Im Schatten des Mondlichts - das Erbe
tun.«
Roman stand auf, öffnete das Fenster und starrte in den Garten hinaus.
»Bitte. Bleib hier. Kai braucht dich.« Sie ging zu ihm und drehte ihn zu sich herum. »Ich passe auf mich auf. Und ich melde mich regelmäßig bei dir. Versprochen.«
»Ich habe Angst um dich.« Roman sah ihr tief in die Augen. »Wenn es dort feindliche Clanmitglieder gibt? Was willst du dann tun?«
»Kämpfen mit der Gewissheit, dass wenigstens du und Kai in Sicherheit seid.« Naomi nagte auf ihrer Unterlippe herum. »Tu´s für mich.«
Roman umarmte sie und drückte sie so fest an sich, dass Naomi die Luft wegblieb. In dieser Umarmung entlud sich seine Sorge, seine Angst und seine Verzweiflung. Doch sie war sich sicher, er würde sie nicht weiter bedrängen.
»Danke. Ich werde spätestens am Samstag wieder bei euch sein.« Naomi löste sich aus seinen Armen. »Jetzt muss ich umpacken. Könntest du nach einem Flug von Sevilla nach Mexico City schauen?«
*
Um 11:00h fuhr Iker mit Naomi auf dem Beifahrersitz zur Uni, wo sie Karsten abholen wollten.
»Wir kommen klar. Keine Sorge.« Iker bedachte sie mit einem Seitenblick. »Pass nur du gut auf dich auf.«
»Es sind nur fünf Tage und fast die Hälfte davon sitze ich im Flugzeug. Was soll also schon groß passieren? Vermutlich erwarte ich zu viel von diesen beiden Reisen. Ob wir im Archiv etwas finden?« Naomi zuckte die Schultern. »Vermutlich nicht. Hoffentlich ist es wenigstens genug für Karstens Semesterarbeit. Die Sache mit Mexiko beschäftigt mich bei Weitem mehr. Ein Aztekenhäuptling. Ich wusste gar nicht, dass es so etwas überhaupt noch gibt.«
»Ich glaube nicht, dass er sich noch mit Lendenschurz und Kopfputz aus Federn durch den Urwald tragen lässt. Er wird eher so etwas wie deren Bürgermeister darstellen.« Iker schmunzelte. »Trotzdem würde ich es gerne selbst erleben. Meine Mutter hatte schon immer ein Gespür dafür, was richtig ist und was falsch. Und wenn sie sagt, ich soll nicht mitkommen, dann wird sie ihre Gründe haben. Ich bleibe sowieso lieber im Haus.«
»Romina und ein feines Gespür? Das wäre ja was ganz Neues.«
»Außerdem wäre es leichtsinnig Roman und Kai alleine zurückzulassen. Roman kennt sich kaum in Barcelona aus, und sollte Kai zum Arzt müssen, dann kann er sich nicht verständigen.«
»Danke Iker.«
»Sollte der Häuptling euch in seinen Harem aufnehmen, eilen wir zur Rettung!« Iker lachte. »Pilar tauchte übrigens gestern Abend noch auf. Sie hat ihr Studium tatsächlich wieder aufgenommen, wenn sie auch weiter mit ihrem Vater streitet. Das Vollmondwochenende wird sie bei uns verbringen.«
»Konntest du in ihren Gedanken lesen?«
Iker schüttelte verneinend den Kopf. »Irgendwie komme ich nicht mehr in ihre Gedanken. Ich schnappe zwar unterschiedliche Wortfetzen auf, aber nichts Komplettes. Vielleicht verliere ich meine Fähigkeiten, oder es klappt einfach nicht bei allen von uns gleich gut. Mit Pilar hatte ich bereits zu Beginn meine Schwierigkeiten. Ihre Gedanken sprangen schon immer wild von einem Thema zum anderen.«
»Ich traue ihr trotzdem nicht.« Naomi löste den Sicherheitsgurt, als Iker vor der Universität hielt. »Das werde ich nie.«
Sie öffnete die Tür, bevor Iker sie heftig zurückzog. »Du willst doch nicht aussteigen? Alice könnte dich sehen.«
Naomi hatte Alice in der ganzen Aufregung komplett vergessen. Sie legte den Gurt an und schloss die Beifahrertür.
Karsten riss die hintere Wagentür auf, warf einen Matchsack auf den Rücksitz und stieg ein. »Hi, und gib Gas. Ich habe Alice gesagt, dass ich ein Taxi nehme. Wenn sie mich sieht, ist der Teufel los. Also, fahr los. Außerdem seid ihr viel zu spät dran.«
»Ich hatte dir eine SMS geschickt, also beschwere dich nicht. Wir kommen schon rechtzeitig an.«
Die Fahrt zum Flughafen verbrachten sie schweigend.
Iker stieg aus, küsste Naomi rechts und links auf die Wange und lächelte sie an. »Schau nicht so unglücklich. Die Tage werden wie im Flug vergehen.«
»Sehr witzig«, erwiderte Naomi. Immerhin würde sie viele Stunden tatsächlich in einem Flugzeug verbringen müssen. »Passt auf euch auf!«
Iker klopfte Karsten auf die Schulter. »Das sollte ich zu euch sagen. Wir machen uns nämlich eine gemütliche Zeit unter Männern!«
Das konnte sich Naomi vorstellen. Iker würde kochen, während Roman mit Kai spielte oder ihm sein Fläschchen gäbe. Dann würden sie zusammen eine Flasche Wein köpfen, gemütlich fernsehen, sich unterhalten
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