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Im Schatten des Mondlichts - das Erbe

Im Schatten des Mondlichts - das Erbe

Titel: Im Schatten des Mondlichts - das Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Bidell
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bald zur Wehr setzen würde.
    Später war auf dem Marktplatz alles mit Blumen geschmückt, Lebensmittel lagen ausgebreitet auf den Steinstufen der einzelnen Tempelanlagen und Musik erklang. Die Musikinstrumente waren Naomi fremd. Sämtliche Flöten gaben merkwürdige Laute von sich und hatten die Form von Tierkörpern: Entenflöten, Flöten in Form eines Adlerkopfes oder in der eines Frosches. Ebenfalls gab es Rasseln aus getrockneten Kürbissen. Die aus diesen Instrumenten ertönende Musik hatte etwas Schauriges. Kein Ton schien zum anderen zu passen; zumindest nicht für Naomis Ohren. Doch den Azteken gefiel es, sie verharrten, lauschten, musizierten selbst, bis in der Menge ein Tumult ausbrach. Cortés` Männer fielen über die Menschen her. Die Soldaten metzelten Männer, Frauen und Kinder nieder; wer ihnen auf dem Platz begegnete, kam nicht mit dem Leben davon.
    Die Brutalität und das viele Blut ließen Naomi würgen.
    Diesmal zögerten die Jaguarkrieger nicht einzugreifen, und sie trieben die Spanier in ihre Wohnbereiche zurück. Doch ohne Moctezumas ausdrücklichen Befehl schienen es die Krieger nicht zu wagen, die Spanier einfach zu töten. Trotzdem blieb der Palastbereich, in dem sich die Soldaten aufhielten, auch ohne weiteren Befehl unter der strengen Überwachung der Jaguarkrieger.
    Als Hernán Cortés zwei Tage später nach Tenochtitlán zurückkehrte, verlangte er, dass die spanischen Truppen mit Lebensmitteln versorgt werden sollten, was ihm das aztekische Volk verweigerte. Im Palast erfuhr er, dass sein kommandoführender Offizier wegen des Stimmungswechsels unter den Adligen den Befehl gegeben hatte, die Aufständischen beim Frühlingsfest töten zu lassen, obwohl dies nicht mit Hernán Cortés abgesprochen gewesen war.
    Daraufhin holte Cortés Moctezuma aus seinem Quartier und zwang ihn auf den Marktplatz, um zu seinen Untertanen zu sprechen und ihnen zu befehlen, seine Leute zu versorgen. Moctezuma gehorchte und forderte sein Volk auf, den Widerstand aufzugeben.
    Moctezumas Sohn stand zwischen den Jaguarkriegern. Sein Gesicht war zornesrot. Er griff nach einem faustgroßen Stein, warf ihn nach seinem Vater und beschimpfte ihn als Feigling; weitere Steinwürfe folgten.
    Moctezumas Leibdiener trugen den Verletzten zurück in seine Räume, wo er den Kriegsgott Tepeyollotl anflehte, in seinem Namen Rache zu üben. Moctezuma wusste um das Liebesverhältnis von Malintzin mit Hernán Cortés und bat den Kriegsgott die Nachfahren, die aus der verräterischen Verbindung von Malintzin und Hernán Cortés hervorgingen, zu verfluchen. Eine aus seinem Volk hatte ihn verraten, und sie musste bestraft werden. Tepeyollotl gewährte dem sterbenden Moctezuma den Wunsch, senkte seinen Stab herab, richtete über die Nachfahren der beiden Eindringlinge und offenbarte Moctezuma in einer Vision, was aus deren Nachfahren werden sollte.
    Naomi sah, wie sich während dieser Vision ein junger Mann in einen Panther verwandelte. Sie sollten zu Seelenbegleitern werden. Ihre Aufgabe sei es, die verstorbenen Jaguarkrieger, die im Kampf gegen die Spanier gefallen waren, zu ihm zur Sonne zu begleiten. Tepeyollotl erklärte weiter: »Dem Kriegsgott, der in Jaguargestalt die fünfte Sonne auf die Erde brachte, dem sollt ihr dienen und damit ihr euch eures Erbes bewusst bleibt, werdet ihr, wenn der Mond voll ist, in der Gestalt der Seelenbegleiter an eure Aufgabe erinnert. Bis ans Ende der Zeit.«
    Nachdem Moctezuma diese Worte vernommen hatte, starb er.
    Naomis Blick war starr auf den toten Herrscher gerichtet. Ihr Verstand schien wie in Watte gepackt, und sie war nicht in der Lage zu denken. Die Bilder des toten Herrschers verschwammen vor ihren Augen und machten anderen Platz.
    Naomi sah Malintzin mit hochschwangerem Bauch in den Wehen. Als ihr Sohn geboren wurde, trat Hernán Cortés neben sie, nahm ihr das Kind aus den Armen und erklärte: »Er wird Martín heißen, nach meinem Vater. Ich werde ihn mit mir nehmen und gut für ihn sorgen. Du weißt, ich bin verheiratet und ich kann dich nicht mit mir nach Spanien nehmen. Einige meiner Offiziere werden hier bleiben, und du kannst dir einen auswählen, der dich heiraten und versorgen soll.«
    Naomi sah, wie Hernán Cortés den Raum verließ und Malintzin mit Tränen in den Augen zurückließ.
    Das Bild löste sich in Nebel auf und das nächste, was Naomi erkennen konnte, war Noplatzins erschöpftes Gesicht, der ihr gegenübersaß und sie aus trüben Augen anblickte.
    In den

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