Im Schatten des Mondlichts - das Erbe
fahren dort hin, verdrücken uns in eine Ecke, wo wir nicht gesehen werden können, und sehen uns das Spektakel an.«
Von den Wasserspielen hatte Alice ihr bereits vorgeschwärmt. Im Rhythmus der Musik schossen Fontänen in die Luft, die von Lasern bunt angestrahlt wurden. Naomi überlegte, ob Sammy sie dort suchen würde. Möglich wäre es, wenn auch ziemlich unwahrscheinlich.
»Und? Was sagst du dazu?«, fragte Roman.
»Dass ich mir die schon ansehen wollte, seitdem Alice davon erzählt hat.«
»Aber?«
»Kein aber. Können wir Baseball-Mützen aufsetzen? Nur für alle Fälle.« Naomi wäre wohler, obwohl sie diese Mützen hasste. Trotzdem verbargen sie ihr Haar, und die Schildmütze würde einen Teil ihres Gesichts in Schatten hüllen.
»Klar, wenn du eine hast.« Roman griff nach dem Vokabelheft. »So, jetzt lerne ich weiter, damit ich morgen gerüstet bin. Der Unterricht findet auch ohne dich statt. Die verpassten Stunden musst du anschließend selbst nachpauken.«
Sie seufzte. »Dann hüpfe ich mal besser unter die Dusche und lerne, sonst verliere ich komplett den Anschluss. Obwohl, die Verbenkonjugation kann ich auch mit Karsten im Flugzeug üben.«
Roman zog sie zu sich hinunter, küsste sie und grinste. »Sicher. Ihr habt ja währenddessen nichts anders zu tun. Das glaubst du doch nicht ernsthaft, oder? Mir kannst du das Märchen jedenfalls nicht erzählen.«
Das Taxi setzte Naomi und Roman vor der Plaza España am Fuße des Castells Montjuic ab. Die Zugangsstraße zum Schloss wurde linker Hand von kleinen Springbrunnen gesäumt, aus denen das Wasser sprudelte. Der Blick auf die ehemalige Befestigungsanlage verschlug Naomi den Atem. Das Schloss thronte im dämmerigen Abendlicht auf dem Gipfel und nahm den gesamten Hügel ein. In der Gebäudemitte prangte eine Kuppel, die rechts und links von spitz aufragenden Türmen flankiert wurde. Hinter der Kuppel leuchteten blaue Laserstrahlen in den Abendhimmel, die einen mystischen Kontrast zu der zartgelben Beleuchtung des Schlosses bildeten. Am Fuße des alten Castells befand sich der mächtige Brunnen, der mit seinen hochschießenden Wasserfontänen von Weitem sichtbar war. »Wow. Jetzt weiß ich, warum Alice ganz verrückt nach diesem Platz ist.«
Roman drückte ihre Hand. »Das Schloss ist herrlich. Irgendwann sehen wir es uns an, versprochen?«
Naomi nickte. Gemeinsam schlenderten sie die Straße entlang, den Blick fest auf die ehrwürdigen Mauern geheftet.
Roman bahnte sich einen Weg durch die Menschenmenge, bis er zwischen zwei Bäumen Platz für sie beide gefunden hatte. »Hier sieht man zwar nicht so toll, aber wir sind abseits. Habe ich dir schon gesagt, wie sexy du mit dieser Mütze aussiehst?«
Naomi boxte ihn sanft in die Seite. »Ich hasse dieses Ding.«
»Es steht dir aber ganz ausgezeichnet«, flüsterte er ihr ins Ohr und küsste ihren Hals.
Ein wohliges Kribbeln breitete sich von dieser Stelle in ihrem ganzen Körper aus. Es war richtig gewesen, hierher zu kommen. Zusammen wieder etwas zu unternehmen. Das hatte sie mehr vermisst, als sie sich hatte eingestehen wollen. »Danke, dass du mich hierher gebracht hast.«
Die Musik erklang in diesem Moment. Leise Takte eines Musicalstücks brachten die Wasserfontänen erst leicht in Bewegung. Je härter und schneller der Takt wurde, desto höher spritzten die unterschiedlichen Wasserdüsen das Wasser in den Nachthimmel. Der äußere Kranz leuchtete in Orange, der mittlere in Blau und aus der Mitte schoss eine rote Fontäne fünfzig Meter in die Höhe, nur um kurz darauf, als der Takt des Liedes kurz aussetzte, wieder in sich zusammenzufallen.
Naomi lehnte mit dem Rücken an Romans Brust. Er umarmte sie von hinten und sie kuschelte sich an ihn.
Beim darauf folgenden Lied veränderte sich die Farbe der einzelnen Wasserkreisläufe und eine Gänsehaut überzog Naomis Körper, als sie die ersten Töne von Bonnie Tylers Lied Turn Around vernahm . Die Stimme dieser Sängerin hatte sie schon immer berührt, wenn sie auch nie genau auf den Text geachtet hatte. Die Wasserfontänen spritzten im Rhythmus, und zum ersten Mal hörte sich Naomi den genauen Liedtext an.
Once upon a time I was falling in love
but now I`m only falling apart
there`s nothing I can do
a total eclipse of the heart
once upon a time there was light in my life
but now there is only love in the dark
nothing I can say
a total eclipse of the heart
Als sie diese zweite Strophe bewusst wahrnahm, krampfte sich ihr
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