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Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)

Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. J. Bidell
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Blick kam Leandra beinahe mitleidig vor. »Was hat dir deine Mutter erzählt?«
    Leandra atmete tief durch. »Also gut. Auch wenn du mir nicht glaubst ...« Leandra beugte sich zu ihrer Enkelin vor, die immer noch vor ihr kniete. Sie zog Naomi hoch und bedeutete ihr, sich zu setzen. »Meine Ma machte ein großes Geheimnis daraus. Ich liebte Geheimnisse, wie vermutlich jedes Kind. Sie sagte, Papa dürfe nie etwas davon erfahren, sonst müsse sie ihn verlassen. Sie erklärte mir, dass sie eigentlich jetzt schon gehen müsse, da ich hinter ihr Geheimnis gekommen sei. Doch brächte sie es nicht über sich. Ich begann zu weinen und jammerte, sie dürfe nicht gehen. Ich versprach ihr, niemals und niemandem etwas zu sagen. Nun habe ich deinetwegen mein Versprechen gebrochen.« Leandra stand auf. Sie musste sich bewegen, um dieses Kribbeln in ihrem eingeschlafenen Bein loszuwerden. Außerdem wollte sie dem ungläubigen Blick ihrer Enkelin entfliehen. »Ma meinte, es sei gefährlich, es zu wissen. Darum gäbe es eine Regel innerhalb ihrer Gruppe, nach der sie uns Menschen küssen und verlassen müssten, sobald jemand von uns um ihre Existenz wüsste. Wir würden sie durch den Kuss vergessen.« Leandra war komplett in die Vergangenheit eingetaucht. »Als ob ich meine Mutter einfach vergessen könnte.« Leandra suchte nicht mehr im Gesicht ihrer Enkelin nach einer Reaktion. Im Grunde war sie froh, dieses Geheimnis endlich loszuwerden. »Sie meinte, sie könnte unsere Erinnerung an sie auslöschen. Einfach so. Nur durch einen Kuss.«
    »Hat sie dich sonst nie geküsst?«, fragte Naomi nach.
    Leandra sah sie irritiert an. Die Frage nach dem Kuss hatte sie ihrer Mutter ebenfalls gestellt. »Doch, natürlich. Es ist ein besonderer Kuss. Er hat wohl etwas mit der Willensstärke der Katzenmenschen zu tun. So, wie sie mich damals im Wald nach Hause geschickt hatte. Ich kann es auch nicht erklären. Ich selbst habe diesen Kuss des Vergessens ja nie bekommen. Ma meinte, sie wisse, bei mir sei das Geheimnis sicher. Ich sei ein braves Mädchen. Und das war ich. Papa kam nie dahinter. Nicht mal, als sie verschwand, sagte ich etwas. Ma hätte mich nie einfach bei Papa zurückgelassen, selbst dann nicht, wenn er hinter ihr Geheimnis gekommen wäre. Sie hatte mir versprochen, immer bei mir zu sein. Papa hat nicht wirklich nach ihr gesucht. Wenn ich von Ma sprach, verzog er nur merkwürdig das Gesicht. Irgendetwas musste passiert sein. Bis heute habe ich niemandem davon erzählt. Aber jetzt spüre ich die Gefahr. Es ist, wie mein kaputtes Knie spürt, wenn es Regen gibt. Ich glaube, Ma würde es verstehen. Du bist schließlich ihre Urenkelin, und sie würde nicht wollen, dass dir etwas geschieht.« Leandra ging immer noch in der Küche auf und ab. Sie hatte alles gesagt.
    »Omi, versetz dich mal in meine Lage. Würdest du mir glauben, wenn ich dir solch eine Geschichte erzählte?« Naomi stand ebenfalls auf und blieb direkt vor Leandra stehen.
    »Vermutlich nicht. Sei aber bitte vorsichtig. Viel mehr verlange ich gar nicht. Meine Ma wurde in ihrer ersten Nacht von einer Kutsche erfasst. Sie brach sich mehrere Rippen und beinahe das Genick. Darum sollte ich Bescheid wissen. Sie wollte mir den Sprung ins kalte Wasser ersparen.« Leandras Stimme brach. »So, wie ich dir. Du bist nun gewarnt. Mehr kann ich nicht tun. Du musst mir auch nicht glauben, aber ...« Die letzten Worte ließ sie in der Luft hängen. Die Haustür schwang auf. Luna trat tütenbepackt ins Haus. Naomi und Leandra gingen in den Flur, um ihr zu helfen. Leandra sah ihre Enkelin eindringlich an. »Denk an dein Versprechen«, flüsterte sie, bevor sie die Sektflasche in den Kühlschrank stellte.
     
    Naomi lag auf dem Bett und starrte an die Decke. Was war das nur für eine verrückte Geschichte? Oma war fünfundsechzig. Kein Alter, um nicht mehr klar im Kopf zu sein. Oma war intelligent, aufmerksam und bodenständig. Wie konnte sie an so eine Verrücktheit glauben? Es gab solche Wesen nicht. Das war vollkommen unmöglich. Es gab sie ebenso wenig wie Vampire. Die Vampirgeschichten hatten sie immer fasziniert. Sie las die Romane und sah sich die Filme an. Aber das waren nur Legenden; geboren aus der Boshaftigkeit einzelner Menschen, deren grausame Taten in der Vergangenheit, gemischt mit dem Aberglauben der einfachen Bevölkerung, ins Leben gerufen worden waren. Erst vor kurzem hatte sie darüber gelesen.
    Oma hatte offensichtlich ebenfalls nach einer Erklärung für das

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