Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)
Orono erzählt wird?«
Naomi studierte weiter die Speisen. Sie schüttelte den Kopf.
»Einem Freund von meinem Freund ist etwas Unheimliches passiert. Jeder spricht davon. Ich dachte mir schon, dass du nichts mitbekommen hast.« Alice schnappte nach Naomis Karte. »Nimm die Burritos. Die sind Weltklasse hier!«
Naomi rollte die Augen. »Darf ich denn heute gar nichts entscheiden?«
»Nein. Und jetzt hör mir zu.« Alice legte sich die Serviette auf den Schoß. »Also, der Typ, ich glaube er heißt Walter, will über die Stillwater-Brücke in die Stadt. Da sein Auto nicht anspringt und er eine Verabredung hat – eine wichtige wohlgemerkt – läuft er zu Fuß los. Walter regt sich immer noch wegen seiner Karre auf und bleibt auf der Brücke stehen, um sich eine Fluppe anzuzünden. Er sieht auf den Fluss hinaus, erkennt aber wegen des Nebels nicht viel. Also will er sich weiter auf den Weg in die Stadt machen. Walter dreht sich um ...« Alice machte mit aufgerissenen Augen eine dramatische Pause. »Und, was sieht er? Am anderen Ende der Brücke steht jemand und starrt ihn die ganze Zeit an. Der Kerl starrt nur, bis Walter es so unheimlich wird, dass er sich beinahe in die Hosen macht. Als die Gestalt noch einen Schritt auf ihn zumacht, erkennt Walter, dass der Typ einen Gegenstand in der Hand hält. Und, was macht Walter?«
Der Kellner unterbrach die Erzählung, um die Bestellung aufzunehmen.
Naomi zuckte ratlos mit den Schultern. »Und, was macht er?«
»Er dreht sich auf dem Absatz herum und rennt, als sei der Teufel persönlich hinter ihm her.« Alice rutschte aufgeregt auf ihrem Stuhl hin und her. »Walter ist nicht der Einzige, der den Kerl auf der Brücke gesehen hat. Was sagst du dazu? Wir haben einen Irren in der Stadt, der an der Brücke harmlosen Studenten auflauert.«
Naomi gluckste leise. »Oder einen absoluten Loser namens Walter, der wegen nichts und wieder nichts die Hosen voll hat und die Beine in die Hand nimmt.«
»Aber, das ist doch unheimlich, oder nicht?« Alice rückte das Besteck zur Seite.
»Ach was, an der Brücke stehen doch immer irgendwelche Leute rum. Erst kürzlich habe ich dort auch jemanden gesehen.« Es stimmte. Eine unheimliche Wirkung war von dieser Person ausgegangen. Angst musste man vor einem herumstehenden Fremden eigentlich nicht haben. Trotzdem kannte sie dieses bedrohliche Gefühl.
Das servierte Essen nahm Naomi weitere Erklärungen ab. Unheimlich vielleicht, dachte sie, aber mehr wegen des Nebels, als wegen der herumstehenden Person. Dieser Walter, wenn es ihn überhaupt geben sollte und er nicht nur ins Reich der Legenden gehörte, war jedenfalls ein Feigling.
»Und, magst du den Burrito?« Alice schob sich genüsslich eine volle Gabel in den Mund.
Naomi nickte zustimmend.
»Sammy hat mich für morgen Abend zum Essen eingeladen. Was sagst du nun?« Alice strahlte über das ganze Gesicht.
»So. Hat er das?« Sie warf ihrer Freundin einen amüsierten Blick zu. »Er mag dich also doch.«
Alice legte den Kopf schräg. »Oder er will wissen, wie es dir geht, nachdem du ihn die ganze Woche abgeblockt hast. Wir haben deinetwegen öfter telefoniert. Ich habe ihm erzählt, dass ich dich heute notfalls an den Haaren zum Essen hierher schleife.«
Sammy hatte tatsächlich einige Male versucht, sie zu treffen, aber jedes Mal hatte sie kurzfristig abgesagt. »Und als das Wort Essen fiel, hat er dich eingeladen, weil niemand anders parat stand? Das glaubst du doch selbst nicht!« Sie legte das Besteck zur Seite. Die letzten Tage hatte sie einfach keinen Appetit. »Das Essen hier ist wirklich gut. Wir sollten das wiederholen, wenn ich richtigen Hunger habe.«
Naomi folgte Alices Blick, die starr in eine schwach beleuchtete Ecke des Restaurants sah. An einem kleinen Tisch saß Roman. In Begleitung. Naomis Magen verkrampfte sich. Sie spürte förmlich, wie sie eine eisige Kälte überzog. Unwillkürlich durchlief sie ein Schauer. Roman saß dort mit einer anderen Frau. Am liebsten wäre sie hinausgelaufen, doch das wäre zu auffällig gewesen. Sie riss sich zusammen. Damals hatte sie kein Date mit ihm gehabt. Sie hatten sich nur rein zufällig getroffen. Kein Grund, jetzt auszuflippen. Naomi wandte den Blick ab. Alice legte ihre Hand tröstend auf die ihre.
»Naomi. Bist du in Ordnung?« Alice machte ein Zeichen in Richtung des Kellners und bestellte die Rechnung.
»Er hat also eine Freundin. Ich hätte es wissen müssen. Er ging mir aus dem Weg. Gemeldet hat er sich auch
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