wenngleich sie einen hässlichen Grünstich bekam. Er kannte das von der Templerrüstung her. Daher hatte er keine Schwierigkeiten, sich zu orientieren.
    Zur Rechten war in der Ferne die Küste Spaniars zu sehen. Jonan musste die Stärke des Nachtsichtgeräts ein wenig herunterregeln, als er den Blick über die eine der beiden Festungen gleiten ließ, die auf einem Felsen am Eingang der Meerenge thronte. Das Gemäuer sah aus, als sei es erst ein paar Jahre alt und extra zu dem Zweck, Gibral-Taar zu überwachen, errichtet worden. Es war ein hässlicher grauer Klotz mit starken Suchscheinwerfern und riesigen Kanonen, die den Eindruck erweckten, als habe man

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