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Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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und riss sie auf. »Ach zum Teufel, was soll’s«, vernahm sie noch hinter sich Dennings Stimme. »Géant! Kollisionskurs auf die Korvette. Wir greifen die Mistkerle an!«
    So schnell sie konnte, rannte Carya die Treppe und den Gang hinunter zu ihrer Kabine. Sie stürzte hinein und zu ihrem Bogen, der zusammen mit dem Köcher voller Pfeile in einer Ecke lag. Rasch nahm sie den Bogen an sich und spannte mit schnellen Handgriffen die Sehne. Dann zog sie einen Pfeil aus dem Köcher. Es war der schwarze Pfeil mit der zylindrischen Spitze, der Donnerpfeil, wie Mablo ihn genannt hatte. Bewahrt ihn gut auf und verwendet ihn nur in der Not, denn wenn Ihr ihn verschossen habt, werdet Ihr keinen zweiten Pfeil dieser Art mehr haben , hallten seine Worte durch ihren Kopf.
    Mit Pfeil und Bogen bewaffnet, verließ Carya ihre Kabine wieder und rannte zurück zum Deck. Sie nahm einen etwas anderen Rückweg, der sie zum Ruderhaus führte, wo Géant und Hook nach wie vor damit beschäftigt waren, die Albatros irgendwie in einem Stück durch die Blockade zu steuern. »Carya?«, fragte der alte Mechaniker überrascht, als diese an ihnen vorbeistürzte und zu der Luke lief, die zur Plattform hinter dem Ruderhaus führte.
    »Keine Zeit«, keuchte sie und stieß die Luke auf.
    »Korvette jetzt direkt voraus«, rief Géant aufgeregt. »Weiche nach Steuerbord aus.«
    Während das Schiff schwankte wie ein betrunkener Seemann, wirbelte Carya auf der Plattform herum. Ohne sich die Mühe zu machen, die Leiter aufs Dach zu benutzen, sprang sie auf eine Seekiste, dann auf das Gerüst eines nicht vorhandenen Rettungsboots. Mit einem letzten Satz landete sie auf dem Dach des Ruderhauses.
    Vor ihr rauschte die Korvette heran. Entweder war ihr Kapitän ein Sturkopf, oder er fühlte sich in seiner Mannesehre herausgefordert – jedenfalls hatte er sich auf Dennings Angriff eingelassen, und jetzt waren sich die Schiffe so nah, dass man sich mit einem Seil von Bord zu Bord hätte schwingen können, wenn man tolldreist genug war. Gewehre knallten, und die Bordgeschütze hämmerten, als die Besatzungen der beiden Boote sich gegenseitig unter Beschuss nahmen. Wer bei diesem Duell den Sieg davontrug, hatte Carya keine Zeit nachzusehen.
    Sie ging in die Hocke, hob den Pfeil und drehte seine Spitze, wie Mablo es ihr gezeigt hatte. Ein rotes Lämpchen fing an zu blinken. Sie legte den Pfeil auf die Sehne und spannte den Bogen bis zur Wange. Es war dunkel, die See unter ihr wogte, und die Korvette zog blitzend und donnernd an ihr vorüber. Hätte nicht längst ein Instinkt übernommen, den sie noch vor wenigen Wochen nicht gekannt hatte, hätte ihr Verstand sie womöglich laut schreiend darauf aufmerksam gemacht, dass ihr Vorhaben absurd war, ja geradezu unmöglich.
    Aber ihr Verstand schwieg, als sie mit ruhiger Hand, alle Sinne unnatürlich geschärft, den Bogen nachführte, während die Korvette an ihnen vorbeizog. Dann war das Ruderhaus mit ihr auf gleicher Höhe. Durch die offen stehende Tür sah sie wie in Zeitlupe schreiende, gestikulierende Männer im Schein farbiger Instrumentenlampen.
    Carya ließ den Pfeil von der Sehne schnellen.
    Die Zeit beschleunigte sich wieder, als das Geschoss davonjagte. Im nächsten Augenblick wurde die Brücke der Korvette in einer gleißenden Explosion von innen zerrissen!
    Zu Caryas Füßen brachen Denning und seine Männer in Freudentaumel aus. Sie brüllten und rissen die Arme mit den Gewehren in die Luft. »Ein Millionentreffer!«, schrie der Kapitän begeistert. »Ich muss diese Frau unbedingt heiraten!«
    »Immer schön langsam«, meldete sich Jonan zu Wort.
    Denning lachte nur. »Géant, bring uns hier raus. Gib alles, was wir haben.«
    Während die Korvette mit qualmendem Ruderhaus führerlos davontrieb, drehte die Albatros den Bug nach Westen und strebte dem Ausgang der Meerenge entgegen. Der Weg war nun frei, und die beiden Festungen lagen bereits zu weit im Osten hinter ihnen, um noch eine Gefahr darzustellen.
    Mit einem tiefen Ausatmen sackte Carya auf dem kalten Metall des Daches in sich zusammen. Auf einmal hatte sie das Gefühl, als sei alle Kraft aus ihrem Körper gewichen. Sie hatten es geschafft – nein, richtiger noch: Sie hatte es geschafft.

Kapitel 13
    I hre Flucht durch die Meerenge von Gibral-Taar glückte. Ganz ohne Opfer verlief sie allerdings nicht. Nach dem Duell mit der Korvette sah die Albatros aus wie ein Löcherkäse. Vier Mann hatten ihr Leben verloren, sieben weitere waren zum Teil schwer

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