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Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Unmittelbar dahinter bog Jonan in eine Seitengasse ein. Ihre beste Chance, ihre Gegner abzuhängen, bestand darin, möglichst oft außer Sicht zu geraten. Vielleicht fanden sie einen Hofeingang, in dem sie sich verbergen konnten, bevor die Francianer auf ihren Mofas etwas davon mitbekamen.
    Jonan bog wieder ab und dann noch einmal. Die Straßen von Paris waren breiter als die von Arcadion, aber es gab mindestens genauso viele Ecken und Kreuzungen, die für Deckung sorgten, wenn auch auf Kosten ihrer Geschwindigkeit.
    Hinter ihnen wurde erneut geschossen, und Pitlit erwiderte das Feuer. »Kacke!«, schrie er.
    »Was?«, fragte Jonan.
    »Ich hab nur noch eine Kugel in der Trommel.«
    »Dann hör auf zu schießen. Es bringt ja doch nichts. Ich … Oh, verdammt!« Jonan riss die Augen auf, als unvermittelt aus einer Querstraße ein viertes Mofa hervorschoss. Er wollte noch ausweichen, aber sie waren einander zu nah. Mit einem metallischen Krachen und Scheppern rasten sie ineinander. Pitlit schrie auf. Jonan wurde über den Lenker geworfen, prallte mit dem einzelnen Mofafahrer zusammen und riss ihn mit sich zu Boden. Ihr Rad schlidderte mit drehenden Rädern davon, das Mofa kippte um und blieb an Ort und Stelle liegen.
    Jonan rollte ab und kam taumelnd wieder auf die Beine. Der Mofafahrer erhob sich ebenfalls. Es handelte sich um einen Mann mit zerzausten schwarzen Haaren und ungepflegtem Bart. Er hatte schmuddelige Kleidung an, und ein scharfes Fleischermesser steckte in seinem Gürtel, das er nun hervorzog. Bevor Jonan handeln konnte, hatte der Kerl den ebenfalls gestürzten Pitlit gepackt und hochgerissen, um ihn als Geisel zu nehmen.
    Der Straßenjunge schrie erschrocken auf, dann knallte ein Schuss.
    Ächzend ließ der Mann ihn wieder zu Boden fallen und sah verwundert an sich hinab. Ein heller Blutfleck breitete sich rasch auf seinem schmutzigen Hemd aus. Im nächsten Moment knickten ihm die Knie ein, und er brach stumm zusammen. Bauchschuss , erkannte Jonan. Der Mann war schon so gut wie tot.
    Hinter ihnen, keine zwei Dutzend Meter entfernt, tauchten die anderen drei Mofas auf. Die Fahrer schrien und gestikulierten.
    »Komm weiter«, drängte Jonan Pitlit, der sich wieder aufgerappelt hatte und nun wie vom Donner gerührt vor dem niedergeschossenen Mann stand, die Pistole noch in der Hand. Jonan ließ das Fahrrad links liegen und schnappte sich stattdessen das Mofa des Fremden. Eilig schwang er sich in den Sattel, zog Pitlit hinter sich und gab Gas.
    Wutentbrannte Schreie und Schüsse waren zu hören. Jonan beugte sich tief über den Lenker und fuhr Schlangenlinien, um ein schwerer zu treffendes Ziel abzugeben. Trotzdem verspürte er einen beißenden Schmerz am rechten Oberarm, als ihn eine Kugel streifte.
    »Wir entkommen ihnen nicht«, rief Pitlit. »Sie geben einfach nicht auf.«
    »Das merke ich auch gerade«, erwiderte Jonan. »Ich schätze, wir haben einen Freund von ihnen umgebracht. Das macht sie nicht eben friedlicher.«
    »Ich wollte das nicht, Jonan, ehrlich. Er hat mich so erschreckt. Und ich musste mich doch verteidigen.«
    »Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen. Es ist schon in Ordnung, Pitlit.«
    Sie erreichten einen großen, von Bäumen gesäumten Platz, in dessen Mitte eine Statue auf einem Steinsockel stand. Am fernen Ende des Platzes erhob sich eine eindrucksvolle Kirche, die mit ihrer säulengeschmückten Fassade und dem Kuppeldach an eine kleinere Version des Doms des Lichts erinnerte. »Wir locken sie ins Innere«, sagte Jonan. »Dort können wir uns bestimmt irgendwo verschanzen, sodass sie den Vorteil der Übermacht verlieren. Außerdem kann ich dann auch endlich mal zurückschießen.«
    Sie rasten über den Vorplatz und kamen schlingernd vor den breiten Stufen zum Stehen, die zum mächtigen Eingangsportal hinaufführten. Ohne innezuhalten sprangen sie von dem geklauten Mofa und hetzten die Stufen empor. Jonan fiel auf, dass das ursprüngliche Portal mit mehreren übereinandergenagelten Holzplatten verstärkt worden war. Diese Maßnahme schien noch gar nicht so alt zu sein.
    Er fragte sich gerade, ob es damit eine besondere Bewandtnis haben könnte, als Pitlit ihn am Ärmel zupfte. »Schau doch. Sie lassen von uns ab und geben die Verfolgung auf.«
    »Was?« Ungläubig drehte Jonan sich um. Tatsächlich waren die Mofas etwa auf Höhe der Statue stehen geblieben, und die sechs Francianer schrien ihnen wütend hinterher. Er verstand nicht, was sie riefen, aber er glaubte das Wort

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