Im Schatten des Mondlichts - das Erbe
holte die Babymilch. »Hast du die Flüge gebucht?«
Naomi nickte und griff nach dem Fläschchen. »Das Hotel auch. Morgen früh geht´s los. Ich bin übermorgen Abend wieder zu Hause und ich verspreche, mich regelmäßig zu melden.«
»Das will ich hoffen. Sonst schnappe ich mir diesen Herrn hier und komme dich holen.«
Obwohl Romans Stimme unbefangen klang, sah Naomi an seinem ernsten Gesichtsausdruck, dass er sich wegen der Reise sorgte. »Karsten schickt mich nach zwei Tagen sowieso zu dir zurück.«
»Das will ich ihm auch geraten haben.« Er streckte die Hände nach Kai aus. »Ich übernehme das. Geh schon, los.«
»Danke. Ich füttere dafür heute Abend.« Mit einer raschen Umarmung verabschiedete sie sich von Roman und polterte die Stufen nach unten.
Am Treppenabsatz stand Iker. »Freust du dich schon auf heute Abend?«
»Warum? Was steht an?«, fragte Naomi.
»Oh. Dann habe ich nichts gesagt«, erwiderte Iker und ging in die Küche.
Naomi folgte ihm. »Erst anfüttern und dann nichts sagen. Das ist unfair. Sag schon, los!«
Iker schüttelte den Kopf. »Das werde ich nicht tun. Alles zu seiner Zeit.«
»Ach, komm schon. Spuck´s aus.«
Iker schwieg, woraufhin Naomi ihm die Zunge herausstreckte.
»Jetzt erst recht nicht«, sagte Iker und lachte.
Naomi stemmte die Arme in die Hüften und fixierte Iker.
»Du vergisst wohl, dass ich derjenige bin, der in deinen Gedanken lesen kann, nicht andersherum. Und jetzt ab mit dir.«
Für einen Moment verharrte Naomi, bis sie sich abwandte, um ihre Joggingrunde zu beginnen. Iker würde ihr sowieso nichts verraten, sondern sich nur weiter auf ihre Kosten amüsieren.
Nachdem sie das Grundstück verlassen hatte, bog sie rechts ab und lief an den Villen vorüber, ohne sie wirklich zu beachten. Ihre Gedanken kreisten um Ikers Worte. Worauf sollte sie sich freuen? Heute Abend musste sie ihre Reisetasche packen, sie sollte Spanisch lernen und außer einem gemütlichen Abend stand nichts auf dem Plan. Als ihr bewusst wurde, dass sie sich weder auf den Weg konzentrierte, den sie entlanglief, noch auf ihre Umgebung, schob sie ihre Grübeleien beiseite und behielt die Straße und die Passanten im Auge. Sammy durfte sie keinesfalls irgendwo überraschen. Es erschien ihr zwar unwahrscheinlich, dass er in diesem Teil der Stadt nach ihr suchte, trotzdem konnte sie es sich nicht erlauben unvorsichtig werden.
Als sie das dritte Mal an ihrem Haus vorbeigelaufen war, entschied sie sich nur noch eine weitere Runde zu joggen. Es machte ihr keinen Spaß zu laufen und hinter jedem Baum, in jedem Auto nach Sammys Gesicht Ausschau zu halten. Sie vermisste das sorglose Gefühl, sich treiben zu lassen, ihre Gedanken zu ordnen und dadurch entspannt und zufrieden nach einigen Kilometern gut gelaunt nach Hause zu kommen. Sport war für sie immer schon ein Ventil zur Entspannung gewesen. Doch dieses Gefühl wollte sich einfach nicht mehr einstellen. Im Grunde wusste sie, es würde ihr erst wieder Spaß machen, wenn Sammy nicht mehr lebte und sie wieder angstfrei durch die Stadt joggen könnte. Bisher hatte sie es sogar vermieden, mit Roman auszugehen. Ein romantisches Essen in einem hübschen Restaurant, vielleicht ein Picknick im Stadtpark, wo sich die meisten Bewohner Barcelonas trafen, all das gönnte sie sich nicht. Das Einzige, was sie sich vorstellen könnte, wäre ins Kino zu gehen. Durch die Dunkelheit geschützt, wäre es eine Möglichkeit unter Menschen zu sein, doch die Filme liefen in spanischer Sprache und fielen daher auch aus.
Niedergeschlagen kehrte sie zurück, bis ihr Ikers Andeutung wieder einfiel. Schwungvoll öffnete sie die Haustür, rannte die Stufen nach oben und stürmte in ihre Wohnung. »Auf was soll ich mich freuen?«
Roman lag auf dem Sofa im Wohnzimmer. Kai schlief seitlich an ihn angekuschelt in seiner Armbeuge. »Iker hat also geplaudert. Dabei sollte es eine Überraschung werden.«
»Was ist es?« Mit drei Schritten stand sie am Sofa. Naomi kniete sich vor Roman nieder. Nachdem er schwieg und sie nur anlächelte, griff sie seine Hand und drückte sie. »Komm schon, sei nicht gemein.«
»Wir gehen heute Abend aus. Ikers Erkältung ist endlich weg und wir haben einen Babysitter.« Roman blickte sie aus blitzenden Augen an. »Es werden jede Menge Leute da sein und wir tauchen in der Masse unter. Karsten hat mich darauf gebracht.«
»Auf was? Muss ich dir denn alles aus der Nase ziehen?«
»Montjuic. Die Wasserspiele sollen unglaublich sein. Wir
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