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Im Schatten des Mondlichts - das Erbe

Im Schatten des Mondlichts - das Erbe

Titel: Im Schatten des Mondlichts - das Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Bidell
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beherrschte, wie an den anderen Stellen vermochte sie nicht zu erkennen.
    Obwohl dieser Platz optisch nichts von der mystischen Erscheinung der anderen Treffpunkte besaß, zog er sie magisch an. Er strahlte trotz des Wildwuchses diese besondere Ruhe aus, die ihr inneren Frieden schenkte und die unerträgliche Hitze vor der Verwandlung linderte.
    »Es gibt keinen Baum«, rutschte es Naomi heraus. Obwohl sie sich inmitten eines Waldes von Aleppokiefern und Steineichen befanden, verstand Romina, was sie meinte.
    »Nein, den gibt es nicht«, bestätigte Romina. »Nicht mehr. Vor zehn Jahren gab es die Steineiche noch. Hier lag früher mein Lieblingsplatz. Diese Eiche war der schönste Baum, den du dir nur vorstellen kannst. Groß, mächtig, alles beherrschend. Sie wuchs dort drüben.« Sie zeigte auf eine Stelle, wo nun einige Pinien standen, die kaum vier Meter in den Himmel ragten. »Ein Volltrottel hat sie abgeholzt. Zur Strafe musste er Sprösslinge pflanzen. Aus diesem Grund gingen wir später zur Lichtung im Norden, doch seitdem unsere Feinde die Stelle kennen, ist es vorerst unmöglich dort hinzugehen, wie du weißt. Selbst wenn die Regierung Naturschutzgebiete einrichtet, so finden wir immer seltener geschützte Orte, die uns eine gefahrlose Verwandlung ermöglichen.
    Darüber hatte Naomi noch nie nachgedacht: um so wichtiger, dass sie Dorotheas Nachforschungen vorantrieb. Vielleicht fand sie Informationen über weitere Treffpunkte.
    Naomi überquerte die Waldlichtung, sah sich um und beschloss, sich unter die jungen Pinien zu legen. Eventuell befand sich noch etwas von der magischen Kraft im Waldboden. Sie legte ihre Kleidung ab, rollte sich zusammen und grub ihre Hand in die Erde. Mit geschlossenen Augen sog sie den würzigen Duft ein und spürte die brennende Energie in sich aufsteigen, bevor sie das Bewusstsein verlor.
    Als Naomi zu sich kam, entdeckte sie Romina und Pilar bereits inmitten der Lichtung. Für einen Moment verschwand Pilar beinahe vollständig hinter Rominas kräftigem Körperbau. Sie umkreisten sich und Naomi erkannte im hellen Mondlicht, wie Pilars Fell zuckte. Ihr Angriff auf Romina stand kurz bevor.
    Aus den Augenwinkeln behielt Naomi die Stelle im Auge, während sie ihren Körper streckte und dehnte, um die verspannte Muskulatur aufzulockern. Sie überlegte kurz, ob sie auf die beiden zugehen sollte, entschied sich aber dagegen.
    Nachdem sie Pilar noch nie beim Training zugesehen hatte, zog sie es vor, auf ihrem Beobachtungsposten zu bleiben und sich auf ihre Hinterpfoten zu setzen.
    Pilars Schwanz peitschte über den Boden, und selbst aus dieser Entfernung erahnte Naomi den Zeitpunkt des Absprungs, noch bevor sie ihn sah. Mit einer eleganten Bewegung drehte sich Romina zur Seite, wich Pilars Angriff aus und versetzte ihr noch in der Drehung einen Prankenschlag auf deren rechten Hinterlauf, der Pilar zu Fall brachte. Zufrieden vernahm Naomi Pilars leises Fauchen, bevor sie aufstand und ins Mondlicht trat.
    Romina hob den Kopf und sah sie an. »Wir haben schon ohne dich angefangen.«
    In leichtem Trab lief sie auf Romina zu. »Dann bist du ja aufgewärmt.« Sie beschleunigte ihr Tempo und startete eine Attacke. Ihre Urgroßmutter kauerte sich zusammen. Bevor Naomi absprang, entschied sie sich, weiter nach links zu springen, in der Hoffnung, Romina würde in diese Richtung ausweichen. Noch im Sprung erkannte sie, dass sie richtig getippt hatte. In der Luft trafen beide aufeinander. Naomi riss Rominas Körper zur Seite und kam direkt über ihr zu stehen. Romina lag auf dem Rücken und ihre Kehle lag offen vor ihr. »Endlich habe ich es geschafft, dich aufs Kreuz zu legen.«
    »Keine Kunst bei einer alten Frau!«
    »Von wegen.« Mit einem sanften Tatzenhieb schlug sie ihrer Urgroßmutter auf den Hals, bevor sie von ihrem Körper glitt. »Ein klarer Sieg.«
    Romina rappelte sich auf die Beine und setzte sich. »Woher wusstest du, dass ich nach links ausweichen würde?«
    »Weibliche Intuition«, dachte Naomi, und ein zufriedenes Brummen entwich ihrer Kehle.
    »Ich würde es Glück nennen«, vernahm Naomi Pilars Gedanken hinter sich.
    »Willst du dein Glück versuchen?«, forderte Naomi sie heraus.
    Romina wich zurück und gab den Platz auf der beengten Fläche der Lichtung frei. Unter einer Kiefer legte sie sich nieder.
    Pilars Schwanz schwang angriffslustig über den Boden. Nachdem Naomi nur diesen einen Trainingssprung gesehen hatte, beschloss sie, Pilar nicht zu unterschätzen. Ihre Augen

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