Im Schatten des Mondlichts - das Erbe
lieber darüber nach, wie sie die Recherche mithilfe von Dorotheas Unterlagen aufnehmen sollte.
Romina drückte die Fernbedienung und das Tor rollte zurück. Roman wartete, in eine dicke Wolldecke gehüllt, vor der Haustür auf sie.
Naomi stieg aus und warf sich in seine Arme. »Wieder nicht geschlafen?«
»Wie sollte ich?« Roman löste sich aus ihrer Umarmung, küsste sie und griff nach ihrer Hand. »Kommt schon rein. Da ich nicht schlafen konnte, steht das Frühstück für euch bereit. Iker macht sich schon über die aufgebackenen Brötchen her.«
Nur in ein Handtuch gewickelt, verließ Naomi das Badezimmer. In der Hand hielt sie ein Fläschchen und einen Wattebausch. »Könntest du mich bitte verarzten?« Sie drehte Roman die linke Schulter zu.
»Gibt es auch eine Vollmondnacht, in der du dich nicht verletzt?« Er träufelte das Desinfektionsmittel auf das Wattepad und betupfte die Kratzer. »Das sieht aber anders aus, als sonst. Fast so ...«
»Es ist nichts. Pilar hatte versehentlich die Krallen ausgefahren, als ich sie im Training besiegte. Halb so wild.« Naomi verschwieg Roman, dass Pilar sie absichtlich verwundet hatte. Es gab keinen Grund, Roman zu beunruhigen. Immerhin hatte sie Pilar eindeutig gezeigt, mit welchen Konsequenzen sie zu rechnen hatte, sollte sie es nochmals versuchen.
»Dann muss sie besser aufpassen«, murrte er.
Naomi lächelte ihn an. »Ob ich nun an einem Strauch hängen bleibe, von einem Baum stürze oder beim Training mal eine gewischt bekomme, spielt doch keine Rolle. So etwas kann jedem von uns passieren.«
Roman legte den Wattebausch beiseite. »Ich komme eben vor Sorge um dich jedes Mal fast um. Kann ich heute Nacht nicht doch mitkommen?«
»Das geht nicht, und du weißt das.« Naomi schlüpfte in ihren Bademantel und kuschelte sich aufs Bett. »Du siehst müde aus. Und ich bin es auch.« Sie zog sich die Wolldecke bis zum Kinn hoch und klopfte auf die Matratze. »Komm schlafen. Solange Kai uns noch die Möglichkeit dazu lässt.«
Kais leises Weinen weckte sie. Ein Blick auf die Uhr auf dem Nachttisch verriet ihr, dass sie fast vier Stunden geschlafen hatte. Das musste genügen. Immerhin wollte sie unbedingt noch die Informationen aus Dorotheas Unterlagen mit den Quellen aus dem Internet abgleichen.
Roman lag auf dem Rücken und schnarchte leise. Hätte sie weiterschlafen wollen, so hätte sie ihm ins Ohr geflüstert, bis er sich auf die Seite drehte, doch sie wollte sowieso im Wohnzimmer arbeiten, und dort störte sie sein Schnarchen nicht. Sie ging in die Küche und bereitete Kais Fläschchen vor. Bis auf die Babymilch war dort immer noch nichts zu finden. Vielleicht könnte sie Roman dazu überreden, am Nachmittag einkaufen zu gehen.
Kai nuckelte zufrieden an dem Fläschchen und schlummerte ein, noch bevor er es leer getrunken hatte. Nachdem sie ihn zurück in seine Wiege gelegt hatte, beobachtete sie ihn noch, wie er friedlich einschlief und die Hände zu kleinen Fäustchen ballte, bevor sie ins Wohnzimmer ging und den Laptop hochfuhr.
In die Suchmaske gab sie den Namen Martín Cortés ein. Die Trefferquote war enorm. Drei Millionen Treffer. Das würde die Suche erschweren, und zwar beträchtlich.
Nach einer Stunde wusste sie eigentlich nur Allgemeines über ihn. Martín war entweder der eheliche oder der uneheliche Sohn von Hernán Cortés. Fantasievoll, wie Hernán offenbar war, nannte er beide Kinder nach seinem Vater. Welchen der beiden hatte Dorothea im Sinn, als sie an eine direkte Verbindung gedacht hatte? So sehr sie auch nach den Nachfahren von beiden Martíns forschte, sie fand nichts, was eine wirkliche Verbindung nachweisen könnte. Der uneheliche Sohn hatte erst 1568 geheiratet und offenbar einen Sohn und eine Tochter. Wenn er 1568 geheiratet hatte, dann waren seine Kinder zu jung, um in Verbindung mit Dorotheas Mutter Ana María zu stehen. Sechzehn Jahre später waren Dorotheas Eltern bei dem Feuer ums Leben gekommen. Über den ehelich gezeugten Nachfolger stand im Internet überhaupt nichts. Zumindest nicht auf Englisch oder Deutsch. Wenn Naomi beide ausschließen wollte, musste sie in den Stadtarchiven nachforschen, und ohne Spanischkenntnisse verstünde sie kein Wort.
Naomi ließ sich auf das Sofa fallen, schloss die Augen und dachte nach. Romina würde niemals mitkommen, sie hatte immer viel zu viel zu tun. Leandra würde auf jeden Fall mitfahren, doch sprach auch sie kein Spanisch. Vielleicht könnte sie Iker darum bitten? Die Antwort
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