Im Schatten des Mondlichts - das Erbe
Leandra ein. »Es ist wahr und es liegt nicht in unserer Macht, das zu ändern.«
»Weil es sich hier um meine Familie handelt!«, rief Brenda. »Darum!«
»Es handelt sich um unsere Familie«, fügte Leandra hinzu. »Denk darüber nach.«
»Selbst in der Bibel wird von anderen Göttern gesprochen.« Jason ging zu seiner Reisetasche und zog die Bibel heraus. An vielen Seiten waren gelbe Post-its angebracht. »Hier sieh es dir selbst an. Es fängt schon auf der ersten Seite an. Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei . Er sagt nicht: Ich werde Menschen machen, ein Bild, das mir gleich ist. Später heißt es Gott aller Götter. Du findest Hunderte von Beispielen darin. Deswegen steht darin auch, man solle keine anderen Götter neben ihm haben, keine anderen Götter anrufen.« Jason hielt Brenda die Bibel hin. »Es gibt andere Götter und irgendein Gott hat unserem gewaltig ins Handwerk gepfuscht!«
Brenda stand mit offenem Mund da und sah Jason entsetzt an. »Wie kannst du nur? Seit wann zweifelst du an Gottes Wort.«
»Seitdem ich mich, verdammt noch mal, in einen Panther verwandelt habe!« Jason sank kraftlos in einen Sessel und griff nach einem Sandwich, um es kurz darauf wieder auf den Teller fallen zu lassen. »Soll ich dir was sagen, Tante Brenda? Es ist mir zwischenzeitlich egal, wie viele Götter es gibt. Es soll einfach nur aufhören. Ich will wieder normal sein.«
Romina legte ihm die Hand auf die Schulter. »Es ist schwer. Am Anfang. Du wirst dich daran gewöhnen. Wir suchen immer noch nach dem Ursprung. Irgendwann kommen wir dahinter. Glaub mir. Ich habe euch doch von Naomi erzählt. Sie forscht unermüdlich nach dem ersten Clanmitglied. Es fehlt nicht mehr viel. Naomi hat in Dorotheas Unterlagen Hinweise gefunden. Sie führen nach Mexiko. Zumindest geschichtlich. Sie glaubt, eine Verbindung zwischen Dorotheas Eltern und Martín Cortés gefunden zu haben. Es gibt Dokumente, die Dorothea aus Mexiko mitbrachte. Der Hinweis auf Martín Cortés war auf einem Infoheft des Nationalmuseums von Mexico City notiert und auch eine Wortkombination, über die wir noch keine Informationen haben. Jag War .«
»Der im Fliegen jagt«, flüsterte Brenda. Sie hielt sich die Ohren zu, als hätte jemand laut geflucht.
»Was?«, fragte Leandra.
Brenda schüttelte den Kopf und blickte zu Boden. »Unmöglich.«
Alle im Raum starrten Brenda an. Leandra schluckte mehrfach, bevor sie ihre Sprache wiederfand. »Was weißt du darüber?«
»Hoffentlich gibt es hier eine Minibar.« Brenda sah sich suchend um.
Jason erhob sich. »Du trinkst doch nie.«
»Heute schon. Sieh nach, was da ist. Noch besser, bring mit, was du finden kannst.«
Jason brachte drei kleine Wodkaflaschen, drei Whiskyflaschen und stellte sie neben die Coladosen.
Brenda schraubte eine Wodkaflasche auf, setzte sie an die Lippen und leerte sie in einem Zug.
Romina wippte mit dem Fuß. »Jetzt sprich endlich.«
»Es ist ...« Aus Brendas Gesicht war jegliche Farbe gewichen. »Ich kann nicht.«
Jason trat zu seiner Tante, ging in die Knie und drückte ihre Hand. »Was hast du?«
Brenda griff nach einer weiteren Wodkaflasche und drehte sie in Händen. Ihre Augen waren starr auf einen unsichtbaren Punkt gerichtet. Fast so, als blickte sie in die Vergangenheit. »Vor vielen Jahren, nachdem ich in der Missionsstation Náhuatl, die Sprache der Einheimischen, erlernt, und mich mit deren Glauben auseinandergesetzt habe, begann ich irgendwann zu zweifeln. Ich zweifelte an Gott, versteht ihr? Es gab viele unerklärliche Dinge, die die Einheimischen mit Gleichnissen zu ihren Göttern erklärten und worüber ich keine Erklärungen in der Bibel finden konnte. Ich stärkte meinen Glauben, indem ich lange Pilgerungen durch den Dschungel machte, wo ich betete und von Stamm zu Stamm zog, bis ich eines Tages beinahe das Opfer eines Jaguars geworden wäre. Das Tier stand auf einem Ast über mir und fauchte. Ein Geräusch, was mir heute noch das Blut stocken lässt. Bis heute begreife ich nicht, wie der Häuptlingssohn in der Lage gewesen war, das Raubtier ohne Hilfsmittel zu verjagen. Er hat ihn nur angesehen. Eigentlich schien es fast, als würde er dem Tier seinen Willen aufdrängen. Letztlich erklärte mir der Häuptlingssohn, er habe dem Gefährten der Götter offenbart, dass ich eine Seelenbegleiterin sei.« Brenda öffnete die zweite Flasche und trank einen Schluck. »Ich dankte Gott für die glückliche Fügung und zog daraus die
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