Im Schatten des Mondlichts - das Erbe
und die Muskeln seines gesamten Körpers waren stark ausgeprägt. Obwohl Naomi noch nie ein Bild von Moctezuma gesehen hatte, glaubte sie, dass es sich nur um den früheren Herrscher von Tenochtitlán handeln konnte.
Ebenso erkannte sie Hernán Cortés an seiner silbern schimmernden Rüstung und dem mit roten Federn geschmückten Helm, als er auf seinem Schimmel über einen der Dämme in die Stadt einritt. Er sah jünger und besser aus, als auf den Bildern, die sie von ihm gesehen hatte.
Neben ihm ritt eine dunkelhaarige Frau, deren Gesicht Naomi wegen eines umgelegten Umhangs nicht sehen konnte.
Je näher Hernán Cortés und sein Trupp an den Tempel heranritten, desto besorgter wirkte Moctezumas Gesicht.
Als Moctezuma die Reiter auf den Marktplatz einreiten sah, sagte er zu seinem Sohn: »Quetzalcóatl erweist uns die Ehre, genau wie es die Götter vorhergesagt haben. Sieh nur seinen prächtigen Kopfschmuck an und auf welch gottgleichem Tier er zu uns kommt.« Moctezumas Augen glänzten. »Und wie in meiner Vision, wird er begleitet von einer Frau aus unserem Volk. Es war richtig ihn mit Edelsteinen, Gold und feinen Stoffen zu beschenken, als wir durch unsere Späher erfahren haben, dass er zu uns auf die Erde gekommen ist. Auch wenn ich gehofft habe, er würde nicht zu uns kommen, sondern unserem Volk nur die vorausgesagten reichen Ernten bringen. Denn ich bin unwürdig, einen Gott in meinem Haus zu beherbergen.«
Moctezumas Sohn nickte und betrachtete die Ankunft der Fremden aus der Ferne, während der Herrscher zur Begrüßung des Gottes die Tempelstufen hinabging.
Überrascht stellte Naomi fest, dass sie die fremdartigen Worte verstehen konnte.
Als Naomi die junge Aztekin, die nun das Tuch abnahm, erblickte, erschrak sie. Ihre Ähnlichkeit mit der Aztekin war unverkennbar. Sie hatte die gleichen grünen Augen, ähnliche Gesichtszüge und dasselbe schwarze Haar.
Es konnte sich nur um eine Vorfahrin handeln. Der Gedanke ließ Naomi zittern.
Die junge Aztekin namens Malintzin übersetzte Moctezumas Begrüßungsworte, und als sie wegen seiner ehrfürchtigen Begrüßung erkannte, dass der Herrscher den Spanier Hernán Cortés für den Gott Quetzalcóatl hielt, ließ sie ihn in dem Glauben. Zusätzlich überzeugte sie den Aztekenhäuptling, sie übermittle den Willen der Götter und setzte so die Forderungen der Spanier nach Proviant und Unterkunft durch.
Naomi wusste nicht viel über die Geschichte Mexikos, doch verstand sie sehr wohl, dass Malintzin ein falsches Spiel mit dem Häuptling spielte.
Moctezuma neigte daraufhin seinen Kopf, berührte mit den Fingern den Erdboden vor seinen Füßen, führte die Hand zum Mund und unterwarf sich mit dieser Geste dem Willen der Götter. Gottesfürchtig überließ er Hernán Cortés den Thron, den Palast und die Macht.
Die folgenden Bilder verschwammen, doch sah Naomi wie Cortés in den darauf folgenden Tagen über den Marktplatz schritt und die Tempelanlage von Tenochtitlán besichtigte.
Moctezuma erlaubte den Eindringlingen, in seinem Palast eine Kapelle zu erbauen. Heimlich wählten die Spanier eine andere Stelle, als die, die Moctezuma ihnen zugewiesen hatte. Bei den Arbeiten durchstießen die Spanier eine Mauer und standen völlig unvermittelt in der Schatzkammer Moctezumas.
Kaum hatten sie die Reichtümer entdeckt, ließ Hernán Cortés aus Habgier Moctezuma in seinem eigenen Palast gefangen nehmen. Um seine Festnahme zu rechtfertigen, behauptete er den Azteken gegenüber, Moctezuma habe den Befehl zu einem Angriff auf einen spanischen Trupp befohlen.
Naomi sah die riesige Armee der Jaguarkrieger, die sich auf dem Marktplatz versammelte und für einen Kampf bereithielt, und verstand nicht, wie Moctezuma so dumm sein konnte, sich widerstandslos von den spanischen Soldaten in seiner eigenen Stadt gefangen nehmen zu lassen. Naomi hätte am liebsten geschrien, er solle sich das nicht gefallen lassen; doch sie sah Ereignisse, die längst vergangen waren.
Erleichtert bemerkte sie, dass die Jaguarkrieger sich besprachen und ihren Herrscher anflehten, etwas gegen die Eindringlinge zu unternehmen, doch Moctezuma weigerte sich einzugestehen, es nicht mit Göttern, sondern mit listigen Soldaten zu tun zu haben, die ihn an der Nase herumgeführt hatten.
Moctezumas Untätigkeit heizte die Stimmung unter den aztekischen Adligen an, auf den Straßen brodelte es und die Zweifel an ihrem Herrscher wurden immer größer.
Naomi bangte mit dem Volk, das sich hoffentlich
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